Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ex-Genosse
Vom deutschen Sozialdemokraten zum türkischen IslamischKonservativen: Mustafa Erkan hat einen bemerkenswerten Wandel hinter sich. Der 33-Jährige kandidiert für einen Platz im türkischen Parlament, das wie der Präsident am 24. Juni gewählt wird. Er tritt für die AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an. In der Türkei kandidiert der gebürtige Niedersachse zum ersten Mal – in Deutschland hat er damit bereits Erfahrung.
Von 2013 bis 2017 war Erkan Abgeordneter im niedersächsischen Landtag, und zwar für die SPD. Der 33-Jährige ist nicht nur ein glühender Verehrer des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder und von ExAußenminister Sigmar Gabriel, sondern gleichzeitig auch von Präsident Erdogan. 2017 trat er aus der Partei aus. Für sie hat er heute wenig Lob übrig. „Die SPD steht nicht mehr zu ihren Grundwerten“, sagt er.
Eigentlich könnte der 33Jährige als Paradebeispiel für gelungene Integration herhalten. Bei der Fußball-WM 2014 kam er sogar im Trikot der deutschen Mannschaft ins Plenum. Geboren wurde er im niedersächsischen Neustadt am Rübenberge, wo er „jeden Pflasterstein“kennt, wie er selbst sagt. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei VW. Dort hatte bereits sein Vater gearbeitet. Bis 2010 war Erkan bei dem Autohersteller Anlagen- und Maschinenführer, dann ging er zur IG Bergbau, Chemie, Energie, wo er zum Gewerkschaftssekretär ausgebildet wurde.
Schon bevor er als Abgeordneter im Landtag saß, war er ab 2011 Vizebürgermeister seiner Heimatstadt. Dann aber verlor Erkan vor der Landtagswahl im Oktober 2017 eine Kampfabstimmung und wurde nicht mehr aufgestellt. Daraufhin beschloss er, für den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu als Berater zu arbeiten. Im Mai 2018 trat Erkan schließlich aus der SPD aus und nahtlos in die AKP ein. Die AKP hat Erkan in Antalya auf Platz zehn der Liste gesetzt, ein Einzug ins Parlament ist damit nicht garantiert. (dpa)