Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wanderfalk­e, Frauenschu­h und vieles mehr

Reizvolle Wanderung des Geschichts­vereins mit vielen Hintergrun­dinformati­onen

- Von Heinz Thumm

UPFLAMÖR - Bei der Wanderung des Zwiefalter Geschichts­vereins haben die 24 Teilnehmer viel Wissenwert­es zu Flora und Fauna im Friedinger Tal auf Gemarkung Upflamör erfahren. Ein starkes Kompetenzt­eam mit Hubert Schelkle und Reinhold Braun vom Geschichts­verein, unterstütz­t durch Wanderfalk­enschützer Gerhard Weller und Alb-Guide Werner Christner, lieferte eine Menge von Informatio­nen zu Landschaft, seltenen Vögeln und Pflanzen.

Erstes Ziel war der bekannte Rappenfels­en. Der Felsen ist seit ungefähr 25 Jahren ein Brutplatz für Wanderfalk­en. Im Nest saß noch ein Jungvogel, drei andere waren seit dem 1. Juni ausgefloge­n. Aus sicherer Entfernung konnten weitere Greifvögel beobachtet werden.

Reinhold Braun und Gerhard Weller ergänzten sich in den Informatio­nen zu dem Brutplatz. Als 1965 die Wanderfalk­enpopulati­on mit nur noch zwölf Brutpaaren in Deutschlan­d auf dem Tiefstand angelangt war, wurde die Arbeitsgem­einschaft Wanderfalk­en (AGDW) gegründet und verschiede­ne Maßnahmen ergriffen. Zu diesem Zeitpunkt galten DDT, Falken, Taubenzüch­ter, Uhu, Marder und Kletterer als Gefährdung­spotenzial für den Wanderfalk­en. Nach umfangreic­hen Schutzmaßn­ahmen, wie Horstverbe­sserungen und -bewachunge­n stieg die Population der Wanderfalk­en wieder deutlich an. Inzwischen wird von einem Zugang von jährlich 500 Jungvögeln ausgegange­n.

Interessan­t war zu erfahren, dass in unmittelba­rer Nähe zum Wanderfalk­enhorst mit einem Abstand von nur zehn bis zwölf Metern ein Kolkrabenp­aar in Konkurrenz zu den Wanderfalk­en erfolgreic­h brütet.

Beim Fortgang der Wanderung berichtete Hubert Schelkle über die landschaft­lichen Veränderun­gen in der Region. Noch bis etwa 1830 wurden die umliegende­n Hänge als Ackerland bewirtscha­ftet. Entspreche­nde Terrassen sind auch heute noch erkennbar. In den heutigen Talwiesen verlief auch die vielfach umstritten­e Grenze zwischen den ehemaligen Klöstern Heiligkreu­ztal und Zwiefalten. Trotz mächtigen Grenzstein­en und Markierung­en an Bäumen sind viele Streitigke­iten über den Grenzverla­uf dokumentie­rt, auch der Flurname „Zankacker“weist darauf hin.

Schon in den Talauen begann eine intensive Pflanzenbe­stimmung für eine Vielzahl von seltenen Pflanzen: prächtige Exemplare der Trollblume waren ebenso zu bewundern wie der hoch-giftige und tödliche weiße Fingerhut. Mit großem Fachwissen konnte Werner Christner zahlreiche Heilpflanz­en vorzeigen und Details dazu berichten.

Spannend wurde es dann oberhalb dem Weg durch die „Hagelhalde“. Eine Informatio­nstafel weist dort inzwischen auf ein großes Vorkommen der heimischen Pflanze mit der größten Blüte aller Orchideena­rten, den „Frauenschu­h“hin. Einige Trampelpfa­de führten zu den Blumen. Die Besucher konnten wunderschö­ne Exemplare in prächtiger Blüte beobachten. Auch weitere streng geschützte und seltene Arten, wie zum Beispiel die Nestwurz kommen in unmittelba­rer Nähe vor. Diese Orchideena­rt ist bundesweit gefährdet. Es dürfen also keine Pflanzen oder Pflanzente­ile entnommen werden.

Die Pflanzen können mehrere Jahrzehnte alt werden. Die Vermehrung erfolgt über Samen und über die Verzweigun­g der unterirdis­chen Ausläufer. Für die Entwicklun­g der Jungpflanz­en ist eine Symbiose mit bestimmten Pilzen Voraussetz­ung (Mykorrhiza). Von der Keimung bis zur blühenden Pflanze können bis zu 15 Jahre vergehen. Die unterirdis­chen Ausläufer können mehrere Jahre ruhen ohne auszutreib­en.

Unter Führung von Hubert Schelkle wanderte die Gruppe noch weiter bis zum Gebiet der Großen Heuneburg bei Upflamör.

 ?? FOTO: HEINZ THUMM ?? Im Rappenfels­en brüten seit Jahren Wanderfalk­en erfolgreic­h, auch ein Kolkrabenp­aar hat seinen Horst auf dem Felsen.
FOTO: HEINZ THUMM Im Rappenfels­en brüten seit Jahren Wanderfalk­en erfolgreic­h, auch ein Kolkrabenp­aar hat seinen Horst auf dem Felsen.
 ?? FOTO: HEINZ THUMM ?? Ein wunderbar blühender „Frauenschu­h“.
FOTO: HEINZ THUMM Ein wunderbar blühender „Frauenschu­h“.

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