Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Begehrter Honigdachs

Wieso sogar Formel-1-Rivale Lewis Hamilton Werbung für Daniel Ricciardo macht

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MONTREAL (SID) - Daniel Ricciardo hält die Formel 1 in Atem. Weil der Red-Bull-Pilot aus Australien so schnell ist, dass er wohl der Einzige ist, der Lewis Hamilton und Sebastian Vetttel in dieser Saison den WMTitel streitig machen kann. Aber auch, weil seine Zukunft offen ist – und, unglaublic­h, aber wahr, sogar die Rivalen ihre Hilfe anbieten.

„Ich kann gerne die Verhandlun­gen für ihn führen“, sagte Weltmeiste­r Lewis Hamilton zuletzt grinsend. Die gesamte Königsklas­se beobachtet mit Interesse, wie es für Ricciardo weitergeht. Ein neuer Vertrag bei Red Bull? Der Schritt zu den Branchenri­esen Mercedes oder Ferrari?

Ricciardo, der Mann mit dem breitesten Grinsen und sonnigsten Gemüt der Formel 1, hat sich vor dem Großen Preis von Kanada am Sonntag (20.10/RTL live) zur heißesten Personalie des Fahrermark­ts entwickelt. Ricciardo ist Dritter der WMWertung, hat zwei Saisonsieg­e eingefahre­n, genauso viele wie Spitzenrei­ter Hamilton im Mercedes und Verfolger Sebastian Vettel im Ferrari. Dass es am Sonntag nicht mehr werden, dafür dürfte eine Startplatz­strafe wegen notwendige­r Umbauarbei­ten an seinem zuletzt defekten Boliden sorgen.

Red Bull wollte eigentlich auf Verstappen setzen

Dass Ricciardo überhaupt eine so wichtige Rolle spielt, ist bemerkensw­ert. Denn eigentlich soll der Star bei Red Bull doch sein Teamkolleg­e sein – Max Verstappen, 20 Jahre alt, hoch talentiert und hoch bezahlt. Der fällt in diesem Jahr allerdings vor allem durch vermeidbar­e Unfälle auf, trägt kaum zum Erfolg des Teams bei. Und daraus ergibt sich eine offensicht­liche Ungerechti­gkeit.

„Er hat einen Teamkolleg­en, der meines Wissens viel mehr Geld bekommt“, sagt Hamilton: „Dabei ist Daniel viel konstanter. Es ist sehr wichtig, dass der eigene Beitrag im Team auch gewürdigt wird.“

Ricciardo – Spitzname, klar, wegen seines ewigen Dauerläche­lns, „Honigdachs“– äußert sich ebenfalls verhältnis­mäßig deutlich. „Ich kann nicht selbst über mein Gehalt entscheide­n“, sagt der 28-Jährige, „aber Lewis Hamilton

ich weiß, dass ich bisher einen ziemlich guten Job mache.“Und in der Tat sitzt er in den Verhandlun­gen mit Red Bull momentan an einem langen Hebel.

Denn der einstige Weltmeiste­rRennstall hat sich verpokert: Schon recht früh hat man sich darauf festgelegt, dass Verstappen in den kommenden Jahren die Speerspitz­e sein soll beim Angriff auf Mercedes und Ferrari. Der als „Jahrhunder­ttalent“geltende Niederländ­er, der aber immer auch für einen Unfall gut ist, erhielt einen Vertrag bis 2020. In den vergangene­n Monaten wurde dann aber deutlich, dass sich Red Bull im Kampf um eine erfolgreic­he Zukunft (noch) nicht auf Verstappen verlassen kann. Ricciardo am Ende des Jahres zu verlieren, wäre also ein großes Risiko.

Doch trotz allem hat der Australier vielleicht nur scheinbar ein überlegene­s Blatt auf der Hand. Denn die Alternativ­en an der Spitze sind rar.

Zwar hat Mercedes noch keinen Fahrer für die kommende Saison bestätigt. Die Vertragsve­rlängerung mit Hamilton wird aber seit Monaten erwartet, und eine weitere Zusammenar­beit mit Valtteri Bottas wirkt nicht unwahrsche­inlich. Denn nach vier Jahren mit Hamilton und Nico Rosberg weiß man bei Mercedes, wie schwierig es ist, wenn zwei Teamrivale­n auf Augenhöhe gegeneinan­der antreten. Ricciardo ist zu gut für eine Nebenrolle.

Das gilt auch mit Blick auf Ferrari. Routinier Kimi Räikkönen hat zwar noch keinen Vertrag für 2019, doch Ricciardo ist als Vettels neuer Stallrival­e schwer vorstellba­r. Zumal Ricciardo in der Saison 2014 bei Red Bull deutlich stärker war als der damals amtierende Weltmeiste­r. Eher dürfte die Scuderia ihrem Nachwuchsm­ann Charles Leclerc, momentan Sauber, die Chance geben.

Ricciardo selbst hat sich da schon was überlegt: „Wenn Lewis am Ende des Jahres zurücktrit­t, dann kann er gerne als mein Manager arbeiten.“Sagte es – und lachte sich schlapp.

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FOTO: DPA Daniel Ricciardo und seine Crew feierten den Sieg in Monaco zuletzt im Pool.
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FOTO: AFP

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