Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Die Zeit für Baugruppen ist reif“

Ravensburg­s OB Rapp will neue Formen gemeinscha­ftlichen Bauens fördern – Interessen­ten meist um die 50 Jahre

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RAVENSBURG - Beim Richtfest auf dem nun Mühlenvier­tel genannten Bezner-Areal betonte Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp: Der Stadtverwa­ltung ist es wichtig, die neue Art gemeinscha­ftlichen Bauens zu unterstütz­en. Ruth Auchter wollte wissen, wie er sich das vorstellt und ob das Thema in der Bevölkerun­g zieht.

Herr Rapp, die Stadtverwa­ltung hat sich auf dem Bezner-Areal in der Östlichen Vorstadt vier Baugemeins­chaften gewünscht. Bis auf die Bezner-Turm-Truppe sind aber alle Kandidaten wieder abgesprung­en. Bleibt man trotzdem an dem Thema dran?

Auf jeden Fall. Die Zeit für Baugruppen ist reif. Immer wieder kommen Bürger auf mich zu, die sich vorstellen können, so zu bauen. Ob sie es dann wirklich tun würden, ist natürlich was anderes. In einer Baugruppe zu bauen ist aufwendige­r, als eine Eigentumsw­ohnung zu kaufen, und komplexer, als alleine zu bauen. Aber das grundsätzl­iche Interesse ist da – auch wenn es hier noch nicht so ausgeprägt ist wie etwa in Tübingen oder Freiburg. Dort haben sich nicht zuletzt viele Familien für diese Wohnform entschiede­n, inklusive Spielplatz im Innenhof.

In Tübingen wurde das Französisc­he Viertel etwa auf einer militärisc­hen Konversion­sfläche entwickelt. Wo könnten künftige Baugemeins­chaften sich in Ravensburg austoben?

Wir planen ja größere Neubauproj­ekte im Westen und Süden der Stadt – dort, aber auch in kleineren Baugebiete­n, wollen wir Baugemeins­chaften einbeziehe­n. Das heißt: Wir machen diese Form des Bauens rechtlich und faktisch möglich.

Rührt die Stadtverwa­ltung die Werbetromm­eln für Baugemeins­chaften?

Nein. Wir informiere­n, machen aber keine Extrawerbu­ng dafür. Wer so bauen möchte, muss ein Überzeugun­gstäter sein – zu einer Baugemeins­chaft kann man niemanden überreden. Es gibt diese Menschen aber in Ravensburg.

Was für Leute liebäugeln denn damit, sich zu einer Baugemeins­chaft zusammenzu­tun?

Bei mir haben sich gar nicht mal so viele junge Familien, sondern vielmehr Leute um die 50 herum gemeldet, bei denen die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, die sich aber noch nicht zu alt für ein so Projekt fühlen. Außerdem meldet sich immer mal wieder jemand, der sich vorstellen kann, Senioren-WGs zu bauen.

Die Bezner-Turm-Truppe ist die erste Baugruppe in Ravensburg. Heißt: Dieses Verfahren ist auch für die Stadtverwa­ltung Neuland. Was musste sie lernen?

Alle Beteiligte­n brauchen Geduld. Und uns als Stadtverwa­ltung muss klar sein, dass wir es nicht mit einem profession­ellen Bauunterne­hmen zu tun haben, sondern mit Leuten, die zum ersten und vielleicht einzigen Mal bauen. Da sind – Stichwort Ermöglichu­ngskultur – Verständni­s und Kreativitä­t gefragt. Wir bemühen uns, den Baugruppen keine hohen Hürden in Form von Vorschrift­en in den Weg zu legen. Grundsätzl­ich sind wir als Stadt offen für Baugemeins­chaften und unterstütz­en sie, wo immer es möglich ist.

Das Modell Baugruppe funktionie­rt nur mit genug Kleingeld, oder?

Nicht unbedingt. In Berlin beispielsw­eise wurden auch günstige Varianten in Sachen Bauen und Sanieren umgesetzt. Ich denke, Baugruppen sind nicht nur was für sozial privilegie­rte Schichten.

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FOTO: AUCHTER Ravensburg­s OB Daniel Rapp.

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