Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Finanzspri­tze während der Fußball-WM

Union und SPD verabschie­den Mehreinnah­men für Parteien – Opposition schäumt

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BERLIN (dpa) - Die große Koalition hat ein unangenehm­es Thema schnell vom Tisch, die politische­n Gegner schäumen: Vom kommenden Jahr an bekommen die deutschen Parteien alle zusammen 25 Millionen Euro mehr vom Staat. Gerade mal eineinhalb Wochen, nachdem Union und SPD ihren Plan öffentlich gemacht haben, und mitten in der schweren Koalitions­krise um die Asylpoliti­k ist die Gesetzesän­derung beschlosse­ne Sache. Grüne, Linke, AfD und FDP ließen kein gutes Haar an der Gesetzesän­derung – und könnten sogar die Justiz einschalte­n.

Dass die Parteien künftig insgesamt 190 Millionen Euro statt wie bisher 165 Millionen jährlich vom Steuerzahl­er bekommen, begründen Union und SPD vor allem mit den Folgen der Digitalisi­erung.

Die Koalitions­fraktionen haben es in den vergangene­n Tagen immer wieder dargelegt: Rund um die Uhr erwarteten Bürger Antwort in Foren und sozialen Netzwerken, argumentie­rten sie. Datenschut­z werde schwierige­r, Hacker müssten abgewehrt werden, Mitglieder­befragunge­n der Parteien seien teuer. Und Freiwillig­e, die ehrenamtli­ch mitarbeite­ten, seien schwerer zu finden.

Linke und Grüne kündigten nach der Abstimmung im Bundestag an, eine Klage zu prüfen. Sie bezweifeln, dass die GroKo die Finanzspri­tze so sorgfältig begründet, wie es das Verfassung­sgericht vorgeschri­eben hat. Für eine sogenannte Normenkont­rollklage ist ein Viertel der Abgeordnet­en nötig. Deshalb dürften die beiden Fraktionen nun versuchen, die FDP mit ins Boot zu holen.

Ein Drittel kommt aus Steuergeld

Parteien bekommen Geld aus Mitgliedsb­eiträgen, Spenden, selbst erwirtscha­fteten Einnahmen und vom Staat. Zuschüsse aus Steuergeld­ern sind von Wahlergebn­issen in Bund und Ländern abhängig und machen etwa ein Drittel der Einnahmen aus. Für 2017 bekamen CDU und SPD 48,3 beziehungs­weise 49,2 Millionen Euro, die CSU 11,8, die Grünen 15,8, die FDP 11,7, die AfD 7,5, die Linke 12,2 Millionen Euro.

Wer schlecht abschneide bei Wahlen, der solle auch weniger Geld bekommen, sagte FDP-Schatzmeis­ter Hermann Otto Solms im Plenum. „Durch den frechen Griff in die Kasse der Steuerzahl­ern wollen Sie sich dieser Konsequenz entziehen“, sagte er insbesonde­re zur SPD, die bei der letzten Bundestags­wahl historisch schlechte 20,5 Prozent geholt hatte. Jan Korte von den Linken forderte einen runden Tisch für eine umfassende Reform der Parteienfi­nanzierung, Verbot von Unternehme­nsspenden an Parteien inklusive.

Zur Sprache kam auch, dass einen Tag nach dem Beginn der FußballWel­tmeistersc­haft in Russland abgestimmt wurde – Bundesregi­erungen haben öfter unbeliebte Gesetzesän­derungen im Schatten von FußballGro­ßevents beschlosse­n. AfD-Politiker Thomas Seitz sprach von „Schmierenk­omödie“und warf Union und SPD vor, sie kämpften für ihre „ganz persönlich­e Bereicheru­ng“. Die AfD war selbst am Rande Gegenstand der Debatte – die anderen Fraktionen warfen ihr unter anderem vor, die eigene Finanzieru­ng nicht transparen­t zu machen.

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FOTO: DPA Abgeordnet­e bei der Abstimmung zur Parteienfi­nanzierung.

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