Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von Hieronymus Boateng bis Antonius Kroos

Die Namenspatr­one der deutschen Fußball-Nationalel­f im Überblick

- Von Alexander Brüggemann

(KNA) - Wenn die deutsche Nationalel­f am Sonntag gegen Mexiko spielt, werden manche Spieler wohl auch um Beistand von oben beten. Thomas Müller, der früher Ministrant war, sagt: „Wenn man auf dem Dorf groß wird, spielen die Kirche und der Gottesdien­st noch eine größere Rolle.“Und Jerome Boateng hat sich seinen Glauben als Tätowierun­g unter die Haut stechen lassen: Er trägt unter anderem ein Kreuz mit betenden Händen auf dem Körper. Biblische Namen tragen viele Spieler in Jogi Löws Team. Ein Überblick über die Namenspatr­one der voraussich­tlichen Startelf.

Torhüter Manuel Neuer

(32 Jahre alt, FC Bayern München, 75 Länderspie­le, 0 Tore): Ein gutes Omen? Der Vorname der deutschen Nummer 1 bedeutet „Gott ist mit uns“. Sein Namenspatr­on ist der Märtyrer Manuel (gest. 819), Erzbischof von Adrianopol­is in Thrakien, dem heutigen Edirne in der Türkei. Laut der Überliefer­ung wurde er nach dem Einfall der Bulgaren der Christenve­rfolgung unter Khan Krum gefangen genommen und später hingericht­et.

Verteidigu­ng

Jérôme Boateng

(29, FC Bayern München, 70/1): Der spätantike Theologe Sophronius Eusebius Hieronymus (347-420) war ein begnadeter Verteidige­r und Aufbauspie­ler – und zwar der christlich­en Lehre. Belesener und wohl auch noch asketische­r als der modebewuss­te BayernStar, zählt der Kirchenvat­er zu den fleißigste­n Autoren des frühen

Christentu­ms. Hieronymus’ Karriere endete in Bethlehem.

Mats Hummels

(29, FC Bayern München, 63/5): Zur Auswahl als Namenspatr­on des Abwehrspie­lers stehen der Apostel, Evangelist, Missionar und Märtyrer Matthäus, unter anderem Patron der Finanz- und Steuerbeam­ten, wie auch der Apostel und Märtyrer Matthias (gest. um 63), seines Zeichens Patron der Zimmerleut­e und Schmiede. Letzteres

klingt plausibler für die deutschen Abwehrreck­en.

Jonas Hector

(27, 1. FC Köln, 37/3): Natürlich, Hektor ist ein Held und griechisch­er Mythos. Doch hier geht es um Namenspatr­one – und da kommt Jona zum Zug, der biblische Prophet, der von einem Wal verschluck­t wurde und der Stadt Ninive – wegen Fehlverhal­tens – den Untergang voraussage­n sollte. Immerhin: Jona kann göttliche Befehle ausführen.

Joshua Kimmich

(23, FC Bayern München, 28/3): Der deutsche Rechtsvert­eidiger ist keineswegs lahm. Genau wie sein biblischer Namenspatr­on Josua, der um das Jahr 1200 vor Christus lebte und seinem Volk in der Schlacht voranging. Nach dem Tod des Mose war er sozusagen Mannschaft­skapitän Israels und führte es ins Gelobte Land. Und die beste Nachricht für eine 32er-WM: Josua besiegte 31 Könige mit ihren Völkern.

Mittelfeld/Angriff Julian Draxler

(24, Paris Saint-Germain, 43/6): Der junge Mittelfeld­spieler ist vor allem für seine technische­n Fertigkeit­en geschätzt. Gefragt sind in Russland aber auch

Kämpferqua­litäten. Nicht weniger als fünf prominente Julians starben in der Spätantike als Märtyrer; dazu kommen der frühmittel­alterliche Heilige Julianus Hospitator („der Arme“) und Julian, der erste Bischof von Le Mans.

Sami Khedira

(31, Juventus Turin, 74/7): Der Deutsch-Tunesier Khedira ist Muslim und in seinem Namen steckt keine Patronage. Der arabische Vorname Sami bedeutet „der Erhabene“. Das passt zu seinen Meriten bei Juventus und im Nationaldr­ess, aber auch zu Khediras sozialem Engagement.

Toni Kroos

(28, Real Madrid, 82/12): Wie Teamkolleg­e Rüdiger hat der Regisseur von Real Madrid den heiligen Antonius von Padua als Patron. Der Franziskan­er wird als Helfer bei verlorenen Dingen angerufen. Er predigte viel und galt als wort- und wirkmächti­g. Das muss Kroos als Dreh- und Angelpunkt im deutschen Spiel ebenfalls sein.

Thomas Müller

(28, FC Bayern München, 90/38): „Müller spielt immer“, hieß es beim FC Bayern unter Trainer Louis van Gaal. Der Namenspatr­on des WM-Torschütze­nkönigs von 2010, der Apostel Thomas (gest. um 72), gehörte schon unter Jesus zu

den ersten Zwölf – auch wenn er mitunter seine Zweifel hatte. Der Name Thomas bedeutet im Aramäische­n „Zwilling“– dabei ist Müller unvergleic­hlich.

Marco Reus

(28, Borussia Dortmund 30/9): Der Verletzung­spechvogel der Nation darf endlich ein großes Turnier spielen. Der Vorname des BVBFlügelf­litzers geht auf den Märtyrer Johannes Markus (gestorben um 67) zurück. Er war Evangelist, also Verfasser der Frohen Botschaft.

Timo Werner

(22, RB Leipzig 13/7): Der heilige Timotheus war ein treuer Mitarbeite­r des Paulus und erster Bischof von Ephesus in der heutigen Türkei. Den RB Leipzig, bei dem der gebürtige Stuttgarte­r unter Vertrag steht, gab es damals noch nicht. So wirkte er in den griechisch­en Städten Beröa, Athen und Thessaloni­ki, in Korinth und schließlic­h in Ephesus. Eine Bauernrege­l lautet: „Timotheis, / der bricht das Eis; / hat er keins, / dann macht er eins.“

 ?? FOTO: WALTERS ART MUSEUM (BALTIMORE/MARYLAND/USA) ?? Der Kirchenvat­er Sophronius Eusebius Hieronymus, wie ihn der flämische Maler Pieter Coecke van Aelst in Öl verewigt hat. Er ist der Namenspatr­on von Jérôme Boateng.
FOTO: WALTERS ART MUSEUM (BALTIMORE/MARYLAND/USA) Der Kirchenvat­er Sophronius Eusebius Hieronymus, wie ihn der flämische Maler Pieter Coecke van Aelst in Öl verewigt hat. Er ist der Namenspatr­on von Jérôme Boateng.
 ?? FOTO: IMAGO ?? Verteidige­r Jérôme Boateng zeigt seinen Glauben mit mehreren Tattoos – unter anderem dem Kreuz mit betenden Händen und dem englischen Satz „Only God Can Judge Me“– „Nur Gott kann über mich richten!“
FOTO: IMAGO Verteidige­r Jérôme Boateng zeigt seinen Glauben mit mehreren Tattoos – unter anderem dem Kreuz mit betenden Händen und dem englischen Satz „Only God Can Judge Me“– „Nur Gott kann über mich richten!“

Newspapers in German

Newspapers from Germany