Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Rund um die Uhr Genuss
Fernando Alonso fährt die 24 Stunden von Le Mans für Toyota, aus Spaß – und von der Pole-Position aus
LE MANS (SID/dpa) - Fernando Alonso steuerte seinen 1000-PS-Boliden vorsichtig an die Box, er blieb noch ein paar Sekunden hinter dem Steuer sitzen – bis sich auch der letzte Fotograf postiert hatte. Als dann alles bereit war, stieg der Spanier aus – angeknipstes Lächeln –, die Kameras klickten wie wild. Große Aufregung, schließlich steht Alonso gleich bei seinem Debüt bei den legendären 24 Stunden von Le Mans auf der Pole-Position. Und so drehte sich alles um den 36-jährigen Formel-1-Star, dabei hatte er gar nicht die schnellste Zeit herausgefahren.
„Er hat makellose Arbeit abgeliefert. Dickes Kompliment“, sagte Alonso hinterher in Richtung seines Teamkollegen Kazuki Nakajima, der den Toyota TS050 Hybrid an der Sarthe mit einer Rundenzeit von 3:15,377 Minuten auf Startplatz eins gesteuert hatte. Also wies Alonso die Fotografen an, „ihn hier“abzulichten – und zeigte auf den Japaner.
Doch im Mittelpunkt stand natürlich Alonso, der in Le Mans (heute, Samstag, 15 Uhr/Eurosport) den nächsten Schritt zur sogenannten Triple Crown des Motorsports anstrebt – Triumpfe beim Grand Prix von Monaco, bei den Indy 500 und eben in Le Mans. Nur der Brite Graham Hill hat dieses Kunststück bisher vollbracht. Zudem könnte Alonso der erst fünfte Fahrer werden, der sowohl die Formel-1-WM als auch Le Mans gewinnen konnte.
Alonso siegte 2006 und 2007 in Monaco, im vergangenen Jahr debütiert er bei den Indy 500, lag lange in Führung, schied aber mit Motorschaden aus. Weil die ehemalige Nummer 1 der Formel 1 wegen seines unterlegenen McLaren in der Königsklasse kaum noch etwas zu melden hat (sein 300. Formel-1-Rennen vergangenes Wochenende in Kanada musste er mit technischen Problemen vorzeitig beenden), vergnügt sich Alonso nun in anderen Serien. Und die Chancen auf den Sieg könnten kaum besser sein: Nach den Ausstiegen von Audi und Porsche ist Toyota das letzte Werksteam in der höchsten Klasse LMP1.
Aber: Le Mans ist immer noch ein Mythos von einem Rennen. Wer gewinnt, erhält Legendenstatus, das weiß auch Fernando Alonso. „So wie die Indy 500 vor einem Jahr gibt dir auch Le Mans eine ganz andere Art von Befriedigung, ein anderes Gefühl“, sagte der Ex-Weltmeister: „Es gibt immer viel Neues zu lernen. Hier diesen Sportwagen zu fahren, das genieße ich sehr.“
Und Toyota genießt den Rummel um Alonso, der Spanier zieht die Aufmerksamkeit an, es wird viel berichtet. Bei seiner Pressekonferenz am Mittwoch war nicht genug Platz im Raum für alle Reporter. Im Internet machten sich ein paar Fans schon über den Alonso-Hype lustig, sie lancierten eine Fake-Pressemitteilung. Darin „erklärte“Toyota, dass man, um das Schreiben von Artikeln zu erleichtern, ab sofort alle Fahrer in „Fernando Alonso“umbenennt. Man hoffe, dass die Arbeit der Reporter dadurch erleichtert werde, schließlich müsse nicht mehr umständlich nachgeschaut werden, wie „die anderen Piloten“heißen. Neben Nakajima fährt Alonso übrigens mit Sébastien Buemi (Schweiz) in einem Team.
Doch den Ton gibt Alonso an. „Wir sind“, sagte er im Blitzlichtgewitter, „bereit!“
Ein Konkurrent Alonsos an diesem Wochenende ist Juan Pablo Montoya, der ebenfalls in der Formel 1 fuhr und für ein Privatteam von Rang 24 startet. Der 42-jährige Kolumbianer könnte in Le Mans bereits die Triple Crown erlangen, nachdem er bereits in Monaco und bei den Indy 500 gewonnen hat. Ein weiterer alter Bekannter aus der Formel 1 ist der 38-jährige Brite Jenson Button, der wie Alonso erstmals in Le Mans startet und mit dem Spanier einst für McLaren fuhr. „Jeder, der hierher kommt, will dieses Rennen auch gewinnen“, kündigte der Formel-1Champion von 2009 an. Er fährt ebenfalls für ein Privatteam und startet von Platz sieben.
2015 bestritt Nico Hülkenberg – als bislang letzter Formel-1-Fahrer – parallel zu seinen Verpflichtungen in der Königsklasse – das Rennen in Le Mans; am Ende stand der Gesamtsieg.