Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Macht’s noch einmal!
Elf Gründe für die Titelverteidigung der deutschen Mannschaft
WATUTINKI - Kampf dem Weltmeister-Fluch! Drei der letzten vier Weltmeister sind vier Jahre später, nicht nur daran gescheitert, ihren Titel zu verteidigen, sondern bereits in der Vorrunde ausgeschieden.
Frankreich 2002, Italien 2010 und Spanien 2014. Macht es die DFB-Elf bei der WM in Russland besser?
„Die Gefahr besteht immer, gerade wenn man viel Potenzial hat, dass man denkt, die Dinge kommen von alleine. Wir müssen den Hunger haben, weiter zu überraschen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff am Freitagmittag im Teamquartier der Nationalelf in Watutinki. „Die Spieler müssen physisch und psychisch an ihre Grenzen gehen. Jeder will uns stürzen“, umschrieb Bundestrainer Joachim Löw das Schicksal eines Titelverteidigers. 1435 Tage nach ihrem Triumph von Rio de Janeiro zählen frühere Meriten nicht mehr, allein die breite DFB-Brust, genährt von den Erfolgen der Vergangenheit, könnte die Räume für die Gegner enger machen. „Wir sind Weltmeister, Confed-Cup-Sieger, haben Qualität, wir sind fußballerisch stark“, betont Sami Khedira vor dem Auftaktspiel am Sonntag (17 Uhr, ZDF und Sky live) gegen Mexiko in Moskau.
„Wir wollen 80 Millionen Leute zum Jubeln bringen“, hofft Timo Werner.
Die erstmalige Titelverteidigung ist im Visier der Nationalelf, der fünfte Stern soll ans DFB-Firmament geheftet werden. Auf dem Gipfel zu bleiben, nicht vom Thron gestoßen zu werden, ist jedoch schwieriger als diese zu erklimmen.
Elf Fakten, warum es der LöwMannschaft dennoch gelingen wird:
1. Mit Jogi immer vier:
Startete die deutsche Elf mit Löw im Trainerstab in ein WM-Turnier, glückten stets vier Treffer in den Auftaktpartien. 2014 fertigte man Portugal 4:0 ab, vier Jahre zuvor die Australier mit demselben Ergebnis. 2006 begann die Sommermärchen-WM mit einem 4:2 gegen Costa Rica, damals war Löw Assistent von Jürgen Klinsmann.
2. Loslegen als Trumpf:
Zuletzt gab es im ersten WM-Spiel sieben Siege in Serie – und überhaupt nur eine Auftaktpleite: 1982 in Spanien schockten die Algerier eine überhebliche deutsche Elf mit 2:1. „Wir sind bekannt dafür, dass wir gut in die Turniere reinkommen.“
3. Der Confed-Cup-Erfolg:
Mit 4:1 hatte Löws Perspektiv-Team vor Jahresfrist in Russland Mexiko abgefertigt. „Mexiko war eigentlich besser, wir haben von Fehlern profitiert“, sagt Schwabe Joshua Kimmich ehrlich. Der Rechtsverteidiger der Bayern und der Nationalelf, der zuletzt 28 der letzten 29 Länderspiele bestritt: „Mit meiner ersten WM geht für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung.“
4. Müller, der WM-Liebhaber:
Der Bayern-Profi erzielte in 13 WMSpielen zehn Treffer, bereitete sechs vor. Bei der EM liegt ein Fluch auf ihm: elf Partien, kein einziger Treffer. „Es geht von Null los“, so Müller vor seiner dritten WM-Teilnahme.
5. Halbfinale schon gebongt:
Seit 13 Jahren fand – wenn Deutschland dabei war – kein Turnier (WM, EM, Confed Cup) ohne Halbfinalteilnehmer Deutschland statt. 2004 bei der EM in Portugal scheiterte die DFBElf zuletzt vorher – blamabel in der Gruppenphase. Und wenn man schon mal unter den letzten Vier ist ...
6. Vorteil Watutinki:
Als Gruppensieger würde man bis zum Finale insgesamt drei (Heim-)Spiele in Moskau austragen; kurze Wege kommen bei den Spielern immer gut an.
7. Bayern-Block:
Neuer, Boateng, Hummels, Kimmich und Müller sind gesetzt, Rudy und Süle können von der Bank kommen. Ein starkes Bayern-Gerüst hat schon 1974 geholfen.
8. Der mit den Fingern sieht:
DFB-Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hat die Erfahrung von fünf WM-Endrunden und zuletzt Boateng und Neuer rechtzeitig fit bekommen.
9. Löws Erfahrung:
Mexiko wird sein 32. Turnierspiel, er ist dann weltweit der Trainer mit den meisten Partien bei einer WM oder EM (vor Luiz Felipe Scolari /31). Nur Helmut Schön, Bundestrainer beim Triumpf 1974, war auch bei sechs Turnieren verantwortlich.
10. Mexiko liegt dem DFB:
Bei der WM 1978 gab's ein 6:0 in der Gruppenphase, 1986 im Viertelfinale ein 4:1 nach Elfmeterschießen,
1998 ein 2:1 im Achtelfinale. (Torschützen: Klinsmann/Bierhoff).
11. Nomen est omen:
Die deutsche Nationalelf ist Erster der FIFAWeltrangliste. Noch Zweifel?