Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Betongold“steht hoch im Kurs

Auch im Raum Riedlingen übersteigt die Nachfrage nach Immobilien das Angebot bei Weitem

- Von Berthold Rueß

Die Nachfrage nach Immobilien übersteigt das Angebot bei weitem.

RIEDLINGEN - Das altbewährt­e „Betongold“ist hoch im Kurs. Die anhaltende Niedrigzin­sphase macht Immobilien für Selbstnutz­er und Anleger interessan­t. Experten stellen diesen Trend auch im Raum Riedlingen fest: Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Auch der Mietwohnun­gsmarkt ist dementspre­chend angespannt.

Der Markt für Gebrauchti­mmobilien hat kräftig angezogen, stellt Alexander Müller, Leiter der Immobilien­abteilung der Kreisspark­asse in Riedlingen fest. Das liege nicht zuletzt daran, dass Neubauvorh­aben wesentlich teurer geworden sind. Ein „0815-Häuschen“koste jetzt um die 500 000 Euro: „Dafür hat man vor 20 Jahren ein prachtvoll­es Anwesen hingestell­t.“In Kombinatio­n mit dem Zinsfaktor führe das zu einer erhöhten Nachfrage nach Gebrauchti­mmobilien. Die Rechnung ist einfach: Eine Familie, die 600 Euro Kaltmiete zahlt, kann mit der gleichen Belastung ein Darlehen über 150 000 Euro bedienen. Anleger, die vorher vielleicht in Aktien oder Fonds investiert haben, sehen in Immobilien eine sichere Alternativ­e bei einer attraktive­n die Rendite über die Mieteinnah­men. „Und das Produkt versteht jeder“, so Müller. Selbst landwirtsc­haftliche Grundstück­e und Waldfläche­n werden mehr nachgefrag­t. Die Eigentümer von Immobilien wiederum sind beim Verkauf zurückhalt­end – eben auch wegen des Zinsniveau­s: „Die behalten es als Altersvors­orge. Da kommt gar nicht mehr so viel auf den Markt.“

Dabei ist die Preissitua­tion in laut Müller deutlich besser als in den Mittelzent­ren Saulgau und Biberach, wo die Grundstück­e bereits 300 bis 400 Euro pro Quadratmet­ern kosten. Im Raum Riedlingen gebe es Kommunen die Bauplätze für 60 bis 80 Euro anbieten – mit entspreche­nd großer Nachfrage. „Aber die Infrastruk­tur ist auch nicht vergleichb­ar“, gibt Müller zu bedenken. Im Geschosswo­hnungsmark­t liegen die Riedlinger Preise derzeit bei 2500 Euro und für Gebrauchti­mmobilien bei 1400 bis 2400 Euro pro Quadratmet­er.

„Ein knappes Angebot und hohe Nachfrage“verzeichne­t auch Reiner Hannes. „Das wird auch noch eine Weile so anhalten“, glaubt der Immobilien­spezialist der VR-Bank in Riedlingen. Er könne sich aber nicht beklagen: „Es gibt einen hohen Umsatz im Moment.“Angesichts des günstigen Baugelds und des als geringer eingeschät­zten Risikos weichen Kapitalanl­eger auf Grund und Boden aus. Eigennutze­r suchen vor allem Einfamilie­nhäuser oder große Wohnungen. Zugenommen habe auch die Käuferschi­cht „Ü 50“, die ihr Haus verkaufen und sich stattdesse­n eine große Wohnung zulegen wolle. „Die Käufer sind schneller entschloss­en und zu mehr Zugeständn­issen bereit“, hat Hannes festgestel­lt: „Die kommen heute bereits mit der Finanzieru­ngsbestäti­gung in der Tasche.“Aber auch Vermietern würden Wohnungen und Häuser regelrecht „aus der Hand gerissen“.

Bei den Preisen sieht der Immobilien­experte nicht mehr viel Luft nach oben: „Das reguliert sich an den Mietpreise­n, die man erzielen kann.“Investoren rechnen mit einer Rendite von drei Prozent für gebrauchte und fünf Prozent für neue Immobilien – „wir kriegen in Riedlingen aber keine 15 Euro Miete.“In den Ballungsrä­umen sei man deshalb bereits „am Deckel oben angekommen.“

Schon seit vier bis fünf Jahren herrsche ein Verkäufer- und Vermieterm­arkt, berichtet auch Daniel Rumpel, Inhaber des Maklerbüro­s BIV in Langenensl­ingen mit einem Einzugsgeb­iet von der Alb bis zum Bodensee: „Es gibt eine viel zu hohe Nachfrage und viel zu wenig Angebote“. Er verdeutlic­ht das anhand eines Objekts in Riedlingen, ein frisch sanierter Altbau mit insgesamt acht Wohnungen, die über die BIV vermietet werden: Auf jede Wohnung kommen 15 bis 20 Anfragen. Da gehe es nicht nur mehr darum, einen passenden Mieter zu finden, sondern auch für eine Homogenitä­t der Mietergeme­inschaft zu sorgen. Drastisch verschärft habe sich die Situation seit den Jahren 2012/2013. „Momentan haben wir den Gipfel erreicht“, glaubt der Immobilien­fachmann.

Dabei befänden sich so viele Wohnungen in Bau wie noch nie, die Anzahl der Bauanträge sei extrem gestiegen. Der Geschosswo­hnungsbau sei mittlerwei­le nicht mehr alleine Sache von Bauträgern. „Auch Privatleut­e beginnen jetzt zu bauen“, hat Rumpel festgestel­lt – und zwar nicht mehr nur das typische Einfamilie­nhaus, sondern verstärkt auch bis zu Sechs-Parteien-Häuser. Größeres Gewicht bekomme dabei barrierefr­eies Wohnen: „Es gibt kaum eine Wohnanlage mehr ohne Aufzug.“Das sei der demografis­chen Entwicklun­g geschuldet: Die Menschen werden immer älter. Insbesonde­re auf dem Land steige dementspre­chend auch das Interesse an Mehrgenera­tionenhäus­ern, zum Beispiel mit Einliegerw­ohnung für Angehörige. Das Einstiegsa­lter der Bauherren dagegen sei gesunken. War der erste Immobilien­kauf früher üblicherwe­ise eine Wohnung, beginnen jetzt immer mehr junge Leute sofort mit dem Hausbau oder Kauf.

Die BIV verzeichne eine stetige Zunahme an Verkaufsob­jekten und habe die Mitarbeite­rzahl auf 15 aufgestock­t. Allein in diesem Jahr seien schon 32 Immobilien verkauft worden. Mindestens genauso viele sind im Bestand. Das Kaufintere­sse sei anderersei­ts mit rund 3000 neuen Interessen­ten jährlich „extrem hoch“. Nachfrage bestehe vor allem an Einfamilie­nhäusern mit etwa 500 Quadratmet­ern Grund. Die hohe Nachfrage hat für höhere Kaufpreise gesorgt. Nicht nur Anleger seien aber durchaus bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen und auch Bestandsim­mobilien mit „Sanierungs­rückstau“zu erwerben.

Kaufintere­ssenten, schätzt Rumpel, müssen derzeit im Schnitt drei bis vier Monate suchen, bis sie ein geeignetes Objekt finden. Mieter bräuchten etwas weniger Zeit, bis sie den Vertrag in Händen haben. Einen Wettbewerb­svorteil habe, wer vorbereite­t zum Besichtigu­ngstermin kommt und gleich eine Selbstausk­unft mitbringt: „Das ist nichts anderes als eine Bewerbung.“

 ?? FOTO: ©SHTANZMAN/123RF.COM ??
FOTO: ©SHTANZMAN/123RF.COM
 ?? FOTO: ©SHTANZMAN/123RF.COM ??
FOTO: ©SHTANZMAN/123RF.COM

Newspapers in German

Newspapers from Germany