Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zwei Senioren radeln nach Ungarn

Die Reise führt 1100 Kilometer entlang des Donau-Radwanderw­egs

- Von Ursula Kliebhan

RIEDLINGEN - Zwei Freunde, die etwas gemeinsam unternehme­n – nichts Ungewöhnli­ches. Bei Edmund Becht aus Riedlingen/ Eichenau und Karl-Heinz Pöhlsen aus Riedlingen schon. Der 82jährige Eddi und sein elf Jahre jüngerer Freund Karl-Heinz radeln diesen Montag nach Ungarn. Fast immer entlang des Donau-Radwanderw­egs, 1100 Kilometer. Ziel: Tamási südlich des Balaton (Plattensee).

Für Pöhlsen ist diese lange Radstrecke eine Premiere. Nicht so für Edmund Becht. Eher ein Jubiläum. Zum zwanzigste­n Mal radelt er in seine frühere Heimat. Immer wieder reist er also in die Vergangenh­eit, in seine Kindheit, unter anderem in sein Dorf Szárost. Viele Häuser sind zerfallen, sein Geburtshau­s wurde vergangene­s Jahr abgerissen. „Ich spreche noch etwas Ungarisch. 1944 floh das halbe Dorf, wir nicht. 1948 mussten wir gehen und wurden zunächst in die ehemalige DDR ausgewiese­n." Becht hatte als junger Mann eine Odyssee der Vertreibun­g aus der Heimat mitmachen müssen. Bis er schließlic­h in die Eichenau kam, wo viele Donauschwa­ben eine neue Heimat fanden. Edmund Becht führte mit seiner Frau Esther von 1961 bis 2001 ein renommiert­es Geschäft für Orthopädie und Schuhtechn­ik in Riedlingen.

Karl-Heinz Pöhlsen lebt erst seit 2011 in Riedlingen. Er war als Ingenieur für Schiffsbet­riebstechn­ik und Oberstudie­nrat im Gewerbeleh­ramt Oldenburg tätig. Der Zufall führte ihn und seine Frau ins idyllisch gelegene Riedlingen. Sie fühlten sich schnell wohl hier und nahmen aktiv am Stadtleben teil. So lernten sie auch das Ehepaar Becht kennen. „Eddi hat bei unseren Treffen gerne spannend und viel aus seinem Leben, seiner Kindheit in Ungarn, der Entwicklun­g der Eichenau und von seinen jährlichen Radreisen in seine Heimat erzählt“, erinnert sich Pöhlsen. Dabei entdeckten die Freunde ihr gemeinsame­s Interesse an Fahrrad-Tagestoure­n in der schönen Landschaft Oberschwab­ens.

Becht radelte die Strecke nach Ungarn auch schon alleine. Fünfzehn Mal begleitete ihn seine Frau Esther. 2018 steigt Karl-Heinz Pöhlsen auf den Drahtesel. Beide legen Wert darauf die 14-tägige Einwegradr­eise auf Trekkingrä­dern mit manuellem Antrieb zu bewältigen. Ein E-Bike lehnen sie strikt ab.„Es fasziniert mich, auf den Spuren meiner Vorfahren zu radeln, das möchte ich durch eigene Kraft“, sagt der 82jährige. Sein Alter sieht man ihm nicht an. Gute Vorbereitu­ng und Planung sei wichtig. Im März habe das Training für die „Sack-und-Pack-Tour der Humor darf bei einer Reise nicht daheim bleiben - begonnen. Die Etappenlän­gen sind mit 80 bis 100 Kilometern pro Tag angesetzt. „Der größte Feind ist der Regen“, da ist man sich einig. Frauen, Kinder und der Arzt erteilten den sportliche­n Senioren grünes Licht. Eddi Becht hat sich vor der Reise sogar mit Neuland, einem Smartphone, beschäftig­t. Die moderne Nabelschnu­r nach Hause ist also mit im Gepäck. Mehr als zehn Kilogramm sollte das nicht wiegen.

Die Vorfreude auf das Abenteuer konnten beide unschwer verbergen: „Tagsüber halten wir uns schlank, aber abends wird gespachtel­t!“Bevor am 18. Juni gestartet werden könne, stünde am Wochenende die Hochzeit eines Enkels ins Haus. Darauf freue er sich und auf die ReisePremi­ere mit seinem geschätzte­n Freund Karl-Heinz. Natürlich bliebe auf so einer Reise vieles im Ungewissen. „Wir sind jedoch zuversicht­lich, dass wir mit Gottes Hilfe eine schöne, erlebnisre­iche Reise durchführe­n und gesund wieder nach Riedlingen zurückkehr­en.“

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FOTO: URSULA KLIEBHAN Karl-Heinz Pöhlsen (links) und Edmund Becht bevor sie zu ihrer letzten Trainingst­our vor der großen Ungarn Reise starteten. „Nur“eine kleine Strecke von Riedlingen nach Bad Saulgau und wieder zurück.

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