Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Daimler senkt die Prognose
Zollstreit kostet Daimler Gewinnprognose – Zulieferer im Südwesten ebenfalls betroffen
STUTTGART (dpa) - Handelskonflikte und die Dieselaffäre belasten den Autobauer Daimler. Der DaxKonzern kappte nun seine Prognose für das laufende Jahr – vor allem wegen der wohl steigenden Zölle in China auf US-Importautos. Daimler baut auch in den USA Autos. Bislang hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche für 2018 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 14,7 Milliarden Euro angepeilt. Auch Zulieferer aus der Region, etwa ZF und Marquardt, zeigen sich besorgt.
FRANKFURT/RAVENSBURG - Der globale Handelsstreit zeigt erste konkrete Auswirkungen bei deutschen Firmen. Am Mittwoch nach Börsenschluss kappte Daimler seine Gewinnprognose – vor allem wegen höherer Importzölle, die China auf die Einfuhr amerikanischer Autos verhängt hat. Dies drücke auf Absatz und Gewinnentwicklung, da die höheren Tarife nicht vollständig an die Kunden weitergegeben werden könnten, hieß es bei dem Stuttgarter Autobauer. Daneben belaste der Rückruf von Dieselautos und die neuen Standards für Abgastests.
An der Börse führte dies am Donnerstag zu kräftigen Kursverlusten – nicht nur der Daimler-Aktie. Auch die Kurse anderer Autokonzerne und Zulieferer wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die deutschen Autohersteller produzieren auch in den USA und führen einen großen Teil ihrer Fahrzeuge nach China aus, darunter vor allem die dort beliebten Geländewagen (SUVs). Insgesamt werden etwa 270 000 Autos aus den USA nach China exportiert.
BMW erklärte zwar, an seiner Prognose festhalten zu wollen. Doch Analysten sind skeptisch. „Auch BMW wird wohl einen negativen Einfluss der Zölle spüren“, sagt Tim Schuldt vom Bankhaus Equinet. VW hingegen treffe es weniger stark, da die Wolfsburger in den USA nicht für China produzieren. Auch Zulieferer dürften die Zolleffekte spüren – weil entweder weniger Autos produziert würden oder die Hersteller den Druck an sie weitergeben könnten, glaubt Schuldt.
Beim Schalterspezialisten Marquardt aus Rietheim-Weilheim (Landkreis Tuttlingen) etwa analysiert man die möglichen Effekte der verhängten Einfuhrzölle auf das Geschäft sehr genau. „Die Auswirkungen im Einzelnen können wir derzeit noch nicht abschätzen, allerdings haben wir mehrere Waren und Produkte identifiziert, die bei uns betroffen sein werden“, sagte Firmenchef Harald Marquardt im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Das Unternehmen kauft für den Produktionsstandort in den USA beispielsweise Werkzeuge in China ein. Solche und weitere Produkte würden wegen der Zölle teurer.
Tragbare Lösungen finden
Das Problem: Im Gegensatz zu den Möglichkeiten der Autobauer können sich Zulieferer wie Marquardt weitere Preissteigerungen angesichts des ohnehin schon extremen Kostendrucks kaum noch leisten. „Wir versuchen deshalb im Dialog mit unseren Zulieferern und amerikanischen Partnern tragbare Lösungen zu finden“, hofft Marquardt, der es sehr bedauern würde, wenn er wegen Trumps Strafzöllen gezwungen wäre, Teile seiner amerikanischen Produktion in andere Länder zu verlagern.
Auch ZF in Friedrichshafen beobachtet den multilateralen Aufbau von Handelsbarrieren mit Sorge. Der Konzern vom Bodensee, nach der Übernahme von TRW drittgrößter Automobilzulieferer der Welt, unterhält sowohl in den USA als auch in China Produktionsstandorte. Zwar beliefert ZF viele seiner Kunden lokal vor Ort, hängt bezüglich der angekündigten Zölle letztlich aber von deren weltweiten Warenströmen und Produktlieferwegen ab. „Importzölle, wie sie derzeit angekündigt sind, sind für die Umsatz- und Ergebnisziele jedes international aufgestellten Unternehmens problematisch“, sagt dazu ein Unternehmenssprecher.
Nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research in Duisburg, dürften Autobauer und Zulieferer nun noch schneller Produktionskapazitäten in China, dem weltweit wichtigsten Absatzmarkt für Automobile, aufbauen. Die Auswirkungen der Zollproblematik hält er für überschaubar. Allenfalls kurzfristig seien die deutschen Unternehmen betroffen. Und selbst wenn sich die Protektionismus-Spirale nun schneller dreht, weil womöglich als Nächstes amerikanische Zölle auf deutsche Autos verhängt werden, bleibt er zuversichtlich: „Der amerikanische Präsident sitzt inzwischen auf einer Eisscholle – er ist allein gegen alle“, glaubt der Autoexperte.
Denn immer mehr Länder wehrten sich gegen die repressive Handelspolitik. Deshalb dürfte sich auch innerhalb der USA bald Widerstand regen und Donald Trump zwingen einzulenken, gibt sich Dudenhöffer optimistisch. Denn die Preise für die Importautos dürften steigen.
Unterdessen suchen die deutschen Autobauer das Gespräch mit der US-Administration. Wie das „Wall Street Journal“am Mittwoch berichtete, hätten sich die Chefs von BMW, Volkswagen und Daimler mit dem US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, getroffen, und sich für eine Aufhebung der zehnprozentigen Importzölle auf US-Pkws in die Europäische Union ausgesprochen. Im Gegenzug müssten die USA ihrerseits auf Einfuhrzölle verzichten – insbesondere auf die 25-prozentige Abgabe für Pick-up-Trucks, SUVs und große Vans, eine Domäne der US-Autobauer.