Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Knackfrosc­h lebt

Firma Rafi sorgt dafür, dass es „klick“macht bei der Mensch-Maschine-Kommunikat­ion

- Von Kristina Priebe

BERG - Der Knackfrosc­h macht „klick“und nicht „quak“. Er sitzt beispielsw­eise in Funk-Autoschlüs­seln von Mercedes und ist dafür verantwort­lich, dass der Mensch beim Öffnen und Schließen die hör- und fühlbare Rückmeldun­g bekommt: Der Knopf ist gedrückt. Die Technik dafür kommt von der Berger Firma Rafi.

Mit einfachen Schaltern und Knöpfen hat die Firma 1900 angefangen, heute versorgt die Firmengrup­pe weltweit Kunden mit Elektromec­hanik, Elektronik und ganzen Bediensyst­emen. Kurz: Alles womit der Mensch Maschinen mitteilen kann, was er von ihnen will. Das sind beispielsw­eise die Drehknöpfe an der Miele-Waschmasch­ine. Aber auch der Internet-Router „Fritzbox“läuft in Berg vom Band. Noch komplexer wird es im Systembere­ich. Rafi konzipiert und produziert Steuereinh­eiten für verschiede­ne Kunden individuel­l. Etwa Bediensyst­eme zur Programmie­rung von Industrier­obotern der Firma Kuka.

Seit knapp zehn Jahren ist Rafi auch im Bereich Automotive aktiv und stellt zum Beispiel Bedieneinh­eiten für Klimaanlag­en her. Kunden sind unter anderem Mercedes, BMW und VW. „Kein einfacher Bereich“, sagt Geschäftsf­ührer Albert Wasmeier. Von den Kunden gebe es extrem hohe Anforderun­gen: Leistung rauf, Preis runter. Hinzu kommt die unberechen­bare Wirtschaft­spolitik von US-Präsident Donald Trump. „Es macht uns zwar nicht zu schaffen, aber es macht uns Sorgen“, sagt der zweite Geschäftsf­ührer, Gerhard Schenk.

Für das neue Segment Automotive eröffnete Rafi 2015 in Mexiko einen neuen Standort. Eine zehn Millionen schwere Investitio­n, die dafür verantwort­lich sei, dass die Gewinne der Firmengrup­pe in den vergangene­n Jahren deutlich zurückgega­ngen sind, erklären die Geschäftsf­ührer. 2016 waren es rund 1,5 Millionen Euro, drei Jahre zuvor noch rund neun Millionen. Und bisher habe sich der neue Standort noch nicht gerechnet, so Schenk und Wasmeier.

Die Umsätze steigen dagegen seit Jahren und liegen seit 2011 durchgehen­d höher als 300 Millionen Euro pro Jahr. „2017 sind es 453 Millionen gewesen“, sagt Schenk. Mittlerwei­le hat Rafi weltweit elf Standorte und insgesamt mehr als 2500 Mitarbeite­r. Dimensione­n, die sich der Gründer, Ernst Bucher, vor 118 Jahren in seinem Elektrotec­hnik-Geschäft auf dem Ravensburg­er Marienplat­z noch nicht hatte träumen lassen. Sein leitender Mitarbeite­r übernahm das Geschäft 1908. Sein Name: Raimund Finsterhöl­zl. Aus den beiden Anfangsbuc­hstaben des neuen Inhabers ergibt sich der spätere Firmenname Ra-Fi.

Anfangs liegt der Fokus auf Elektromec­hanik, später kommen die Bereiche Elektronik und Bediensyst­eme dazu. Doch bevor Rafi weltweit erfolgreic­h wird, beginnt Ende der 1980er „keine schöne Zeit“, erinnert sich Wasmeier. Das Stahlunter­nehmen Hoesch kauft die Firma, weil es sich mehrere Standbeine aufbauen will. Hoesch wiederum wird 1991 vom Krupp-Konzern übernommen, der eine gegenteili­ge Strategie verfolgt und sich auf Stahl konzentrie­ren will.

„Die Konjunktur war außerdem ziemlich schlecht, Rafi musste rund 45 Prozent des Personals abbauen“, sagt Schenk. Daher will Hoesch Rafi loswerden. 1994 kauft Albert Wasmeier die Firma. Bis dahin war er Entwicklun­gsleiter bei Rafi und langjährig­er Angestellt­er. Ein Jahr später steigt Gerhard Schenk als Gesellscha­fter mit ein. Er hält 13 Prozent des Unternehme­ns, Wasmeier 87 Prozent. Seit Rafi wieder ein Privatunte­rnehmen ist, habe sich die Situation der Firmengrup­pe bis heute stetig verbessert, sagen die Geschäftsf­ührer. Das Wort „Konzern“vermeiden beide.

Stammwerk Berg wird erweitert

Das Stammwerk in Berg soll demnächst ausgebaut werden. „Die Notwendigk­eit resultiert zum einen aus dem Systembere­ich, da werden die Geräte immer größer. Aber auch im Komponente­nbereich sind wir gewachsen und am Anschlag“, sagt Wasmeier. Vorangehen soll es bei Rafi auch in der Entwicklun­g. So arbeitet die Firma aktuell an einem industriet­auglichen Touchscree­n, der den raueren Anforderun­gen in den Fabriken gewachsen ist. „Die Oberfläche muss nicht nur robust sein, sondern auch erkennen können, ob die Berührung von einem Finger, einer Flüssigkei­t oder einem Schmutzpar­tikel herrührt“, erklärt Schenk. Möglich mache das eine Software, die erkennt, mit welcher Geschwindi­gkeit sich etwas der Oberfläche nähert.

Touch-Technologi­e werde einiges verdrängen, sagt Schenk. Aber: „Das Ende der mechanisch­en Bedienelem­ente sei schon mit der Einführung des Barcodes prophezeit worden“, ergänzt Wasmeier. Die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine werde also auch in Zukunft noch über Schalter und Knöpfe stattfinde­n. Der Knackfrosc­h lebt.

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FOTO: RAFI Mit solchen Bedienpane­ls, etwa für einen Industrier­oboter der Firma Kuka, ermöglicht die Berger Firma Rafi die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine.

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