Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Der Knackfrosch lebt
Firma Rafi sorgt dafür, dass es „klick“macht bei der Mensch-Maschine-Kommunikation
BERG - Der Knackfrosch macht „klick“und nicht „quak“. Er sitzt beispielsweise in Funk-Autoschlüsseln von Mercedes und ist dafür verantwortlich, dass der Mensch beim Öffnen und Schließen die hör- und fühlbare Rückmeldung bekommt: Der Knopf ist gedrückt. Die Technik dafür kommt von der Berger Firma Rafi.
Mit einfachen Schaltern und Knöpfen hat die Firma 1900 angefangen, heute versorgt die Firmengruppe weltweit Kunden mit Elektromechanik, Elektronik und ganzen Bediensystemen. Kurz: Alles womit der Mensch Maschinen mitteilen kann, was er von ihnen will. Das sind beispielsweise die Drehknöpfe an der Miele-Waschmaschine. Aber auch der Internet-Router „Fritzbox“läuft in Berg vom Band. Noch komplexer wird es im Systembereich. Rafi konzipiert und produziert Steuereinheiten für verschiedene Kunden individuell. Etwa Bediensysteme zur Programmierung von Industrierobotern der Firma Kuka.
Seit knapp zehn Jahren ist Rafi auch im Bereich Automotive aktiv und stellt zum Beispiel Bedieneinheiten für Klimaanlagen her. Kunden sind unter anderem Mercedes, BMW und VW. „Kein einfacher Bereich“, sagt Geschäftsführer Albert Wasmeier. Von den Kunden gebe es extrem hohe Anforderungen: Leistung rauf, Preis runter. Hinzu kommt die unberechenbare Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump. „Es macht uns zwar nicht zu schaffen, aber es macht uns Sorgen“, sagt der zweite Geschäftsführer, Gerhard Schenk.
Für das neue Segment Automotive eröffnete Rafi 2015 in Mexiko einen neuen Standort. Eine zehn Millionen schwere Investition, die dafür verantwortlich sei, dass die Gewinne der Firmengruppe in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind, erklären die Geschäftsführer. 2016 waren es rund 1,5 Millionen Euro, drei Jahre zuvor noch rund neun Millionen. Und bisher habe sich der neue Standort noch nicht gerechnet, so Schenk und Wasmeier.
Die Umsätze steigen dagegen seit Jahren und liegen seit 2011 durchgehend höher als 300 Millionen Euro pro Jahr. „2017 sind es 453 Millionen gewesen“, sagt Schenk. Mittlerweile hat Rafi weltweit elf Standorte und insgesamt mehr als 2500 Mitarbeiter. Dimensionen, die sich der Gründer, Ernst Bucher, vor 118 Jahren in seinem Elektrotechnik-Geschäft auf dem Ravensburger Marienplatz noch nicht hatte träumen lassen. Sein leitender Mitarbeiter übernahm das Geschäft 1908. Sein Name: Raimund Finsterhölzl. Aus den beiden Anfangsbuchstaben des neuen Inhabers ergibt sich der spätere Firmenname Ra-Fi.
Anfangs liegt der Fokus auf Elektromechanik, später kommen die Bereiche Elektronik und Bediensysteme dazu. Doch bevor Rafi weltweit erfolgreich wird, beginnt Ende der 1980er „keine schöne Zeit“, erinnert sich Wasmeier. Das Stahlunternehmen Hoesch kauft die Firma, weil es sich mehrere Standbeine aufbauen will. Hoesch wiederum wird 1991 vom Krupp-Konzern übernommen, der eine gegenteilige Strategie verfolgt und sich auf Stahl konzentrieren will.
„Die Konjunktur war außerdem ziemlich schlecht, Rafi musste rund 45 Prozent des Personals abbauen“, sagt Schenk. Daher will Hoesch Rafi loswerden. 1994 kauft Albert Wasmeier die Firma. Bis dahin war er Entwicklungsleiter bei Rafi und langjähriger Angestellter. Ein Jahr später steigt Gerhard Schenk als Gesellschafter mit ein. Er hält 13 Prozent des Unternehmens, Wasmeier 87 Prozent. Seit Rafi wieder ein Privatunternehmen ist, habe sich die Situation der Firmengruppe bis heute stetig verbessert, sagen die Geschäftsführer. Das Wort „Konzern“vermeiden beide.
Stammwerk Berg wird erweitert
Das Stammwerk in Berg soll demnächst ausgebaut werden. „Die Notwendigkeit resultiert zum einen aus dem Systembereich, da werden die Geräte immer größer. Aber auch im Komponentenbereich sind wir gewachsen und am Anschlag“, sagt Wasmeier. Vorangehen soll es bei Rafi auch in der Entwicklung. So arbeitet die Firma aktuell an einem industrietauglichen Touchscreen, der den raueren Anforderungen in den Fabriken gewachsen ist. „Die Oberfläche muss nicht nur robust sein, sondern auch erkennen können, ob die Berührung von einem Finger, einer Flüssigkeit oder einem Schmutzpartikel herrührt“, erklärt Schenk. Möglich mache das eine Software, die erkennt, mit welcher Geschwindigkeit sich etwas der Oberfläche nähert.
Touch-Technologie werde einiges verdrängen, sagt Schenk. Aber: „Das Ende der mechanischen Bedienelemente sei schon mit der Einführung des Barcodes prophezeit worden“, ergänzt Wasmeier. Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine werde also auch in Zukunft noch über Schalter und Knöpfe stattfinden. Der Knackfrosch lebt.