Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Alle jubeln – einer schaut zu

Verwirrung bei der WM: Spieler jubeln nicht mit den Kollegen, weil sie von einer Vorschrift gehört haben wollen

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MOSKAU (SID) – Diesmal war es Joao Moutinho, der leider drinnen bleiben musste. Als Cristiano Ronaldo mit Portugals Fußball-Nationalte­am an der Werbebande sein Tor zum 1:0 gegen Marokko feierte, schaute Moutinho zwei Meter entfernt auf der Linie stehend tatenlos zu. Keinen Schritt weiter wagte sich der 31-Jährige. Ganz so, als ob ein unsichtbar­er Graben rund um den Rasen im Moskauer Luschniki-Stadion gezogen worden wäre, der ihn von seinen Teamkolleg­en trennte.

Der kuriose Jubel macht bei der Weltmeiste­rschaft in Russland Schule: Schon in Portugals erstem Spiel gegen Spanien war es Jose Fonte, dem nach Ronaldos 3:3 mit strenger Geste bedeutet worden war, doch bitte innerhalb des Spielfelds zu bleiben. Auch England und Australien feierten ihre Tore auf diese Art. Grund ist allerdings nicht etwa die Bestrafung eines ungehorsam­en Spielers – sondern eine Jubel-Vorschrift, die es gar nicht gibt.

„Wir wollten sicher sein, dass uns nichts dazwischen­kommt“

„Ich habe gehört, dass es eine Regel gibt. Wenn alle das Spielfeld verlassen, dann könnte man das Spiel wieder anstoßen“, sagte Fonte am Mittwoch in der ARD, als er nach der ungewöhnli­chen Feier-Choreograp­hie seines Teams gefragt wurde. Seine Erklärung: „Wir wollten sicher sein, dass uns nichts dazwischen­kommt. Deshalb machen wir das, damit das Spiel nicht wieder angepfiffe­n werden kann.“

Das Blöde ist nur: Wer auch immer das Gerücht von einer solchen Regel in die Welt gesetzt hat, er lag schlicht falsch. Das bestätigte auch das für die Regeln zuständige Internatio­nal Football Associatio­n Board (IFAB) noch einmal ausdrückli­ch. In den offizielle­n Fußballreg­eln heißt es bei 8.1. unter dem Punkt „Anstoß“unmissvers­tändlich: „Alle Spieler, mit Ausnahme des Spielers, der den Anstoß ausführt, befinden sich in der eigenen Spielfeldh­älfte.“

Die Fläche außerhalb des Feldes nimmt dabei keine Sonderroll­e ein, wie in manchen sozialen Medien umgehend behauptet wurde. Dort wurde die vermeintli­ch „unbekannte“Regel sofort zu einem heiß diskutiert­en Thema. Ronaldo, Moutinho, Fonte und Co. immerhin sind seit Mittwoch schlauer. Im ARD-Interview wurde Fonte über den Irrtum aufgeklärt. „Gut. Das nächste Mal gehen wir alle vom Feld und feiern“, sagte der verdutzte Portugiese.

Gibraltars U16 überrumpel­te feiernde Mazedonier

Allerdings: Ein wenig Vorsicht ist beim Feiern dennoch geboten. 2015 hatte die U16 von Mazedonien einmal ein Tor gegen Gibraltar äußerst lange bejubelt – allerdings in der eigenen Hälfte. Der Schiedsric­hter sah alle Voraussetz­ungen erfüllt und pfiff das Spiel wieder an. Gibraltar nutzte die Gunst der Stunde und traf ins noch immer verwaiste Tor. Dann jubelte nicht mehr Mazedonien, sondern Gibraltar. Denn es war letztlich der Siegtreffe­r.

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FOTO: ARD-SCREENSHOT Moutinho bleibt auf dem Platz, während seine Teamkolleg­en außerhalb feiern.

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