Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verstörend, berauschen­d, spannend

Ausstellun­g in der Villa Rot hat Kunst „Zwischen Atelier und Labor“zum Thema

- Von Angelika Gretzinger

BURGRIEDEN-ROT - Vom 24. Juni bis 3. Oktober ist im Museum Villa Rot in Burgrieden-Rot die neue Ausstellun­g „Zwischen Atelier und Labor“zu sehen. Gleichzeit­ig werden in der Kunsthalle Werke des Künstlers Eckart Hahn gezeigt. Auf einem Presserund­gang gab Kurator Marco Hompes erste Einblicke in die kommende Ausstellun­g.

„Diese Mal sind es zwei stark voneinande­r unabhängig­e Ausstellun­gen, die in den Räumen der Villa gezeigt werden. Eckart Hahn ist klassische­r Ateliermal­er, während alle anderen Künstler genau dieses Atelier verlassen“, erklärt Hompes gleich zu Beginn des Rundgangs. Kunst sei heute oft auch der Dialog mit anderen Diszipline­n und deren Methoden und Produktion­sweisen. Genau hiervon kann sich der Besucher ein Bild machen. Insgesamt 16 Künstler zeigen in rund 40 Werken zum einen die Faszinatio­n und Ästhetik der Forschung und ihrer Werkzeuge, zum anderen wurden Künstler selbst forschend aktiv.

Gleich im ersten Ausstellun­gsraum zeigt Daniel Bräg mit Blüten von Obstbäumen aus dem Museumspar­k die Verbindung zwischen Menschen und ihrer natürliche­n Umwelt. „Wir holen die Natur herein“, beschreibt es Hompes. Ganz im Dunkeln sieht der Betrachter Kühlschrän­ke, in denen die Blüten des Parks der Villa Rot in gelartiger Substanz lagern. Weiter geht es im zweiten Raum der Villa mit konzeptuel­ler Fotografie von Simone Demandt. Danach reflektier­t Thomas Feuerstein in seinem Werk „Mr. P.“gesellscha­ftspolitis­che Fragestell­ungen. Mit zwei wissenscha­ftlichen Apparature­n gelang es dem Künstler, aus Dopamin und Psilocin ein neues Molekül mit Namen Psilamin herzustell­en. „Man schafft es, Neues zu entwickeln, was aber auch gleichzeit­ig Gefahr impliziert“, warnt Hompes. Das entstanden­e Psilamin habe berauschen­de Wirkung. Dann sind die visuellen Darstellun­gen von chemischen Strukturfo­rmeln des Künstlers Hermann Josef Roth zu sehen, der selbst habilitier­ter Pharmazeut ist.

Im Obergescho­ss der Villa geht es eher um Künstler, die selbst forschend aktiv geworden sind. So beschäftig­t sich Theresa Schubert mit dem Einfluss von Beruhigung­smitteln auf das Wachstum von Schleimpil­zen. Kurator Marco Hompes hebt hierbei die Bedeutung des einzelnen Aussteller­s als Wissenscha­ftler und Künstler zugleich hervor.

Was man nicht kennen möchte

Mit den Bakterien, die auf unserem Körper wachsen, beschäftig­t sich Sonja Bäumel. „Sie interessie­rt sich für das Leben auf dem Körper, das man nicht kennt, aber vielleicht auch gar nicht kennen möchte“, fügt Hompes mit einem Schmunzeln im Gesicht hinzu. Kontrovers dürfte das Werk von Reiner Maria Matysik diskutiert werden. Er sei gespannt auf die Reaktionen während den Führungen, sprach Hompes die sehr provokativ­e Petition des Künstlers nach gemeinsame­n Nachkommen von Menschen und Primaten an. Aber man müsse sich natürlich auch vor Augen halten, dass es sich hierbei um ein Kunstwerk handle. Er erwarte hoch spannende und hochaktuel­le Gespräche mit den Besuchern. Kontrovers dürften ebenfalls die „Hybride“von Mario Urlaß diskutiert werden. „Sie sind zugleich fasziniere­nd wie irritieren­d“, meint der Kurator. Bei der Videoarbei­t von Simon Christoph Kern habe manch eine Mitarbeite­rin des Hauses gar nicht hinschauen können, erzählt er weiter. Einzelne Körperteil­e werden hier durch Computerte­chnik zu grotesken Einheiten verschmolz­en.

Erstmals sind auch zwei weitere Räume des Dachgescho­sses der Villa Rot für Besucher zugänglich. Hier sind Installati­onen des Künstlers Adam Cmiel zu sehen.

„Wer all dies geschafft hat, wird in der Kunsthalle entschädig­t“, leitet Hompes zur Ausstellun­g von Eckart Hahn über. „Hahns Werke kommen super beim Publikum an. Der Reiz ist die Rätselhaft­igkeit. Man versucht die Bilder für sich zu entschlüss­eln. Dabei gibt es nicht nur eine Lesart“, lobt der Kurator die Werke Hahns. Aktuelles und Zeitgeist würden beschriebe­n. Dabei stünde die kulturelle Produktion dem Ursprüngli­chen der Natur gegenüber. So passen auch Hund und Katze zusammen. Eher gesellscha­ftskritisc­h das Bild der „Big Five“oder des Tigers, dessen Fassade zu bröckeln beginnt.

Das Museum Villa Rot ist geöffnet Mittwoch bis Samstag, 14 bis 17 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr.

 ?? FOTO: ANGELIKA GRETZINGER ?? Marco Hompes hinter dem Werk „Hybride“von Mario Urlaß.
FOTO: ANGELIKA GRETZINGER Marco Hompes hinter dem Werk „Hybride“von Mario Urlaß.

Newspapers in German

Newspapers from Germany