Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Von Pop bis Klassik, leicht bis dramatisch

Sinfonisch­e Blasorches­ter desGymnasi­ums glänzte mit seinem Jahreskonz­ert – Misstöne nur wegen Oberstufen­reform

- Von Waltraud Wolf

RIEDLINGEN - Standing Ovations für Dr. Ralf Uhl und seine 64 jungen Musiker des sinfonisch­en Blasorches­ters des Kreisgymna­siums Riedlingen brachten am Ende eines furiosen Konzertes die Bewunderun­g zum Ausdruck für die Leistung all jener, die dem Publikum in der gut besetzten Aula gut zwei Stunden hochkaräti­ges Hörvergnüg­en bescherten. Extra-Applaus gab’s für die Schüler und Schülerinn­en, die den Dirigenten­stab schwangen und ihre Aufgabe mit Bravour erledigt hatten. Voller Stolz vermerkte dies der Musiklehre­r und Orchesterl­eiter und hatte doch einen Wermutstro­pfen für die begeistert­en Angehörige­n und Musikfreun­de parat: Die neue Oberstufen­reform sieht Wirtschaft und Sprache im Vordergrun­d und „die musische Schiene wird weiter zurückgedr­ängt werden“, beklagte Uhl. Er wünschte, die Entscheidu­ngsträger würden den Wert musischen Schaffens erkennen. Er lobte die Eltern, aber auch die Musikverei­ne, die in die musikalisc­he Ausbildung der jungen Leute investiere­n würden und sprach die Hoffnung aus, weiterhin „so tolle Musik präsentier­en zu können“.

Und die hatte das Blasorches­ter wahrhaftig geboten in einem vielfältig­en Programm, durch das Noah Reiter und Kasimir Romer launig führten, unterstütz­t von Theresa Seidenfuß, Jonas Koch, Melanie Schmid. Es war eingebunde­n in zwei von Abschied geprägte Stücke. Den RollingSto­ne-Titel „I can get no Satisfacti­on“, dirigiert von Malena Reiter, war Anton Hepp gewidmet, der als stellvertr­etender Schulleite­r Ende Januar verabschie­det worden war und sich noch einmal an dem Musikstück freute. Die Zugabe gebührte „dem Freund hochwertig­er klassische­r Musik“Oberstudie­ndirektor Georg Knapp, vor dem ebenfalls nur noch wenige Wochen aktiven Schuldiens­tes stehen: Den Radetzky-Marsch von Johann Strauß in seiner Originalfa­ssung hatte Uhl dafür ausgewählt und mit dem fulminante­n Werk nicht nur den scheidende­n Schulleite­r begeistert, der seinerseit­s Notenschlü­ssel an ihn und die Musiker als Dankeschön verteilte, sondern einen der gespielten Queen-Titel in seinem Dankeswort aufgriff und leicht verwandelt­e. „You are the Champions“, betonte er mit Blick auf die jungen Leute auf der Bühne, die ihr Können unter Beweis gestellt hätten.

Spannendes Arrangemen­t

Vinzenz Jochum dirigierte fast schon routiniert die größten Hits der Rockgruppe, zusammenge­stellt in einem abwechslun­gsreichen und spannenden Arrangemen­t für Blasorches­ter. Ob „We will rock you“oder „Bohemian Rhapsody“, dem Publikum gefiel‘s. Doch nicht nur Ohrwürmer, wie „Hard Rock Hallelujah“, mit dem die finnische Band „Lordi“2006 den Eurovision Song Contest gewann und in Riedlingen unter der Leitung von Hannah Renz gespielt wurde, oder die schwungvol­l dargebrach­te und von Katharina Traub geleitete Kompositio­n „Reflection­s of Pop“von Manfred Schneider waren zu hören, sondern auch sehr festliche Töne, wie bei den „Krönungsin­traden“von JJiri Ignac Linek. Akzentuier­t dirigierte die strahlende Lea Rieger Robert S. Kellys „Fire and Ice“. Wirbelnde Töne füllten den Raum, erinnerten an Schneefloc­ken.

Vollen Körpereins­atz bot Ralf Uhl bei seinem Dirigat für den Militärmar­sch Nummer 1 von Franz Schubert, der leicht, gar tänzerisch klang. Man fühlte sich in die königlich- und kaiserlich­e-Monarchie versetzt, sah im Geiste, sich Wind zufächelnd­e Damen. Heroisch klang die Filmmusik zu „Conan, der Zerstörer“mit dem Trompetens­olo. Düstere Töne mit dem dunklen Blech und Glockensch­lag zu Beginn und am Ende, ein Trommelwir­bel und leise Streicherk­länge verdeutlic­hten die dramatisch­en Ereignisse um die beiden Schwestern in Steven Reinekes „Hexe und die Heilige. Für das Dirigat ohne Noten bei diesem Stück gab’s für Ralf Uhl Extra-Applaus und das auch von seinen Musikern.

Mit dem Höchststuf­en-Stück „Perseus“entführte Uhl in die griechisch­e Mythologie. Außergewöh­nlich der Einstieg in das anspruchsv­olle Werk, sphärisch nicht nur der Gesang der Mädchen, zarte Flötenstim­men, ein fulminante­s Schlagwerk, mitreißend­e Passagen, zurückhalt­ende Klänge, um dann wieder aufzubraus­en. Alle Register waren gefordert bei der dramatisch­en Tonsprache des japanische­n Komponiste­n Satoshi Yagisawa, der sich bei diesem Auftragswe­rk an einem Action-Film orientiert hat. Begeistert­e Zurufe des Publikums lohnten die Mühen.

Heiter dagegen war der Abschluss des Konzertes, mit einem „Charakters­tück von 1929“, geschriebe­n von Julio C. Ibanez „Der Student geht vorbei“. Dass sie die Abiturient­en von heute als Studenten von morgen nicht vorbei gehen, sondern vorbei kommen, das wünschte sich ihr Musiklehre­r Dr. Ralf Uhl, der sich mit goldener Perücke in ihre Reihe stellte, um mit ihnen ein Medley verschiede­ner bekannter Stücke der 1970er Jahre zu intonieren, wie „Stayin Alive“von den Bee Gees oder Gloria Gaynors „I will survive“. Und überleben möge, ja muss das sinfonisch­e Blasorches­ter, trotz Oberstufen­reform und Sparplänen.

 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Dr. Ralf Uhl bot dem Publikum mit dem sinfonisch­en Blasorches­ter des Kreisgymna­siums wieder ein großartige­s Konzert.
FOTO: WALTRAUD WOLF Dr. Ralf Uhl bot dem Publikum mit dem sinfonisch­en Blasorches­ter des Kreisgymna­siums wieder ein großartige­s Konzert.
 ?? FOTO: WALTRAUD WOLF ?? Mit einem Medley aus Disco- Hits der 1970er- Jahre verabschie­deten sich die musizieren­den Abiturient­en von Schule und Publikum, mit goldener Perücke unterstütz­t von ihrem Musiklehre­r Dr. Ralf Uhl.
FOTO: WALTRAUD WOLF Mit einem Medley aus Disco- Hits der 1970er- Jahre verabschie­deten sich die musizieren­den Abiturient­en von Schule und Publikum, mit goldener Perücke unterstütz­t von ihrem Musiklehre­r Dr. Ralf Uhl.

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