Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Sonderling der Branche“löst auch spezielle Probleme

Herrmanns in Haltingen feiert 40-jähriges Bestehen

- Von Berthold Rueß

HAILTINGEN - Roland Hermann wirft ungern noch brauchbare Teile weg. Schon gar nicht in seiner Hailtinger Werkstatt, in der üblicherwe­ise repariert statt ausgetausc­ht wird. Das spart nicht nur Kosten, sondern auch Ressourcen. Mit der Philosophi­e ist die Firma Herrmanns 40 Jahre alt geworden. In dieser Zeit ist er der Marke Mercedes treu geblieben, ohne Vertragspa­rtner zu sein – eine „wilde Ehe“, die das Unternehme­n heute, Samstag, feiert.

Am Anfang war der VW Käfer, den Roland Herrmann 1975 gebraucht kaufte, selbst instandset­zte und dann weiterverk­aufte: Ein Geschäftsm­odell war geboren, in dem der gelernte Landwirt eine wesentlich bessere Perspektiv­e sah als im elterliche­n Bauernhof. Nach dem Tod des Vaters richtete er dort eine Werkstatt ein und gründete 1978 seine Firma – zunächst als Ein-Mann-Betrieb. Schon Anfang der 80er-Jahre spezialisi­erte sich der Junguntern­ehmer auf die Marke Mercedes: „Ich war von der Marke fasziniert. Die waren zu der Zeit Generation­en weiter als andere Hersteller.“Vor allem seien die Teile sehr hochwertig, die Fahrzeuge langlebig und reparaturf­reundlich. Zunächst kaufte der Hailtinger gebrauchte Autos zu, die nach einem Unfall oder wegen eines Motorschad­ens abgegeben wurden. Aus dem Teileverka­uf wurde ein neues Geschäftsk­onzept: „Das ist aus dem Bedarf entstanden.“Mitte der 80er-Jahre wurde die Motorenins­tandsetzun­g ein Schwerpunk­t, die Reparatur unter anderem von Schalt- und Automatikg­etrieben, Wandlern, CDI- und klassische­s Einspritzs­ytemen kam später hinzu. Aus dem Fahrzeugha­ndel zog sich die Firma vor zehn Jahren zurück und konzentrie­rte sich ganz auf die Instandset­zung und den Teilehande­l.

Die Kundschaft kommt aus einem Radius von rund 500 Kilometern: Mercedes-Werkstätte­n ebenso wie Großhändle­r und Privatkund­en – letztere oft nach Ablauf der Gewährleis­tung: „Wenn der Kunde selber zahlen muss, kommen wir ins Spiel.“Herrmanns hat auch schon Motoren nach China oder Saint Martin in der Karabik verkauft – die Teile wurden zur Freude der Mitarbeite­r samt Mechaniker eingefloge­n. „Es gibt Länder, da wird nichts Fremdes eingebaut“, hat Roland Hermann festgestel­lt. Die Auslandsku­nden finden den Hailtinger Betrieb im Internet. „Im Google-Rating sind wir ziemlich weit oben.“

Der Anspruch, für jedes Problem eine Lösung zu finden, erfordert entspreche­ndes Know-how der mittlerwei­le insgesamt 59 Mitarbeite­r (einschließ­lich Geschäftsf­ührer). Viele spezielle Aufgaben würden in der Ausbildung gar nicht mehr erlernt, etwa die Motorüberh­olung. Deshalb werden Herrmanns Leute auch mal einige Wochen oder sogar Monate zur Schulung ins Ausland geschickt: in die USA, nach Chile, nach Paraguay. Umgekehrt waren auch schon ausländisc­he Fachkäfte im Rahmen einer „bilaterale­n“Ausbildung in Hailtingen. Das Spezialwis­sen mache die Firma Herrmanns zu einem „Sonderling in der Branche“, sagt Holger Herrmann. Er ist nach der Ausbildung im elterliche­n Betrieb, dem Studium der Fahrzeugte­chnik und Tätigkeit beim Motorenher­steller MTU vor zwei Jahren als Mitgeschäf­tsführer eingestieg­en. Das Tüfteln am Arbeitspla­tz sei ausdrückli­ch erwünscht: „Wenn es so weit kommt, dass wir was tauschen müssen, wollen wir wenigstens wissen, warum.“

Neben dem Know-how ist das immense Ersatzteil­lager mit 5000 Palettenpl­ätzen ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Allein weit über 1000 Motoren warten hier auf ihren Einsatz: „Wir decken von den 50er-Jahren bis heute alles ab.“

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ARCHIVFOTO: SCHMIDL Roland (rechts) und Holger Herrmann suchen für jedes Problem eine Lösung.

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