Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mit dem Navi auf Abwegen
Anwohner in Erisdorf klagen über Zunahme des Schwerlastverkehrs während der Sperrung der B 311
ERTINGEN - „Jetzt sieht man, was die Umfahrung gebracht hat“, konstatiert der Ertinger Bürgermeister Jürgen Köhler. Der Verkehr rollt seit der Sanierung der B 311 in vollem Ausmaß über die Umleitung wieder durch seine Gemeinde. Anwohner in Erisdorf bekommen das auch zu spüren – obwohl der Teilort gar nicht an der Umleitungsstrecke liegt. Ein Teil des Verkehrsstroms fließt nämlich über die Nebenstrecke, um eine Abkürzung zu nehmen oder vom Navigationssystem geleitet.
In Erisdorf gelte nicht einmal Tempo 30 wie in den Orten an der Umleitungsstrecke, beschwert sich ein Anwohner bei der SZ. Entsprechend zügig werde hier gefahren, mit Autos ebenso wie Lastzügen. Das sei nicht ungefährlich, zumal es an der Durchfahrt in Erisdorf keine Gehwege gebe. „Das ist der Wahnsinn“, bestätigt auch Köhler. „Viele Ortskundige kürzen den Weg ab“, glaubt der Bürgermeister. Über Neufra gelangt man beim Kieswerk wieder auf die B311. Aber auch Lastwagenfahrer „aus allen Nationen“versuchen, über die Nebenstrecke wieder auf die Bundesstraße zu kommen. Dabei vertrauen sie den Angaben ihres Navigationssystems, das die kürzeste Verbindung sucht. Andere folgen dem Beispiel des Vordermanns. Wenn es bei der Engstelle am Schloss in Neufra nicht mehr weitergehe, herrsche „Chaos pur“. Die Fahrer versuchen nach dem Wendemanöver wieder Zeit gutzumachen: „Dann geht es mit Karacho durch die Ortschaften.“
Ertingen ist als einzige Gemeinde durch die Umleitung doppelt belastet: Hier kreuzen sich die Verkehrsströme aus beiden Richtungen. Das sei „viel Schwerlastverkehr, den wir so sonst nie haben“. Um die 13 000 Fahrzeuge rollen in beiden Richtungen üblicherweise auf der B 311 an Ertingen vorbei. Dankbar ist Köhler, dass das Regierungspräsidium in den Gemeinden entlang der Umleitungsstrecke „nach langem Hin und Her“schließlich Tempo 30 angeordnet hat – für dessen Einhaltung seitens des Straßenamts auch Kontrollen angekündigt worden sind. Anwohner in Binzwangen hätten erleichtert bestätigt, dass dadurch vor allem der Geräuschpegel deutlich gesunken sei, berichtet Köhler: „Vielen wird bewusst, welche Auswirkung das auf die Lebensqualität hat.“
Die Anordnung des Regierungspräsidiums betrifft aber nur für die Umleitungsstrecke, bei der es sich um klassifizierte Kreisstraßen handelt. Das gelte auch für die Strecke über Erisdorf und Neufra, für welche die Gemeinde nicht eigenmächtig Tempolimits einrichten könne: „Da habe ich mit meinen Gemeindeschildern nichts verloren.“
Die Arbeiten an der Bundesstraße sollen Ende nächster Woche abgeschlossen sein. Dann kehrt auch auf der bisherigen Umleitungsstrecke wieder Normalität ein. Vor allem in Binzwangen würde man es begrüßen, wenn Tempo 30 dauerhaft beibehalten würde, weiß Köhler. Dafür sieht er jedoch wenig Chancen: „Das geht erfahrungsgemäß nur an stark befahrenen Straßen“. Er hoffe nur, „dass wir unfallfrei die letzten Tage überstehen.“Und für den Bau von Gehwegen in Erisdorf sei bereits ein Förderantrag gestellt.