Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Auto-Radau raubt Anwohnern den Schlaf
Auf dem Biberacher Gigelberg trifft sich nachts die Poserszene
BIBERACH - Heulende Motoren, quietschende Reifen und haarsträubende Fahrmanöver: Bei den Anwohnern des Gigelbergs regt sich zunehmend Unmut über sogenannte AutoPoser, die mit ihrem nächtlichen Treiben den Schlaf rauben. Sie fordern Stadtverwaltung und Polizei auf, endlich zu handeln.
Das leicht verwackelte Handyvideo, das ein Anwohner kürzlich nachts gedreht hat, zeigt mehrere Autos auf dem großen geteerten Festund Parkplatz an der Gigelberghalle. Nacheinander jaulen die Motoren auf, man sieht anhand der Scheinwerfer, wie sich die Autos in Bewegung setzen. Plötzlich wird die Lenkung eingeschlagen, die Fahrzeuge drehen sich im Kreis. Gleichzeitig gibt der Fahrer Gas, dass die Reifen laut quietschen.
„Ich liege jede Nacht wach und habe Angst, dass die Fahrerei wieder losgeht“, sagt ein weiterer Anwohner. „Mich macht das aggressiv, weil das mehrfach nachts passiert“, sagt ein Dritter. Alle drei wollen nicht, dass ihre Namen in der Zeitung erscheinen – aus Angst vor Racheakten der AutoPoser. Einem Nachbarn seien nach einer Anzeige schon mal die Reifen zerstochen worden.
Auto-Poser – so lautet der Jargonbegriff für die vornehmlich jungen Männer, die sich mit ihren PS-starken Gefährten laustark ins Szene setzen. Seit gut zwei Jahren entwickle sich der Gigelberg zunehmend zu einem Treffpunkt für diese Halbstarken und ihr lautes Treiben, sagen die Anwohner. „Das dauert jedes Mal nur ein paar Minuten, dafür aber mehrmals pro Nacht.“Zum Teil würden sogar große Lautsprecherboxen ausgepackt, die das Ganze noch mit wummernden Bässen untermalen. Der kreisförmige Gummiabrieb der Reifen auf dem Platz zeugt anderntags von den Fahrmanövern. „Alles, was man da auf dem Boden sieht, ist nervtötender Lärm“, sagt einer der Anwohner.
Lebensgefährliche Raserei
Der wilde Müll, den der Baubetriebsamtsleiter kürzlich beklagte (SZ berichtete), sei auf dem Gigelberg längst nicht mehr das Schlimmste, sagen die drei Anwohner. „Daran hat man sich leider schon fast gewöhnt. Die Stadtgärtner sind ja inzwischen mehr Müllsammler als Gärtner.“Dass sich der Parkplatz auf dem Gigelberg immer mehr zur Rennstrecke entwickle, sei das eigentliche Übel. „Nebem dem Lärm ist diese Raserei lebensgefährlich für Menschen, die dort nachts zufällig entlang gehen“, sagt einer der Anwohner und berichtet davon, wie er von einem der PS-Heißsporne um ein Haar über den Haufen gefahren worden wäre, als er spätabends mit seinem Hund unterwegs war.
Froh übers Schützenfest
Dass nun auf dem Parkplatz die Schausteller fürs Schützenfest ihre Fahrgeschäfte aufbauen, empfinden die Anwohner fast als eine Art Erlösung. „Früher hat der Festtrubel genervt, inzwischen ist man darüber froh. Da weiß man wenigstens, dass gegen Mitternacht Ruhe einkehrt.“Ab Ende Juli beginne der nächtliche Autolärm dann aber wieder. „Wir befürchten, dass immer noch mehr dieser Poser angelockt werden, wenn nicht bald etwas unternommen wird“, sagt einer der drei Männer. „Wir waren zwar alle auch mal jung und haben Sachen angestellt, aber irgendwo hat alles seine Grenzen.“
Mehrfach hätten Anwohner bereits nachts die Polizei angerufen. „Aber wenn die merken, dass die Polizei kommt, hauen die ab oder sind längst über alle Berge, bis die Polizei endlich da ist“, so einer Anwohner. Ein anderer hat selbst versucht, die Poser zur Vernunft zu bringen. „Von denen wurde ich als Nazi beschimpft.“
Eine Lösung erwarten die drei Anwohner in erster Linie von der Stadtverwaltung. „Das Problem ist, dass der Platz in seiner jetzigen Form selbst als Parkplatz keine Struktur hat“, sagen die Männer. Mit einer verkehrsberuhigten Zone, mit Markierungen und dem Aufteilen einzelner Parkbereiche durch Absperrungen wäre viel zu erreichen, ist die einhellige Meinung. Außerdem müsse der Platz besser ausgeleuchtet werden, ähnlich wie beim Schützenfests. „Dann wäre der Platz im Nu für die Poser völlig uninteressant“, ist einer der Anwohner überzeugt.