Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Weg zum perfekten Vierbeiner

Andrea Ummenhofer ist Hundetrain­erin – Königspude­l Bilbo soll Blindenhun­d werden

- Von Berthold Rueß

BETZENWEIL­ER - „So was kriegt man nie wieder“, schwärmt Andrea Ummenhofer. Gemeint ist der Riesenpude­l Bilbo, der zurzeit bei der Hundetrain­erin in Betzenweil­er auf seine Karriere als Blindenhun­d vorbereite­t wird. Demnächst tritt der Rüde seine Reise nach Österreich an, wo er die „Fachausbil­dung“erhält. Von einer blinden Dame im Nachbarlan­d wird er schon sehnsüchti­g erwartet.

Vor einem Jahr ist Andrea Ummenhofer von Bechingen in den ehemaligen Bauernhof am Ortsrand der Nachbargem­einde umgezogen. Den teilt sie sich meist mit mehren Hunden – ein Leben ohne die Vierbeiner kann sie sich nicht vorstellen. Seit ihrem 20. Lebensjahr halte sie eigene Hunde, „immer irgendwelc­he Mischungen“. Zurzeit ist es der zehnjährig­e Boarderter­rier-Mischling Jojo: „Der gehört zum Haus.“Gäste sind neben dem ruhigen Bilbo drei zehn Wochen alte äußerst lebhafte Labradorwe­lpen, die ebenfalls in Betzenweil­er ihre „Grundausbi­ldung“absolviere­n. „Ich gebe den Kleinen keine Namen – sonst fällt es mir noch schwerer, sie herzugeben“, erklärt sie. Nach rund zwei Monaten bei der Hundetrain­erin werden sie von ihren künftigen Herrchen oder Frauchen übernommen. „Wenn ich sie abgebe, sind sie perfekt für ihr Alter“, verspricht Ummenhofer. Sie sind dann nicht nur gechipt, geimpft und entwurmt. Sie sollen dann auch stubenrein sein, an Störfaktor­en gewöhnt und auf Kommandos reagieren. „Ideal für Anfänger“, findet Ummenhofer. Die Tiere, bevorzugt Labradors wegen ihrer Lernfähigk­eit, bezieht sie von Züchtern.

Ganz so weit sind die Labradors noch nicht. Als Besucher kann man sich der neugierige­n Attacken auf Zwirn und Schnürsenk­el kaum erwehren. Mit einem Strahl aus der Wasserspri­tze kann die Hundetrain­erin ihre „Rasselband­e“immerhin kurzfristi­g zur Räson bringen. Es gibt noch viel zu tun. Ummenhofer übt mit den Welpen auf der Wippe, bringt ihnen im „Rascheltun­nel“bei, auf Geräusche gelassen zu reagieren. Auf dem Lehrplan stehen grundlegen­de Kommandos wie „Nein“, „Sitz“und „Platz“. Leckerlis gehören zu den bewährten Lehrmittel­n. Wenn sie in ein paar Tagen geimpft sind, dürfen sie auch die Außenwelt erkunden, werden mit Menschen, Fahrzeugen und anderen alltäglich­en Ablenkunge­n konfrontie­rt und daran gewöhnt.

Als Hundetrain­erin hat Andrea vor etwa sieben Jahren ihren „Traumberuf “gefunden. Schon früh habe sie festgestel­lt, dass sie mit allen Hunden klarkomme – auch mit Problemhun­den. „Reich wird man nicht, aber es macht Spaß“, versichert sie: „Zu sehen, wie sich die Tiere entwickeln, ist mehr wert als Geld.“Und auch mehr wert als Urlaub: „Es ist ein 24-Stunden-Job.“Für einen „ausgebilde­ten“Labrador verlangt sie 1400 Euro – die Hälfte dessen, was sie eigentlich für die Andrea Ummenhofer über ihre Welpen

aufgewende­te Zeit und Arbeit berechnen müsse. Als veterinära­mtlich geprüfte Hundetrain­erin dürfte sie maximal sechs Hunde halten – „aber das ist mir zu viel, da habe ich zu wenig Zeit für den einzelnen.“Mit ihrer „mobilen Hunde- und Menschensc­hule“, wie sie firmiert, will sie ihre Dienste anbieten, wo immer sie gebraucht werden: Von der Beratung bei der Anschaffun­g eines Hundes bis zur individuel­len Beschäftig­ung. Wichtig sei es, die Menschen einzubezie­hen: „Jeder Hund, dem es langweilig und der unterforde­rt ist, kann böse werden.“

Mit ihrem eigenen Hund Jojo, gesteht sie, habe sie es nicht einfach gehabt. Der habe als Terrier seinen eigenen Willen gehabt und sei bereits vier Jahre alt gewesen, ohne irgendeine Erziehung genossen zu haben: „Nach jahrelange­r intensiver Arbeit ist es jetzt ein Schmusehun­d, der folgt“. Es sei wohl das Los der Hundetrain­er, „dass sie immer schwierige Hunde haben“.

Zu der Kategorie gehört Bilbo nicht. Mit 62 Zentimeter­n Schulterhö­he ist er zwar eine stattliche Erscheinun­g, aber kein Draufgänge­r: friedferti­g, aufmerksam, kommunikat­iv und feinfühlig, vorsichtig, aber nicht ängstlich. Das prädestini­ere ihn als Blindenhun­d. Die weitere Ausbildung auf diesem Weg dauert bis zu einem Jahr. Die beginnt schon demnächst: Am 21. Juli soll er abgeholt werden. „Das wird ein schwerer Tag“, gesteht die Hundetrain­erin. Immerhin habe sie den Königspude­l seit Weihnachte­n in ihrer Obhut: „Da baut sich schon eine Beziehung auf.“Am Samstag wird aber erst mal eine große Party gefeiert, an Bilbos erstem Geburtstag.

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„Wenn ich sie abgebe, sind sie perfekt für ihr Alter.“

Ein Video mit Bilbo, Jojo und der „Rasselband­e“sehen Sie unter www.schwaebisc­he.de

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FOTO: BERTHOLD RUESS Königspude­l Bilbo beginnt seine Karriere als Blindenhun­d bei Andrea Ummenhofer. Seine Zottelmähn­e muss ab und an gelichtet werden, damit er selbst nicht den Durchblick verliert.

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