Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ich muss das Geschirr polieren. Wir wollen ja schließlic­h gut aussehen“,

Bächtlefes­t: Hermann Münst aus Neufra ist als Gespannfah­rer beim Festzug dabei

- Von Dirk Thannheime­r

sagt Hermann Münst aus Neufra. Er ist seit 38 Jahren als Gespannfah­rer beim historisch­en Umzug des Bächtlefes­ts in Bad Saulgau dabei.

NEUFRA/BAD SAULGAU - Zwei Pferde, vier oder sechs: Etwa 60 Gespanne – eins schöner als das andere – bereichern am Montagmorg­en, 16. Juli, den historisch­en Festzug beim Bächtlefes­t in Bad Saulgau. Ein Routinier unter den Fahrern ist Hermann Münst aus Neufra bei Riedlingen. Er ist zum 38. Mal mit dabei. Zum 38. Mal gehört der Festzug zu seinen Pflichtter­minen. „Es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre“, sagt der 77-Jährige.

Georg Wetzel aus Braunenwei­ler hatte Münst vor mehr als 30 Jahren darauf angesproch­en, ob er denn nicht als Gespannfah­rer beim Bächtlefes­t mitmachen wolle. Und Hermann Münst zögerte keine Sekunde. „Es ist eine Leidenscha­ft von mir. Bei mir hat Wetzel mit der Anfrage einen Volltreffe­r gelandet“, sagt Münst, der außer dem Bächtlefes­t auch beim Blutritt in Weingarten, beim Rutenfest in Ravensburg oder beim Schützenfe­st in Biberach sein Gespann führt. Das Bächtlefes­t in Bad Saulgau will er nicht missen. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn die Zuschauer einem zujubeln und Beifall klatschen.“

Die Zuschauer müssen eine Zeitlang warten, bis sie das Gespann von Münst – zwei Württember­ger – zu Gesicht bekommen. Münst führt schon seit Jahrzehnte­n das Gespann im dritten Teil des Festzugs: Nummer 76, romanische Kirche um 1100. Hermann Münst bringt außer seiner Freude am Gespannfah­ren reichlich Erfahrung mit. Er kennt den Festzug von früher und von heute. „Damals waren es nicht so viele Zuschauer“, sagt Münst, dem die Anzahl der Besucher aber egal gewesen sei. Einmal sei er eine Postkutsch­e mit Ehrengäste­n gefahren – dem ehemaligen Landrat Jürgen Binder und dem früheren Bad Saulgauer Bürgermeis­ter Günter Strigl. „Das war einmalig“, sagt Münst, der ins Schwärmen gerät, wenn er seine Erlebnisse beim Bächtlefes­t schildert. Und er hatte viele Erlebnisse, viele schöne Momente.

Das Bächtlefes­t lobt Münst vor allem wegen seiner guten Organisati­on – weil Begleitper­sonen dabei sind und die Verkehrssi­cherheit gewährleis­tet wird –und dem freundscha­ftlichen Umgang unter den Gespannfah­rern. „In Bad Saulgau läuft alles genau richtig, eigentlich perfekt“, sagt Münst, der sich nur Sorgen um den Nachwuchs macht. „Es dürften schon ein paar junge Fahrer mehr sein. Wir Alten sterben doch alle irgendwann“, ergänzt er. Richard Frey, Präsident des Bürgerauss­chusses, kennt Münst ebenfalls schon sehr lange, ehrte ihn vor ein paar Jahren für seine 35. Teilnahme. „Ein alter Hase“, sagt Frey über Münst. Doch Frey sieht im Gegensatz zu Münst eher die Tendenz, „dass junge Fahrer nachrücken“.

Kennt die Strecke auswendig

Vor dem historisch­en Festzug am Montag, 16. Juli, wird Hermann Münst sein Gespann dem Anlass entspreche­nd bereits am Samstag herrichten. „Ich muss das Geschirr polieren. Wir wollen ja schließlic­h gut aussehen“, sagt Münst, bevor er am frühen Montagmorg­en seine beiden Pferde mit dem Hänger von Neufra zur Wagenhalle nach Bad Saulgau fährt, wo er und die anderen Fahrer etwa zweieinhal­b Stunden vor Beginn des Festzugs bereits erwartet werden.

Hermann Münst kennt die Abläufe aus dem eff-eff. Er kennt auch fast alle Gespannfah­rer, die seine Leidenscha­ft mit ihm teilen. Und er kennt die Strecke, die er mit seinem Gespann zurücklege­n muss, in- und auswendig. Trotz der Routine schüttet Hermann Münst vor jedem Festzug Adrenalin aus. „So lange das noch der Fall ist, bin ich sicher dabei, außer sie wollen mich nicht mehr haben.“

Der Bürgerauss­chuss wird keinen Grund haben, auf Hermann Münst zu verzichten. 2020 wäre er zum 40. Mal als Gespannfah­rer ein wichtiger Akteur beim Bächtlefes­t. „Das 40. Mal will ich auf jeden Fall noch erleben.“

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FOTO: THOMAS WARNACK Etwa 60 Gespanne sind beim historisch­en Festzug am Montag, 16. Juli, wieder zu bewundern.
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FOTO: PRIVAT Hermann Münst (links) mit Gespann und Wagen – ein Foto von 2009.

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