Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ulm, Schwörmontag „Ein gemeiner Mann“für alle
Der Schwörmontag ist der Ulmer Nationalfeiertag. Am vorletzten Montag im Juli stellt sich der Oberbürgermeister auf den Balkon des Schwörhauses und schwört, „Reichen und Armen ein gemeiner Mann zu sein in allen gleichen, gemeinsamen und redlichen Dingen ohne allen Vorbehalt“. Tatsächlich gehen der Brauch und die Eidesformel auf das Mittelalter zurück. Der Große Schwörbrief von 1397 war die Verfassung der Reichsstadt Ulm, er garantierte die Stellung der Zünfte. Der Bürgermeister, ein Patrizier, gelobte, Frieden und Ordnung zu bewahren. Anderthalb Jahrhunderte später beschnitt Kaiser Karl V. die Rechte der Zünfte. 1558 gab es einen neuen Schwörbrief. Wolf-Henning Petershagen, Historiker und Experte in Sachen Ulmer Brauchtum, schreibt, dass der 12. September 1558 wohl als der „erste richtige Schwörmontag“gelten kann. Der Schwörbrief behielt seine Gültigkeit 244 Jahre lang, bis zum Ende der Reichsstadtzeit. Ob dieses feierliche Gelöbnis auch zu jener Zeit schon von einem Festreigen wie heute begleitet wurde, ist nicht belegt. Petershagen zitiert aber einen Chronisten aus dem 19. Jahrhundert, der die „sinn- und würdelose Kneiperei ohne ersichtlichen Zweck“kritisiert. Tatsächlich hatte sich der Verfassungsrang des Schwörbriefs mit dem Ende des Reichs erledigt. Die Nationalsozialisten allerdings wussten die Tradition für ihre Zwecke zu nutzen und machten aus dem Schwörtag ein Treuegelöbnis im Sinne der NS-Idee von Führer und Gefolgschaft. Kein Wunder, dass der erste Oberbürgermeister der Nachkriegszeit, Robert Scholl, Vater der Widerstandskämpfer Hans und Sophie Scholl, diesen Brauch für sich ablehnte. Erst 1949 führte sein Nachfolger Theodor Pfizer wieder einen Schwörmontag ein. Inzwischen hat sich rund um den Akt eine Festdramaturgie entwickelt: Am Samstag vor dem Schwörmontag gibt es in den Abendstunden die „Lichterserenade“auf der Donau. Am Sonntag folgen Schwörgottesdienst, Schwörkonzert und alle vier Jahre ein Fischerstechen auf der Donau. Am Montag geht es nach den Formalitäten auf dem Weinhof zum „Nabada“, quasi ein Faschingsumzug auf dem Wasser. Das Wort „Nabada“bedeutet so viel wie „hinunterbaden“und sollte – wie auch der Schlachtruf „Ulmer Spatza, Wasserratza, hoi, hoi, hoi!“– um Himmels willen nie von Menschen ausgesprochen werden, die des Schwäbischen nicht mächtig sind. Seinen Ausklang findet der Schwörmontag beim Volksfest in der Friedrichsau.