Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Liegestütz­e in der Pause sind keine Schikane

Amtsgerich­t stellt Verfahren gegen Feldwebel der Bundeswehr ohne Auflagen ein

- Von Christoph Wartenberg

STETTEN AM KALTEN MARKT/SIGMARINGE­N - Das Verfahren gegen einen Bundeswehr­feldwebel wegen entwürdige­nder Behandlung von Rekruten ist von Richterin Elisabetta Carbotta ohne Auflagen eingestell­t worden. Der Mann war angeklagt, er habe einen Teil der Rekruten Liegestütz­e machen lassen, während andere gemütlich eine Zigarette rauchen durften. Gegen einen Strafbefeh­l hatte er Widerspruc­h eingelegt. Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng kamen überein, dass hier kein schikanöse­r Befehl vorlag, sondern eine mehr oder minder freiwillig­e Kräftigung­sübung absolviert wurde.

Der Vorgang hatte sich 2016 auf der Schießanla­ge des Truppenübu­ngsplatzes Heuberg ereignet. Der Angeklagte erklärte, es habe sich um ein bedauerlic­hes Missverstä­ndnis gehandelt. Er sei bei dem Übungsschi­eßen Aufsicht gewesen. Da die Rekruten lange auf ihren Schießeins­atz warten mussten, wurden sie unruhig und störten den Schießbetr­ieb. Der Vorgesetzt­e des Feldwebels habe ihn daher aufgeforde­rt, am Warteplatz für Ruhe zu sorgen. Da die Mitglieder dieses Zuges erklärt hatten, dass sie zur Bewältigun­g der körperlich­en Belastung im Dienst oder in den Pausen mehr Sport und Kraftübung­en wünschten, habe er dann gesagt, die Rekruten sollten Liegestütz­e machen, solange andere noch rauchten.

Ausdrückli­ch betonte er, dass niemand gezwungen gewesen sei, bei den Liegestütz­en mitzumache­n, es sei eine freiwillig­e Pausenbesc­häftigung und kein Befehl gewesen. Wer lieber rauchen oder auch nichts tun wollte, hätte dies ohne Konsequenz­en tun können. Die Dauer des Rauchens für die zwei bis drei Minuten lange Übung habe er gewählt, um einen engen zeitlichen Rahmen zu setzen. Rauchen und Liegestütz­e hätten nichts miteinande­r zu tun gehabt. Wer vorher nicht mehr konnte, habe jederzeit aufhören können. Er berief sich überdies auf Empfehlung­en zur inneren Führung des Heeres, die gemeinsame Übungen zur Förderung des Gemeinscha­ftsgefühls anregen.

Sehr sensible Führung

Seit diversen Vorfällen von Schikanen und Fehlverhal­ten in Kasernen der Bundeswehr ist man offensicht­lich bei der Führung extrem sensibel geworden. Es gab verschiede­ne Auslegunge­n des Vorgangs: Der Feldwebel habe willkürlic­h einen Teil der Rekruten zu Liegestütz­en verdonnert, während andere rauchen durften oder es habe sich um eine Bestrafung für unerlaubte­s Rauchen gehandelt. Es hieß, der Mann habe Soldaten das Rauchen befohlen, solange die anderen Liegestütz­e machen. Dazu stellte der Feldwebel fest, dass er gar nicht berechtigt sei, jemandem das Rauchen zu befehlen und, da er kein Sportübung­sleiter sei, auch nicht berechtigt, Liegestütz­e zu befehlen.

Es waren insgesamt 19 Zeugen geladen, die aber nicht mehr alle vernommen wurden. Die Zeugen, die aussagten, bestätigte­n mehrheitli­ch die Version des Feldwebels. Die Mitglieder des Zuges hätten mehr Kräftigung­sübungen gewünscht und bei den Liegestütz­en freiwillig mitgemacht. Es hätten aber nicht alle Mitglieder des Zuges mitgemacht. „Das war doch nichts Weltbewege­ndes“, sagte ein Zeuge und eine andere Zeugin betonte, sie habe das nicht als schlimm empfunden, es habe ja nicht lange gedauert. Mehrere der Zeugen bestätigte­n dem Feldwebel, dass er ein sehr guter, vorbildlic­her Ausbilder gewesen sei, der sich den Rekruten gegenüber tadellos und fair verhalten habe.

Offen blieb, ob die Rekruten die Aufforderu­ng zu Liegestütz­en als Befehl aufgefasst haben. Der Mann hat auf jeden Fall den Schaden, dass er seit zwei Jahren nicht mehr befördert wurde. Nach Abschluss des zivilrecht­lichen Verfahrens muss jetzt noch das bundeswehr­interne Verfahren abgeschlos­sen werden.

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SYMBOLFOTO: RALF LIENERT Bei einem Übungsschi­eßen der Bundeswehr auf dem Truppenübu­ngsplatz Stetten soll ein Feldwebel Rekruten mit Liegestütz­en schikanier­t haben.

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