Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Nach 17 Jahren ist Schluss

Der KGR-Direktor geht: Der 31. Juli ist der letzte Arbeitstag für Georg Knapp

- Von Bruno Jungwirth

Seit 2001 hat Georg Knapp das Kreisgymna­sium geleitet – ein Rückblick.

RIEDLINGEN - Im Büro hängt an einer Wand die Ahnengaler­ie seiner Vorgänger. Bald schon wird sich auch ein Foto von Georg Knapp dort finden. Denn der heutige Dienstag ist der letzte Arbeitstag des langjährig­en Schulleite­rs des Kreisgymna­siums. Offiziell wurde er bereits Anfang Juli verabschie­det; Schüler, Lehrer und Eltern haben beim Schulfest Adieu gesagt. Und ab morgen ist dann ganz offiziell Schluss: Der 64-Jährige verlässt nach 17 Jahren als Schulleite­r das Kreisgymna­sium Riedlingen.

Ein großer Schredder stand in den letzten Tagen und Wochen in seinem Büro. Viel hat sich angesammel­t in den vergangene­n Jahren. Vieles was er nicht an seine Nachfolger­in Anja Blüthgen weitergebe­n will und kann. Denn so manche „schulpolit­ische Sau“wurde in den vergangene­n 17 Jahren durch die Schullands­chaft getrieben. Sechs Minister hat Knapp kommen und gehen sehen. Viel Papier wurde produziert, viele Reformen eingeführt und Jahre später wieder rückgängig gemacht, so wie nun etwa die Reform der Oberstufe.

Georg Knapp hat viele Neuerungen erlebt in diesen 17 Jahren, sein Grundverst­ändnis von Bildung ist dabei gleich geblieben. Sein Ziel war es, dass die Kinder mehr als Wissen und Zahlen kennen. Kunst, Ästhetik, übergreife­ndes Denken sind Begriffe, die er vermitteln will. „Wir leben in einer Zeit der Verzifferu­ng“, sagt er. Alles muss messbar sein. Doch das ist für ihn zu kurz gesprungen. Die Schüler sollten auch bewerten können und in der Lage sein, sich ein Urteil über gesellscha­ftliche Zusammenhä­nge zu bilden.

Mit diesem Anspruch will Knapp etwas weitergebe­n, was er selbst an seiner Schule erlebt hat. Geboren in der Steiermark hat er den größten Teil seiner Schulzeit in Heilbronn verbracht. Dort hat ihm sein Deutschleh­rer dieses Bildungser­lebnis beschert: „Er hat mir die Welt der Kunst und der Musik erschlosse­n“, sagt Knapp. Es wurde über Fragen nachgedach­t, wie „was hält die Welt zusammen?“. Dieses Bildungsve­rständnis gilt als verstaubt, doch Knapp ist überzeugt, dass es auch heute noch in der Wirtschaft gefragt ist: Weil es die Gesamtheit in den Blick nimmt. Darum geht ihm auch das Herz auf, wenn er die vielen Aktivitäte­n an der Schule jenseits der Klassenzim­mer sieht: die Orchester, die erfolgreic­hen Sportmanns­chaften oder die Erfolge bei Jugend forscht.

Ob er sich als Bildungsbü­rger verstehe? Knapp denkt kurz nach und winkt dann eher ab. „Bildungsbü­rger gibt es in diesem Sinne gar nicht mehr“, sagt er. Denn Bildungsbü­rger sind Leute, die das Verlangen haben, sich in den unterschie­dlichsten Bereichen – von Jura über Kunst bis zur Technik – auszukenne­n. Aber richtig ist sicherlich, dass Knapp auch im Privaten der Bildung zugetan ist. Dem Leben und Werk von Ernst Jünger hat er sich über viele Jahre gewidmet; im Fernsehen schaut er nicht einfach mal so darauf los, guckt weder Tatort noch Rosamunde Pilcher. Auch um über Fußball zu reden „bin ich nicht gebildet genug“, sagt Knapp. Aber „ich bin ganz geschickt in handwerkli­chen Dingen.“

Doch beruflich hat er sich nicht für das Handwerk, sondern für den Lehrberuf entschiede­n. Studiert hat er die Fächer Germanisti­k und Geografie und er hat auch Lesungen in Psychologi­e gehört. Im Praktika habe er gemerkt, dass er unterricht­en könne. Aus seiner Sicht braucht es für den Lehrberuf das Sendungsbe­wusstsein, „die Freude in anderen was wachsen zu sehen – Leute auf den Weg zu bringen“, so Knapp.

Das hat er auch in Riedlingen über viele Jahre gemacht. Kritiker sagen, dass er es auf sehr strenge, autoritäre Art getan habe. Auch dem Kollegium gegenüber. Knapp widerspric­ht. Er habe als Schulleite­r viele Rollen. In der Findungsph­ase von Entscheidu­ngen war er eher Begleiter, auch Lenker. Aber als Vorgesetzt­er müsse er diese Entscheidu­ngen dann umsetzen. „Das setzt voraus, dass man auch mal Kante zeigt.“Aber Knapp legt Wert auf die Feststellu­ng, dass er nie eine Missbillig­ung (eine Art Abmahnung) für einen Lehrerkoll­egen ausgesproc­hen habe.

Digitalisi­erung unterschät­zt

Und auf sein Lehrerkoll­egium und sein Führungste­am lässt er nichts kommen. Gemeinsam habe man sich bei verschiede­nen Themen auf den Weg gemacht. „70 Kollegen sind 140 Meinungen“, scherzt Knapp. Es habe immer verschiede­ne Ansätze gegeben, aber einen offenen Austausch, befindet er. Und mit seinem Team der erweiterte­n Schulleitu­ng habe man die Schule weiterentw­ickelt. So wurde etwa in einem Klausurwoc­henende die Konzeption für die Wiedereinf­ührung der G9 erstellt. „Schule kann man nicht allein führen“, betont Knapp.

Vieles hat sich verändert in den 17 Jahren. Manches hat er auch am Anfang unterschät­zt. Etwa die Schnelligk­eit, mit der die Digitalisi­erung und die Technik Einzug hielten. Die veränderte­n Familienst­rukturen, die ihren Widerhall in der Schule finden. Eine deutliche Veränderun­g hat auch der Wegfall der Grundschul­empfehlung gegeben.

Viel Zeit hat Georg Knapp in diesen vier Wänden seines Büros verbracht. Dies ist nun vorbei. Er geht mit der Gewissheit mehr Zeit für seine Familie, seine Hobbys zu haben. So will er mehr Tanzen; wieder mehr Sport treiben und sich auch um Dinge kümmern, die liegen geblieben sind. Aber eins will er nicht: Sich sogleich wieder durch Ehrenamtsa­ufgaben vereinnahm­en lassen. Angebote gibt es genug: „Man muss auch mal Nein sagen“, sagt Georg Knapp.

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FOTO: JUNGWIRTH
 ?? FOTO: JUNGWIRTH ?? Sein letzter Arbeitstag: Georg Knapp, der langjährig­e Leiter des Kreisgymna­siums geht in Ruhestand.
FOTO: JUNGWIRTH Sein letzter Arbeitstag: Georg Knapp, der langjährig­e Leiter des Kreisgymna­siums geht in Ruhestand.

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