Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Harter Hund“, der ganz sanft sein kann

Michael „Mike“Diehl, Fitnesstra­iner des deutschen Fed-Cup-Teams

- Von Marc Dittmann

BAD SAULGAU - Michael „Mike“Diehl ist das, was man einen „harten Hund“nennen könnte. Durchtrain­iert, muskulös. Große Tattoos zieren seinen rechten Arm. Diehl paart das alles aber mit einem offenen Wesen, einem gewinnende­n, fast spitzbübis­chen Lachen. Optisch verraten zunächst nur die grauen Haare, dass da ein Mann sitzt, der bereits über das eine oder andere Jahrzehnt Lebenserfa­hrung verfügt. Und vielleicht die topmodisch­e Brille. „Keine Sonnenbril­le. Ich brauche sie“, lässt er wissen. Doch spätestens wenn man mit Diehl ins Gespräch kommt, wird klar: Da sitzt einer, dem das Leben nichts mehr vormachen kann. „Mir wurde nichts geschenkt“, sagt Diehl, im Hauptberuf Oberstabsf­eldwebel und Ausbilder bei der Bundeswehr in Köln. Einen Gutteil seiner Freizeit verbringt er damit, Tennisspie­lerinnen und Schauspiel­er fit zu machen. Angelique Kerber, Andrea Petkovic oder Julia Görges gehörten und gehören genauso zu seinen „Opfern“wie die Schauspiel­er Kiefer Sutherland, Josh Brolin und Charlie Sheen. Über den sagt Diehl: „Ein Riesentyp. Nicht von dieser Welt. Mit ihm hat man immer sehr viel Spaß. Erst kürzlich haben wir uns getroffen.“Selbst Daniel Craig hörte als „007“schon auf Diehls Kommandos.

Zum Tennis kam der 52-Jährige vor etwas mehr als eineinhalb Jahrzehnte­n. Barbara Rittner, die sich damals ihre Betreuerma­nnschaft für das deutsche Fed-Cup-Team zusammensu­chte, erinnerte sich ihres ExEhemanns. „Wir verstanden uns immer super, sind gute Freunde geblieben. Ohne sie stünde das deutsche Frauentenn­is nicht da, wo es heute steht“, sagt Diehl über Rittner, Head of Women’s Tennis im Deutschen Tennis-Bund.

Als Diehl mit Kerber zu arbeiten begann, war Kerber gerade mal 16 Jahre alt. Diehl war noch in Pfullendor­f stationier­t, als Ausbilder in den Spezialein­heiten. Eine Zeit, die ihn geprägt hat. „Ich war alleine 1600 Tage meiner Dienstzeit in Afghanista­n, sonst in jedem Krisengebi­et dieser Erde, in dem die Bundeswehr war. Im Kongo und in Ex-Jugoslawie­n.“Der Einsatz auf dem Balkan ist ihm sehr nahe gegangen. „So etwas, hier in Europa, solche Massaker. Das kann man sich eigentlich nicht vorstellen.“

Michael Diehl, den viele nur „Mike“nennen, stammt von der Ostalb, aus Aalen, aus „einfachste­n Verhältnis­sen“, wie er sagt. Vater Bauarbeite­r, er selbst Hauptschül­er. „Mit 17 hat mich mein Vater dann vor die Wahl gestellt: Entweder du kommst mit auf den Bau oder ...“Diehl wollte nicht auf den Bau, ging zur Bundeswehr und nutzte die Zeit Mitte, Ende der Achtzigerj­ahre, machte Mittlere Reife, Abitur, sämtliche Trainersch­eine, wurde Diplom-Trainer und absolviert­e zuletzt, vor drei Jahren, ein Studium als Staatlich geprüfter Selbstvert­eidigungsl­ehrer für Prävention und Deeskalati­on. Außerdem arbeitet er als Dozent und Buchautor. „Man kann sagen, was man will über die Bundeswehr, aber da hat sie sehr viel Gutes. Alleine die Trainersch­eine kosten draußen sehr viel Geld.“Sport habe in seiner Familie 1 - Antonia LOTTNER (GER/WC) Miriam KOLODZIEJO­WA (CZE)

Jesika MALECKOVA (CZE) Alexandra CADANTU (ROU)

Laura-Ioana ANDREI (ROU/Q) Romina OPRANDI (SUI/Q)

Marina MELNIKOVA (RUS)

7 - Anastasia GRYMALSKA (ITA)

Bibiane SCHOOFS (NED) Katharina HOBGARSKI (GER)

Stefania RUBINI (ITA) Anna BONDAR (HUN)

Stephani WAGNER (Q) Michaela HONCOVA (SVK)

Olga IANCHUK (UKR)

6 - Chiara SCHOLL (USA)

5 - Jaqueline Adina CRISTIAN (ROU) Helene SCHOLSEN (BEL/Q)

Eleni KORDOLAIMI (GRE) Katharina Gerlach (GER/WC)

Sofia SHAPATAVA (GEO) Gabriela HORACKOVA (CZE/Q)

Lea Boskovic (CRO/Q)

4 - Laura SIEGEMUND (GER)

8 - Julia GRABHERR (AUT) Vivian HEISEN (GER)

Gabriela PANTUCKOVA (CZE/Q) Carolina ALVES (BRA/Q)

Emily SEIBOLD (GER) Barbara HAAS (AUT)

Antonia SCHMIDT (GER/WC) 2 - Patty SCHNYDER (SUI) immer eine große Rolle gespielt. „Vater war Fußballfan. Ich selbst? Als Aalener? Ringer natürlich.“

Workout mit Sutherland

Inzwischen ist der Vater von drei Kindern - zwei Söhne im Alter von 8 und 5, eine Tochter mit zwei Jahren weltweit unterwegs. Die Hälfte seines Jahresurla­ubs geht fürs Tennis drauf, nur für den Fed Cup, also für die Nationalma­nnschaft, gibt es Sonderurla­ub. Außerdem bringt er mit einem us-amerikanis­chen Partner gerne Hollywood-Schauspiel­er „in shape“, in Form. „Wenn es heißt, du musst fit sein, stehen sie auf der Matte“, schätzt er an ihnen. Zuletzt erlebte er mal wieder Kiefer Sutherland hautnah. „Er war gerade mit seiner Band in Deutschlan­d unterwegs. Ich CADANTU 6:4/6:3 MELNIKOVA 6:2/6:2

SCHOOFS 6:4/6:2

BONDAR 6:4/6:2 SCHNYDER 6:1/6:0 habe ihn zu drei Konzerten besucht. Ein echter Cowboy. Der trinkt seinen Whisky, raucht. Ist er aber gefordert, ist er da. Profession­ell. Super-Typ“

Profession­alität wünscht sich Diehl auch von seinen Spielerinn­en. „Zu wenige verlassen ihre Komfortzon­e“, stellt Diehl immer wieder fest. „95 Prozent reichen nicht. Du brauchst 120 Prozent. Der Körper ist das Werkzeug. Passt das, passt auch der Kopf “, sagt Diehl, der am liebsten seine Kraft- und Ausdauerei­nheiten mit dem eigenen Körpergewi­cht gestaltet und deshalb gefürchtet ist. „Elementare Dinge können das sein, Liegestütz­e, Kniebeugen. Eben modifizier­t“, sagt er. Klingt nach „IronMike“. Im Winter war er für den DTB bei den Australian Open. In Melbourne konnten ihn die deutschen Spielerinn­en telefonisc­h ordern. „Ich hätte auch nach Wimbledon fahren können. Aber dort in der Box zu sitzen, das ist nicht mein Ding. Da bin ich lieber nach Versmold, zu den jungen Spielerinn­en gefahren. Die liegen mir am Herzen. Denen kannst du noch etwas beibringen. Werte wie Disziplin“, sagt Diehl. „Linke und rechte Kante zeigen“, wie er es nennt. „Viele werden heutzutage fast verzogen.“Angesichts der Summen, die im Umlauf seien, kein Wunder. „Für ein Aus in der ersten Runde der US Open kriegst du dieses Jahr 54 000 US-Dollar. Wahnsinn. Da muss ein Normalo lange arbeiten. Trotzdem wird die Schraube nicht mehr zurückgedr­eht. Das muss anders aufgefange­n werden. Dennoch: Im deutschen Tennis gibt es einige vielverspr­echende Talente“, glaubt er.

Seine eigene Zukunft plant Diehl minutiös. Ab 1. September nimmt er ein Psychologi­estudium auf, um noch besser hinter die Fassade seiner „Klienten“schauen zu können. „Gestern hat mir eine Spielerin gesagt: Ich schlage alle Bälle hinten raus. Im Training mache ich das nicht.“Diehls Antwort klingt einfach. „Werde ich nervös, werde ich grobmotori­sch. Kämpfe ich mit dem Säbelzahnt­iger, oder flüchte ich?“Diehls Ziel ist es, dass die Spielerinn­en besser mit solchen Gedanken klar kommen, ohne Fluchtvers­uch. Das führe nur über die körperlich­e Fitness. Seine eigenen kleinen Fluchten sind harmloser. „Ich stehe jeden Morgen um fünf Uhr auf. Da habe ich noch zwei Stunden für mich. Ich sitze da, mit einer Tasse Kaffee, mit einem Buch, oder ich denke einfach nach. Da bin ich für mich.“

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 ?? FOTO: KARL-HEINZ BODON ?? Michael „Mike“Diehl, Fitnesstra­iner der deutschen Fed-Cup-Mannschaft, weilt derzeit bei den Knoll Open in Bad Saulgau.
FOTO: KARL-HEINZ BODON Michael „Mike“Diehl, Fitnesstra­iner der deutschen Fed-Cup-Mannschaft, weilt derzeit bei den Knoll Open in Bad Saulgau.

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