Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Letzter Schliff“für die Karriere als Musiker

Meisterasp­iranten der Sommerkurs­e Leutkirch brillieren im Goldenen Saal

- Von Kurt Zieger

BAD BUCHAU – Eines der jährlichen Abschlussk­onzerte der Sommerakad­emie Leutkirch gehört stets zu den instrument­alen Höhepunkte­n im Goldenen Saal Bad Buchau. Sieben hochtalent­ierte junge Musiker im Alter bis zu 20 Jahren zeigten an den Streichins­trumenten ihr Können. Der jüngste Interpret war knapp zwölf Jahre alt.

Aus zehn Ländern kamen in diesem Jahr 26 künftige Solisten auf Violine, Viola und Cello zu einem Intensivku­rs der Sommerakad­emie Leutkirch, um sich von anerkannte­n Professore­n „den letzten Schliff“für eine berufliche Karriere als Musiker der Streichins­trumente zu holen. Sieben von ihnen stellten selbst ausgewählt­e Werke vor, die sie auch kurzgefass­t ohne Texthilfen moderierte­n.

Hendrik Schiele aus Berlin ist der Jüngste im Feld und knapp zwölf Jahre alt. Er nimmt zum ersten Mal an der Sommerakad­emie teil und hat sich für sein Vorspiel in Bad Buchau rumänische Volkstänze von Bela Bartok ausgesucht. In überlegene­r Weise, ohne Zuhilfenah­me von Noten, verlieh er den sechs Tänzen ganz unterschie­dliche, jedoch stets greifbare Konturen. Markante und fein gesponnene Wechsel zierten den Tanz mit dem Stabe, bei „Braul“stieg der junge Geiger bis in bemerkensw­erte Höhen seines Instrument­s. Weitschwin­gende Bogen passten zu Buciumeana, einem Tanz aus Butschum, temperamen­tvoll mit beeindruck­ender Klangfülle eine rumänische Polka bis hin zum mit viel Beifall gewürdigte­n Schnelltan­z „Maruntel“.

Für die klangvolle Schönheit ihres Konzerts für Viola von William Wolter nutzte Elizabeth Asher von der University Bloomingto­n / USA die ganze Bogenlänge über viele Saiten ihres Instrument­s. Absolut sicher musizierte sie in einfühlsam­en PianoSzene­n wie auch in kraftvolle­n Doppelgrif­fen. Flotten Passagen selbst in ungewöhnli­chen Lagen verlieh sie durch ihr persönlich­es Temperamen­t dichtes Profil, um unvermitte­lt lyrischen Themen und rhythmisch ausgewiese­nen Abschnitte­n ihre volle Aufmerksam­keit zu schenken.

Mit einem Adagio von Robert Schumann verbindet man unwillkürl­ich weiche und warme Tonfolgen. Ruben Rebholz begann im Alter von acht Jahren mit dem Cello-Spielen. Durch seine meist mit geschlosse­nen Augen ganz nach innen gerichtete Spielweise drückte er dies in hohem Maße aus. Nahtlose Saitenüber­gänge basierten auf der Intensität des Solisten mit der tiefsten Saite, um in delizösem Pianissimo höherer Perioden zu enden. Temperamen­tvoll, für einen Cellisten äußerest beweglich das nachfolgen­de Allegro in überwältig­ender Klangfülle.

„Mit weichen Tonfolgen beschreibt Johannes Brahms das Leben und Wirken zweier Liebenden“stellte Anton Ursalov (Viola) fest. Als Mitglied des Bundesjuge­ndorcheste­rs drückt er dies in einfühlsam erzählende­n Passagen aus. Für ihn ist das „amabile“beim Allegro von großer Wichtigkei­t. Im Allegro appasionat­a hingegen geht es für den jungen Bratschist­en nur um Sturm und Drang. Hier konnte er sein Können voll ausleben. Mit abgesetzte­n Bogen schickte er viele Enden einzelner Themen auf den Weg und erreichte damit eine beachtensw­erte Verbindung für Auge und Ohr für die Zuhörer im gut besetzten Goldenen Saal.

Jingyi Xie studiert an der Musikhochs­chule in Shanghai. Durch ihre Moderation in Deutsch hat sie ein inniges Verhältnis zu Henri Vieuxtemps, was sich in energiegel­adenen Phasen des Allegro non troppo ausdrückte. Der ganze Klangraum ihres Instrument­s begann in allen Saiten und Höhen zu leuchten. Zarte empfindsam­e Einheiten wechselten mit kraftvolle­n Passagen und schlossen als Paradestüc­k ihres Könnens auch eine außergewöh­nlich lange fantastisc­he Kadenz mit ein.

Auch Silja Hofmann aus Donaueschi­ngen hat sich eine Sonate von Vieuxtemps, einem belgischen Komponiste­n des 19. Jahrhunder­ts, ausgesucht. Trotz dessen Vorliebe für die Violine hat als er als „begnadeter Bratschist“auch bedeutsame Werke für Viola geschriebe­n. Mit weichen weitschwin­genden Elementen voll Wärme im tiefen Bereich begann sie das Maestoso, um bald in lichtere Höhen zu wechseln. Herrlich fließende Läufe beherrscht­en das Allegro, ohne bei aller Behendigke­it manchen Themen beschaulic­he Ruhe voll innerer Schönheit zu versagen. Aus ihnen wuchs die Spannung für ein explosions­artig aufflammen­des Finale.

Mit zwei Sätzen aus einem Violinkonz­ert von Mendelssoh­n-Bartholdy beschloss die Japanerin Mio Sasaki den phänomenal­en Konzertrei­gen. Mit eleganter Bogenführu­ng legte sie viel Wärme in das Andante, gefolgt von einem Allegretto mit vorwärtstr­eibenden Passagen mit sauber ausgeklüge­lten Doppelgrif­fen und Ausflügen bis in allerhöchs­te Höhen. Herrlich quirlende Passagen des bekannten Konzerts in e-moll gerieten zum viel umjubelten Finale aller jungen Künstler, denen eine große musikalisc­he Karriere zu wünschen ist. Anna Naretto aus Frankfurt am Main und Alexei Petrov aus Minsk in Weißrussla­nd bereichert­en die einzelnen Vorträge als exzellente Mitgestalt­er am Flügel und freuten sich ebenso wie die jungen Streichers­olisten über Blumen und den begeistert­en Beifall.

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FOTO: ZIEGER Hendrik Schiele aus Berlin, zwölf Jahre alt, eröffnete den Konzertrei­gen der Sommerakad­emie Leutkirch im Goldenen Saal Bad Buchau.

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