Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Beim Arbeiten kann ich durchatmen“
Eine Stunde mit Lisa Single, alleinerziehende Mutter von vier Jungs
Eine Stunde mit Lisa Single aus Riedlingen, alleinerziehende Mutter von vier Jungs.
RIEDLINGEN - „Beautiful chaos“steht auf Lisas Shirt. Beautiful stimmt, Chaos nicht. Man könnte es erwarten, wenn man sich mit einer jungen Mama und ihren Jungs trifft. Lisa Single, 30, ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern: Max (zwölf), Ben (sieben), Mio (fünf) und Tom (zweieinhalb). Wir begegnen uns auf der Donauinsel, der favorisierte Abenteuerspielplatz der liebenswerten Gang.
Unsere Stunde, die wir miteinander verbringen, haben wir auf den Morgen gelegt. Lisa kommt mit Ben, Mio und Tom. Max ist leider nicht dabei, er verbringt einen Ferientag bei Oma und Opa. Noch sehen alle wie aus dem Ei gepellt aus. Das könnte sich schnell ändern, denn Donau und Sand sind nicht weit. Deshalb machen wir, bevor wir uns kennenlernen, ein hübsches Foto. Kein Problem, die Jungs lachen in die Kamera und posen.
Danach können Lisa und ich uns störungsfrei auf der Bank unterhalten. Die drei spielen miteinander, sind weder quengelig noch nervig. „Ich bin bestimmt, aber mit Herz, sonst funktioniert es nicht“, sagt Lisa. Das glaube ich ihr aufs Wort, sie redet sehr ruhig, und die kleine Familie wirkt sehr entspannt. Äußerst sympathisch. Wir kennen uns eigentlich nur vom Sehen. Lisa ist viel mit ihrer „kleinen Gang“in der Stadt unterwegs. Nun sind Ferien, der Wecker klingelt nicht wie sonst um 6.15 Uhr.
Natürlich sei es nicht immer so entspannt, morgens in der Schulzeit gehe der Punk ab, bis die drei Größeren das Haus verließen. Die Kleiderfrage mit dem willensstarken Mio zu diskutieren oder einen wenig motivierten Zwölfjährigen aus dem Bett zu locken, das gehöre dann zum Alltag. Sie habe ihren Plan, wie etwa viermal Frühstück und drei Vesperdosen zu richten. Im Fünfminutentakt höre sie dann „Mamarufe“. „Es kommt schon mal vor, dass Max mir kurz vor sieben seine Klassenarbeiten zum Unterschreiben vorlegt“, bemerkt Lisa Single lachend. Ben, der Siebenjährige, mache alles auf den Punkt, auch in der Schule, er sei ihr „Einserle“.
Freunde und Familie unterstützen
Nun freuen sich alle auf eine Woche Urlaub in Italien. Noch nie haben die Buben das Meer gesehen. Der fünfjährige Mio erzählt ganz aufgeregt, er wolle mal Angler werden, Fische essen und sie auch küssen. Alle lachen. Ben liebt Breakdance, Playmobil und Dinos. Und Tom? „Er isst und trinkt gerne“, sagt Lisa. Natürlich gebe es als Alleinerziehende auch Hürden zu überwinden im Alltag. Eine Besonderheit zeichnet die kleine Patchworkfamilie aus. Jeder der Jungs hat seinen eigenen Papa. Lisa ersetzt also beide Elternteile. Mios Papa lebt nicht mehr. Der Fünfjährige beschäftigt sich momentan viel mit dem Tod seines Vaters. Lisa ist jedoch nicht alleine, eine Reihe von Freunden, auch ihr Partner und ihre Eltern unterstützen sie. Die Oma des jüngsten Sohnes ist zusätzlich Patin von Ben. Es werden keine Unterschiede gemacht, alle sind gerne bei ihr gesehen, wenn sie auf die Kinder aufpasst. Auch die anderen Großeltern sind für alle da. „Vor zwei Jahren habe ich alle taufen lassen“, erzählt Lisa von der Taufparty. Ihr Ältester hatte den Wunsch, bei der Erstkommunion dabei zu sein, heute ist er Ministrant.
Lisa erweitert gerne den abendlichen Kreis um den Esstisch, Freunde sind bei ihr willkommen. Auch Verwandtschaft. Vergangenes Weihnachten waren alle zum ersten Mal bei ihr. Aufgewachsen ist Lisa auf dem Gestüt Marbach, wo ihr Vater heute noch arbeitet.
Hat die junge Mama auch Zeit für sich selbst? Wenig. Als sie vor zehn Jahren nach Riedlingen kam, arbeitete sie im Lichtspielhaus. Das tut sie auch heute noch, doch nur noch als Aushilfe, wenn sie Betreuung für die Kinder hat. „Beim Arbeiten kann ich durchatmen“. Es fordert doch sehr viel Kraft und man benötigt gute Nerven, vier Jungs zu versorgen und zu beaufsichtigen. „Mit allen Einkaufen zu gehen ist nicht gerade das Allerschönste.“Zum Glück habe sie einen Garten, die Jungs spielen miteinander. Außerdem wohne sie in einer kinderfreundlichen Straße.
Unser Schwätzchen auf der Bank ist um. Mittlerweile sehen die Jungs etwas wilder aus, so wie Jungs nach dem Spielen eben aussehen müssen. „Ich liebe meine Jungs, wir sind zufrieden.“Das war in dieser Stunde deutlich zu spüren. Chapeau, junge Mama Lisa!