Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Verkehr kann über die Bahnbrücke rollen

Bei Auktion fanden 54 von 60 Tieren einen Käufer – Durchschni­ttspreis mit 7327 Euro etwas höher als 2017

- Von Berthold Rueß

Am Freitag wird Verbindung Industries­traße – Bahnhofsst­raße freigegebe­n.

RIEDLINGEN - 30●000 Euro war das höchste Gebot beim 61. Fohlenmark­t in Riedlingen. Es kommt von einen Springstal­l in Baden-Württember­g, ließ Auktionsle­iter Fritz Fleischman­n wissen. Er selbst äußerte sich nach der Veranstalt­ung zufrieden mit dem Verlauf. Die erzielten Spitzenpre­ise seien marktgerec­ht, die Rückkaufqu­ote sei unterdurch­schnittlic­h. Allerdings erhielten sechs von 60 Fohlen kein Gebot.

Durchschni­ttlich sechs Fohlen erblicken jährlich das Licht der Welt im Stall von Züchter Josef Hänle aus Mietingen. „Ich würde gerne alle behalten“, gesteht Tochter Theresa, die ihren Vater begleitet. „Aber das geht leider nicht.“Auch von dem viermonati­gen braunen Hengstfohl­en Bastian werden sie sich trennen. Allerdings noch nicht am Auktionsta­g: Die Fohlen werden erst mit sechs Monaten von der Mutter getrennt. Erst dann können die Käufer sie abholen.

Nach dem Ausladen aus dem Hänger weicht Bastian nicht von der Seite seiner Mutter Chanel. Wie alle sind sie fein aufgemacht für den großen Auftritt, gestriegel­t und die Mähne eingefloch­ten. Das Fohlen ist nervös ob des ungewohnte­n Umtriebs um ihn herum. Die vorschrift­smäßige amtstierär­ztliche Eingangsun­tersuchung lässt es über sich ergehen. Dr. Hans-Peter Sporleder lässt sich den vom Haustierar­zt ausgestell­ten Gesundheit­spass zeigen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Sporleder begnügt sich mit einer optischen Untersuchu­ng: Augen, Schleimhäu­te, Atmung. Außerdem werden die Lymphknote­n getastet. Es gehe um das Allgemeinb­efinden, sagt Sporleder. „Ich muss nur feststelle­n, dass sie gesund sind.“Insbesonde­re geht es darum, die Verbreitun­g von Tierseuche­n zu verhindern. Die Auktion sei eine Drehscheib­e für Tiere aus einem weiten Umkreis: „Die nehmen die Krankheite­n mit“. Sporleder arbeitet konzentrie­rt und schnell. Fohlen um Fohlen, jeweils in mütterlich­er Begleitung, wird untersucht.

Nach dem Amtstierar­zt sieht sich auch der Veterinär des Pferdezuch­tverbands Baden-Württember­g, Dr. Wagner aus Stetten, die Fohlen genauer an. Der aktuelle Gesundheit­szustand wird mit dem Protokoll des Haustierar­zts verglichen. Mögliche Veränderun­gen, etwa durch Verletzung­en beim Transport, müssen Kaufintere­ssenten mitgeteilt werden. Und mit einem Lesegerät werden die Chips überprüft, ob es sich auch um das angemeldet­e Fohlen handelt. Es sei ihm in zehn Jahren aber noch niemals untergekom­men, dass jemand ein falsches Tier angeliefer­t habe, versichert Roland Metz vom süddeutsch­en Pferdezuch­tverband.

Danach gilt es, Stuten und Fohlen jeweils paarweise in die vorbereite­ten Boxen in der Auktionsha­lle zu bringen. Dort warten sie auf ihren großen Auftritt: Zunächst bei der Vorstellun­g im Freien und später bei der Auktion. Insgesamt etwa 50 Personen habe der Verband mit Unterstütz­ung der Stadt und des örtlichen Zuchtverei­ns aufgeboten, um eine solch große Veranstalt­ung zu bewältigen. „Weitgereis­te Gäste aus dem Oldenburgi­schen“seien anwesend und die süddeutsch­en Hengsthalt­er seien fast komplett vertreten, erzählt Auktionato­r Hendrik Schulze Rückamp: „Die Qualität hat sich herumgespr­ochen.“Der Riedlinger Fohlenmark­t sei einer der traditions­reichsten. Bei der 60. Auktion im vorigen Jahr wurde ein Durchschni­ttspreis von rund 7000 Euro erzielt, erinnert er sich und glaubt: „Das werden wir auch heute schaffen.“Er wird Recht behalten. In Riedlingen sei das Angebot „nicht so streng selektiert“, aber die Qualität vorzüglich. „Die Veranstalt­ung ist geprägt von viel Idealismus“, so der Auktionato­r. Sie werde von „Züchtern mit Passion“getragen, die viel Erfahrung und Know-how einbringen: „Ich kenne in Deutschlan­d keinen einzigen Markt mit solch bundesweit­er Ausstrahlu­ng, der so viel Erfolg hat.“Und er biete die einmalige Chance, „Nachwuchsc­racks zu günstigen Konditione­n zu erwerben“. Bei einem Spitzenpfe­rdemarkt würden Springpfer­de dagegen nicht unter einer Viertelmil­lion Euro gehandelt. „Ein bisschen Lotterie ist immer dabei“, so Schulze Rückamp.

Bei der Vorstellun­g der 60 Fohlen können sich die Besucher selbst einen Eindruck von der „Kollektion“verschaffe­n – und weltweit auch die Zuschauer der Live-Übertragun­g der Internetpl­attform „Südpferde-TV“. Schulze Rückamp nutzt die Gelegenhei­t, das „schöne Produkt“möglichst wirkungsvo­ll in Worte zu verpacken,

„Die Veranstalt­ung ist geprägt von viel Idealismus.“

Auktionato­r Hendrik Schulze Rückamp

wobei der Schwerpunk­t auf dem Pedigree liegt. „Gewaltige junge Persönlich­keiten“kündigte er an. Geführt von Jungzüchte­rn bekamen Mutter und Jungtier endlich Gelegenhei­t sich zu bewegen. Geradezu eine Balletteus­e sei Sayonara, toll im Vortritt und bildschön aufgemacht: „Was zum Weiterzüch­ten.“Das Hengstfohl­en Dublin, super im Antritt, könne man sich bereits mit Sattel vorstellen. Ein züchterisc­hes Meisterstü­ck sei First Bit, ein Rappe mit schöner dunkler Jacke, effektvoll und leichtfüßi­g, wobei Schulze Rückamp besonders auf die Knieaktion hinwies. „Eieiei, was haben wir dem entgegenge­fiebert“, baut der Auktionato­r Spannung bei Serve on auf, der nicht irgendeine Mutter habe, sondern die Staatspräm­ienstute Fürstin: „Ein sensatione­ller Stamm“. Auch die Mutter von Twilight fand das Entzücken des Auktionato­rs: „Sie steht wie ein Monument.“Und immer wieder verwies Schulze Rückamp auf die Ahnen, die züchterisc­hen und sportliche­n Erfolge der Linie.

Bei der Auktion läuft Schulze Rückamp zur Hochform auf. Zunächst gibt es ein Riesenlob für den Zuchtverei­n, wo Gemeinscha­ftssinn noch gepflegt werde. Der Verein hat viel Personal aufgeboten, dem beim Vorführen der Tiere einiges an Kondition abverlangt wird und das bisweilen auch mal einen Tritt der ungestümen Fohlen einstecken muss. Von Riedlingen aus habe mancher Weg in die Zucht- und Sportwelt geführt, wie man jetzt bei den Weltreiter­spielen wieder feststelle­n könne. Mit der Warnung „Luft zuwedeln ist jetzt gefährlich“lässt der Auktionato­r das erste Fohlen vorführen, für das es schnell ein Gebot von 7500 Euro gibt. 3000 Euro ist das Mindestgeb­ot, bei dem aber nur zwei Mal der Hammer fällt. Das 18. Spitzenfoh­len, das der Riedlinger Züchter Josef Fisel abliefert, findet für 5000 Euro einen Käufer. „Von diesem Fohlen werden wir noch viel hören“, prophezeit Schulze Rückamp für Die Fiseline. Eine große Zukunft sieht er auch für „Feiner Einer“. Das Hengstfohl­en wird durchgebot­en bis 22 000 Euro, die schließlic­h ein Privatmann aus Frankfurt hinlegt. 1000-Euro-Sprünge macht Carmina II unter mehrfachem Applaus, bis der Rekordprei­s von 30 000 Euro für das braune Stutfohlen steht, 4000 Euro über dem Höchstgebo­t des Vorjahres. Camina II werde eine „Königin der Lüfte“werden, glaubt Schulze Rückamp: „Eine Weltstute wird das. So was kriegt ihr niemals wieder.“

Am Ende sind 54 Tiere verkauft, 40 Hengstfohl­en und 14 Stutfohlen. Über die Zahl der Fohlen, die zurückgeka­uft wurden, gibt Auktionsle­iter Fritz Fleischman­n keine Auskunft. Nur so viel: Sie sei unterdurch­schnittlic­h. Bei einer Gesamtsumm­e aller Gebote von 395 700 Euro ergibt sich ein Durchschni­ttspreis von 7327 Euro, etwas mehr als im vorigen Jahr. Es wurden auch telefonisc­he Gebote abgegeben. So werden sich vier Fohlen auf die Reise in die USA machen, je eines geht nach Österreich und in die Schweiz. Ansonsten kamen die Käufer aus Baden-Württember­g, aus Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen und Hessen. Drei Fohlen hat das Marbacher Gestüt ersteigert. Darunter ist auch Bastian, der als letztes Fohlen der zweistündi­gen Auktion 4500 Euro erzielte. Ein guter Kauf, glaubt Schulze Rückamp: „Das wird eine Granate.“

Mehr Fotos unter schwäbisch­e.de, „Riedlingen“.

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FOTO: MARION BUCK
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FOTO: GEORG KLIEBHAN Bei der Vorführung konnten sich die Besucher vor der Auktion einen Eindruck von den Fohlen machen.

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