Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Warum ein Handschuh sich selbst aufbläst

Simone Bergande erklärt, wie man mit Kindern kleine wissenscha­ftliche Experiment­e macht

- Von Birgit van Laak

BIBERACH/ULM - Experiment­ieren kommt bei Kindern gut an. Richtig gemacht, wird dabei ihre Neugierde geweckt, die Kinder entdecken den Spaß an Naturwisse­nschaften und stärken nebenbei auch noch ihre Sprachkomp­etenz. Wie Eltern es am besten angehen, erklärt Simone Bergande im Rahmen der SZ-Serie „Die Welt mit Kinderauge­n“. Die Psychologi­n ist bei der Industrie- und Handelskam­mer Ulm für die Bildungsin­itiative „Haus der kleinen Forscher“zuständig.

Kinder im Kindergart­en- und Grundschul­alter haben Spaß am Experiment­ieren. Eltern sollten dabei jedoch nicht die Haltung eines dozierende­n Oberlehrer­s einnehmen, der alles alleine vorführt und vorkaut. „Wichtig ist, den Kindern nichts überzustül­pen, sondern gemeinsam zu schauen: Was passiert denn da?“, erläutert die Psychologi­n Simone Bergande die Grundhaltu­ng, die die Eltern einnehmen sollten, damit Experiment­ieren zum spannenden Erlebnis wird.

In mehreren Schritten sollten Eltern und Kinder vorgehen, so Bergande. Schritt eins: Erst einmal wird gemeinsam geschaut, was alles gebraucht wird. Die Experiment­e, die sie vorschlägt (siehe Text unten), funktionie­ren mit Alltagsmat­erial aus der Küche.

Schritt zwei: Ideen sammeln, Vermutunge­n anstellen. Was wissen die Kinder schon über ein Thema? Welche Alltagserf­ahrungen haben sie? Was denken sie, was da passiert? „Es ist toll, auf welche Ideen Kinder kommen“, erzählt Simone Bergande. Auch Monster seien schon als Erklärunge­n für technische Phänomene genannt worden, berichtet sie über ihre Erfahrunge­n.

Schritt drei und vier: ausprobier­en, beobachten und beschreibe­n. Was ist passiert? Wie haben sich die Dinge im Versuch verhalten? Die Eltern leiten ihre Kinder an, nicht nur genau hinzusehen, sondern auch auf Geräusche, Gerüche oder Tastsinn zu achten. So schulen sie die Beobachtun­gsgabe. Durch gezielte Hinweise machen die Eltern die Kinder auf Besonderhe­iten, die ihnen nicht auffielen, aufmerksam.

Schritt fünf: Die Ergebnisse dokumentie­ren, malen oder ein Foto machen. Die Kinder vollziehen dabei nochmals die Herangehen­sweise nach.

Schritt sechs: Ergebnisse erörtern. Gemeinsam wird ein Fazit gezogen. Wie waren die ursprüngli­chen Vermutunge­n, waren sie richtig oder falsch, gibt es noch offene oder neu dazugekomm­ene Fragen? Vielleicht kommen sogar neue Ideen auf, was die Kinder noch in einem Experiment herausfind­en wollen.

Bei allen Schritten spielt die Haltung der Eltern eine wichtig Rolle. Sie sollten nicht zu voreilig sein. „Wenn man Fragen stellt, muss man den Kindern Zeit geben zu antworten. Wir Erwachsene neigen dazu, gleich die Antwort zu liefern. Aber es kann dauern, bis ein Kind darauf kommt und die Worte findet“, berichtet Simone Bergande.

Sprachkomp­etenz wird gefördert

Gegenständ­e sollten die Eltern anfangs benennen und immer in Worten beschreibe­n, was sie gerade tun. „Das fördert die Sprachkomp­etenz“, sagt Bergande. Wichtig ist, dass die Kinder neue (Fach-)Begriffe wiederhole­n, etwa zum Abschluss, wenn die Ergebnisse besprochen werden. „Forschen und Sprechen gehören immer zusammen“, heißt es in der von der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“herausgege­benen Broschüre. Und weiter: Naturwisse­nschaftlic­he und sprachlich­e Förderung ließen sich besonders gut miteinande­r verbinden. Wenn die Kinder ihre Beobachtun­gen schildern, erweitern sie ihren Wortschatz und ihre grammatika­lischen Kenntnisse. Sie nutzen neben Alltagsbeg­riffen neue Fachbegrif­fe, sie müssen passende Verben und Adjektive finden, um etwas zu beschreibe­n, Vergleichs­formen bilden, um ihre Beobachtun­gen auszudrück­en, Nebensätze mit „weil“oder „damit“bilden, um ihre Vermutunge­n oder Erkenntnis­se zu formuliere­n.

Experiment­e können Eltern und Kinder zu den unterschie­dlichsten Gelegenhei­ten machen. Zum Beispiel auch als Höhepunkt einer Geburtstag­sparty oder in Form eines kleinen Parcours bei einem anderen Fest, sagt Bergande. Und darüber hinaus gilt: „Der Alltag ist für Kinder voller Fragen. Man muss ihnen nur zuhören und die Fragen aufgreifen.“Ist die Lust am Forschen geweckt, können Eltern mit einfachen Mitteln vieles anschaulic­h erklären.

 ?? FOTO: BIRGIT VAN LAAK ?? Simone Bergand führt vor, wie Kohlendiox­id einen Gummihands­chuh aufbläst.
FOTO: BIRGIT VAN LAAK Simone Bergand führt vor, wie Kohlendiox­id einen Gummihands­chuh aufbläst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany