Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wenn die Natur morgens erwacht
Eine Stunde mit dem Jäger Wolfgang Schröppel unterwegs.
ZELL - Wolfgang Schröppel ist leidenschaftlicher Jäger und Pächter des Jagdbezirks Zell. Die jagdliche Leidenschaft muss in seiner Familie liegen, denn schon sein Vater war Jagdpächter. Schon mit zehn Jahren hat er ihn häufig begleitet und dabei so ganz nebenbei die Natur und die Tierwelt auf der Gemarkung kennengelernt.
Wolfgang Schröppel leitet die Firma „Büchsenmacherei und Metallverarbeitung“im Dorf. Den Beruf des Maschinenbauers hat der 54-Jährige schon in jungen Jahren gelernt und ausgeübt. Mit 18 Jahren besuchte er einen Kurs zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung und meldete sich für die Jägerprüfung an. Durch die jahrelange Begleitung seines Vaters waren die Grundlagen gelegt und er bestand die Jagdprüfung. Damit bekam er die Berechtigung zur Ausübung der Jagd und zum Führen von Waffen. Mit der Zeit reifte in ihm die Entscheidung noch etwas anderes zu erlernen; so meldete er sich bei der Büchsenmacherschule in Ehingen an und schloss 2004 mit der Büchsenmachermeisterprüfung ab. „Eine tolle Ergänzung“, freut er sich.
Ende Juli/Anfang August ist Paarungszeit des Rehwildes und damit eine Zeit erhöhter Aktivitäten. Da sind die Rehe oft auch tagsüber zu beobachten, denn der Rehbock begleitet die Rehgeiß in „ihrem Revier“den ganzen Tag. In dieser Zeit sind oft auch die Rehkitze allein, ein Anzeichen, dass eine besondere Zeit angebrochen ist.
Um 5 Uhr in der Morgendämmerung im Hof des Wohnhauses in Zell werden die notwendigen Utensilien ins Auto gelegt: Fernglas, Jagdhut und -jacke und Jagdgewehr. Auch der Jagdhund darf nicht fehlen. Auf der Anfahrt zum Ansitzplatz hält der Jäger am Waldrand kurz an, um den Wind zu prüfen. Das heißt es wird kontrolliert, ob der Wind tatsächlich weiter aus Osten kommt, wie in den Vortagen. „Alles gut“, erklärt Schröppel und fährt weiter bis an den Waldrand.
Zu Fuß geht es in den Wald hinein. Nach etwa 100 Metern geht der Schotterweg in einen Erdweg über. Ein kleiner Fußpfad ist angelegt und dabei alles Reisig und Hindernisse entfernt. Schritt für Schritt pirscht sich der Jäger vorsichtig weiter bis zu einem Hochsitz im Fichtenwald. Ohne ein Geräusch zu machen, geht es die Leiter hinauf auf die Bank. Stille breitet sich aus.
Rasch haben sich die Augen an die langsam aufziehende Dämmerung gewöhnt und mit der Zeit zeichnen sich immer mehr Einzelheiten ab. Der Waldboden ist immer noch im Dunkeln. Im Osten erscheint ein heller werdender Streifen, zaghaft sind erste Vogelstimmen zu hören. Und auf einmal beginnt das Konzert vieler Vogelstimmen. Gleichzeitig verfärbt sich der Horizont rot und die Sonne schickt ihre erhellenden Strahlen in den Wald. Dieses Erwachen des Tages mit den Veränderungen, die das Licht hervorruft, sind stets ein wunderbares Erlebnis.
Die Minuten verstreichen, ab und zu sucht Wolfgang
Schröppel mit dem Fernglas die Gegend ab, doch vorerst zeigt sich kein Wild. Gegen 6.30 Uhr sind Geräusche im Wald hinter dem Hochstand. Es hört sich so an, als ob zwei Tiere hinter einander herspringen. Tatsächlich tauchen zwei Rehe auf, die in schnellen Sprüngen von einer Dickung in den nächsten jüngeren Waldbereich springen – voraus ein weibliches Reh, dahinter ein Rehbock, an den Gehörnstangen gut zu erkennen.
Eindringlinge werden verjagt
Plötzlich prescht der Rehbock an der Geiß vorbei und beginnt ein weiteres Reh zu verfolgen. Ein junger Rehbock ist in das Revier des Platzbockes eingedrungen und wird erbittert verjagt. Nach wenigen Minuten kehrt er wieder zurück und stellt sich zu seiner Rehgeiß. Sie ziehen weiter in die nächste Dickung und sind nicht mehr zu erkennen.
Die nächste Stunde bleibt ruhig. Der Tag ist angebrochen, von der Bundesstraße sind Fahrgeräusche von schweren Lastwagen zu vernehmen. Gegen 8.30 Uhr geht es vom Hochsitz herunter und zurück zum Auto. Auf der Heimfahrt sind die Erlebnisse Thema. Es geht nach Hause zum Frühstück und dann in den ganz normalen Arbeitstag.