Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Vereinte Nationen entscheiden über „Killerroboter“
Verbot, Ächtung oder Erlaubnis – Deutschland macht sich für Verhaltenskodex stark
Die UN tagen seit Beginn der Woche in Genf zu einem möglichen Verbot von tödlichen autonoschon men Waffensystemen. Forschungsroboter wie der russische Fedor (Foto: Imago) können jetzt mit Waffen umgehen. Heute steht die Entscheidung an.
RAVENSBURG - Mit seinem Cockpit aus Panzerglas, den kräftigen Greifern und seinen mächtigen Stahlbeinen sieht er aus, als wäre er direkt dem Set eines Science-Fiction-Films entkommen. In Wahrheit ist Igorek aber ein ziemlich realer, vier Meter großer Kampfroboter des russischen Waffenherstellers Kalaschnikow. Bisher ist er nur ein Prototyp, noch nicht ausgereift. Künftig aber könnten „Killerroboter“wie Igorek ohne menschliche Kontrolle die Schlachten dieser Welt schlagen. In Genf tagen deshalb die Vereinten Nationen zu Letalen Autonomen Waffensystemen (LAWS). Heute soll die Entscheidung fallen, wie in Zukunft damit umgegangen wird.
Einerseits liegen die Vorteile von Igorek und seinen möglichen Kampfgefährten auf der Hand: Roboter, Drohnen oder unbemannte U-Boote empfinden keinen Schmerz, kommen nicht aus der Puste und verlieren selbst im dichtesten Kampfgetümmel nicht die Nerven. Auf der anderen Seite kennt ein autonomes Waffensystem aber auch keine Gnade, kein Mitleid. Und vor allem: keine menschliche Kontrolle, die in letzter Instanz das Töten eines Unschuldigen verhindern könnte. Einmal programmiert und losgelassen, eliminiert ein intelligenter Roboter sein Ziel, ohne Rücksicht auf Verluste oder geänderte Prämissen. Wann, wo und wie er das tut, entzieht sich jeglicher Kontrolle und Verantwortung. „Für uns kann die Entscheidung über Leben und Tod nicht einer Maschine übertragen werden“, sagte deshalb bereits im Frühjahr Michael Biontino, bis vor Kurzem deutscher Abrüstungsbotschafter in Genf. Über die gesamte Woche wurde dort über dieses Thema wieder heiß diskutiert. Vertreter aus mehr als 75 Ländern erörterten, ob und wie die „tödlichen autonomen Waffen“international geächtet oder gar verboten werden können. Kritiker verlangen ein klares Bekenntnis der UN für einen bindenden Vertrag. „Es muss jetzt dringend etwas passieren, denn sonst ist die Technologie in fünf bis zehn Jahren so weit verbreitet und so billig, dass sich jeder solche Waffen leisten kann“, sagt Thomas Küchenmeister, dessen Organisation Facing Finance Mitglied der internationalen „Kampagne gegen Killerroboter“ist.
Deutschland will Verhaltenskodex
Die Position der deutschen Verhandler ergibt sich aus dem Koalitionsvertrag. „Autonome Waffensysteme, die der Verfügung des Menschen entzogen sind, lehnen wir ab. Wir wollen sie weltweit ächten“, heißt es dort. Anderen reicht die reine Ablehnung nicht: Nach Angaben von Aktivisten sind 26 Staaten für ein gänzliches Verbot solcher Waffen, darunter Österreich. Deutschland strebt dagegen einen Verhaltenskodex an. „Ziel ist es, die Entwicklung neuer Waffensysteme möglichst transparent kontrollieren zu können und Regeln zu vereinbaren, welche die Entwicklung und den Einsatz von LAWS begrenzen“, sagt CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Ein Verbot ergebe keinen Sinn, wenn dessen Ablehnung durch maßgebliche Länder wie USA, China und Russland ohnehin schon vorher feststehe. Für die deutsche Sektion von Amnesty International gehen diese Forderungen nicht weit genug. Eine „Ächtung“von autonomen Waffensystemen könne nachhaltig „nur durch ein international verbindlich festgeschriebenes Verbot“erreicht werden, sagt Amnesty-Vorstandsmitglied Mathias John auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Von der Bundesregierung fordert er daher, sich „endlich nachdrücklich für ein Verbot einzusetzen“. Noch bestehe die Chance, damit „die Einführung autonomer Waffensysteme und deren absehbar negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht zu verhindern“.
Die Grünen fordern, die Verhandlungen als Anlass für den Beginn von bindenden Vertragsverhandlungen über ein Verbot zu nehmen. Ansonsten befürchtet man, den Wettlauf gegen die technische Entwicklung zu verlieren.
Gegensätzliche Interessen
Eine Einigung am heutigen Tag scheint allerdings eher unwahrscheinlich. Länder wie China, Russland, die USA, Großbritannien und Israel arbeiten laut einem Bericht des UN-Menschenrechtsrates bereits an den Kampfrobotern. Auch der südkoreanische Konzern Samsung treibe die Technologie voran, heißt es da.