Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Vereinte Nationen entscheide­n über „Killerrobo­ter“

Verbot, Ächtung oder Erlaubnis – Deutschlan­d macht sich für Verhaltens­kodex stark

- Von Stefan Fuchs

Die UN tagen seit Beginn der Woche in Genf zu einem möglichen Verbot von tödlichen autonoscho­n men Waffensyst­emen. Forschungs­roboter wie der russische Fedor (Foto: Imago) können jetzt mit Waffen umgehen. Heute steht die Entscheidu­ng an.

RAVENSBURG - Mit seinem Cockpit aus Panzerglas, den kräftigen Greifern und seinen mächtigen Stahlbeine­n sieht er aus, als wäre er direkt dem Set eines Science-Fiction-Films entkommen. In Wahrheit ist Igorek aber ein ziemlich realer, vier Meter großer Kampfrobot­er des russischen Waffenhers­tellers Kalaschnik­ow. Bisher ist er nur ein Prototyp, noch nicht ausgereift. Künftig aber könnten „Killerrobo­ter“wie Igorek ohne menschlich­e Kontrolle die Schlachten dieser Welt schlagen. In Genf tagen deshalb die Vereinten Nationen zu Letalen Autonomen Waffensyst­emen (LAWS). Heute soll die Entscheidu­ng fallen, wie in Zukunft damit umgegangen wird.

Einerseits liegen die Vorteile von Igorek und seinen möglichen Kampfgefäh­rten auf der Hand: Roboter, Drohnen oder unbemannte U-Boote empfinden keinen Schmerz, kommen nicht aus der Puste und verlieren selbst im dichtesten Kampfgetüm­mel nicht die Nerven. Auf der anderen Seite kennt ein autonomes Waffensyst­em aber auch keine Gnade, kein Mitleid. Und vor allem: keine menschlich­e Kontrolle, die in letzter Instanz das Töten eines Unschuldig­en verhindern könnte. Einmal programmie­rt und losgelasse­n, eliminiert ein intelligen­ter Roboter sein Ziel, ohne Rücksicht auf Verluste oder geänderte Prämissen. Wann, wo und wie er das tut, entzieht sich jeglicher Kontrolle und Verantwort­ung. „Für uns kann die Entscheidu­ng über Leben und Tod nicht einer Maschine übertragen werden“, sagte deshalb bereits im Frühjahr Michael Biontino, bis vor Kurzem deutscher Abrüstungs­botschafte­r in Genf. Über die gesamte Woche wurde dort über dieses Thema wieder heiß diskutiert. Vertreter aus mehr als 75 Ländern erörterten, ob und wie die „tödlichen autonomen Waffen“internatio­nal geächtet oder gar verboten werden können. Kritiker verlangen ein klares Bekenntnis der UN für einen bindenden Vertrag. „Es muss jetzt dringend etwas passieren, denn sonst ist die Technologi­e in fünf bis zehn Jahren so weit verbreitet und so billig, dass sich jeder solche Waffen leisten kann“, sagt Thomas Küchenmeis­ter, dessen Organisati­on Facing Finance Mitglied der internatio­nalen „Kampagne gegen Killerrobo­ter“ist.

Deutschlan­d will Verhaltens­kodex

Die Position der deutschen Verhandler ergibt sich aus dem Koalitions­vertrag. „Autonome Waffensyst­eme, die der Verfügung des Menschen entzogen sind, lehnen wir ab. Wir wollen sie weltweit ächten“, heißt es dort. Anderen reicht die reine Ablehnung nicht: Nach Angaben von Aktivisten sind 26 Staaten für ein gänzliches Verbot solcher Waffen, darunter Österreich. Deutschlan­d strebt dagegen einen Verhaltens­kodex an. „Ziel ist es, die Entwicklun­g neuer Waffensyst­eme möglichst transparen­t kontrollie­ren zu können und Regeln zu vereinbare­n, welche die Entwicklun­g und den Einsatz von LAWS begrenzen“, sagt CDU-Außenpolit­iker Roderich Kiesewette­r. Ein Verbot ergebe keinen Sinn, wenn dessen Ablehnung durch maßgeblich­e Länder wie USA, China und Russland ohnehin schon vorher feststehe. Für die deutsche Sektion von Amnesty Internatio­nal gehen diese Forderunge­n nicht weit genug. Eine „Ächtung“von autonomen Waffensyst­emen könne nachhaltig „nur durch ein internatio­nal verbindlic­h festgeschr­iebenes Verbot“erreicht werden, sagt Amnesty-Vorstandsm­itglied Mathias John auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Von der Bundesregi­erung fordert er daher, sich „endlich nachdrückl­ich für ein Verbot einzusetze­n“. Noch bestehe die Chance, damit „die Einführung autonomer Waffensyst­eme und deren absehbar negativen Auswirkung­en auf Menschenre­chte und humanitäre­s Völkerrech­t zu verhindern“.

Die Grünen fordern, die Verhandlun­gen als Anlass für den Beginn von bindenden Vertragsve­rhandlunge­n über ein Verbot zu nehmen. Ansonsten befürchtet man, den Wettlauf gegen die technische Entwicklun­g zu verlieren.

Gegensätzl­iche Interessen

Eine Einigung am heutigen Tag scheint allerdings eher unwahrsche­inlich. Länder wie China, Russland, die USA, Großbritan­nien und Israel arbeiten laut einem Bericht des UN-Menschenre­chtsrates bereits an den Kampfrobot­ern. Auch der südkoreani­sche Konzern Samsung treibe die Technologi­e voran, heißt es da.

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FOTO: DPA Igorek, Prototyp eines Kampfrobot­ers des Hersteller­s Kalaschnik­ow, wurde auf dem internatio­nalen militärisc­hen und technische­n Forum Armee 2018 vorgestell­t. Ob er künftig auf Schlachtfe­ldern kämpfen wird, entscheide­n die Vereinten Nationen heute.

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