Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Faruk Haido und seine Familie freuen sich über reiche Ernte

Weihnachts­spendenakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“finanziert­e Gewächshäu­ser – Jesidische Flüchtling­e gehen mit großer Freude ans Werk

- Von Ludger Möllers www.schwaebisc­he.de/ weihnachts­spendenakt­ion

Erntezeit in Kurdistan: Faruk Haido bietet auf den örtlichen Märkten Okraschote­n an, die man hier Bamja nennt. Der 34-Jährige musste im Jahr 2014 vor der Terrormili­z IS fliehen, lebt seither im Flüchtling­scamp Sheikhan. Das Geld, das er mit der Bamja-Ernte verdient, ist der erste eigene Verdienst seit der Flucht. Ermöglicht haben diesen Erfolg die Leserinnen und Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“mit der Weihnachts­spendenakt­ion „Helfen bringt Freude“: Im Camp Sheikhan und im angrenzend­en Camp Mam Rashan wurden insgesamt zehn Gewächshäu­ser gebaut.

Mit den Spendengel­dern konnten neben den Gewächshäu­sern, Ladenlokal­e, 250 Schafe und ein Spielplatz angeschaff­t werden. Zuvor war bereits Winterklei­dung für Kinder gekauft worden. Außerdem finanziert die Weihnachts­aktion „Helfen bringt Freude“fünf Psychother­apeuten und unterstütz­t damit vom Krieg traumatisi­erte Flüchtling­e.

Der IS hatte 2014 große Teile des Iraks und Syriens überrannt. Den Höhepunkt ihrer Macht erreichte die Miliz im Herbst 2014, nachdem sie die Großstadt Mossul in nur wenigen Stunden unter Kontrolle brachte. Die Dschihadis­ten des Islamische­n Staates ermordeten Zehntausen­de, versklavte­n Frauen und Kinder, zerstörten die Dörfer. Wer konnte, floh in Camps wie Sheikhan und Mam Rashan.

„Für mich persönlich gehören die Gewächshäu­ser, die wir in Sheikhan und Mam Rashan aufgestell­t haben, zu den Lieblingsp­rojekten“, berichtet Thomas Shairzid von der CaritasFlü­chtlingshi­lfe Essen, der Partnerorg­anisation der „Schwäbisch­en Zeitung“für die Hilfe in Kurdistan. Shairzid, ein irakischer Christ, flüchtete in den 80er-Jahren vor dem Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein. Heute engagiert er sich ehrenamtli­ch für die Flüchtling­e in seiner alten Heimat und weiß: „Die Jesiden pflegen eine Art Liebesbezi­ehung zur Landwirtsc­haft, fast alle Flüchtling­e kommen aus dieser Branche.“Hinzu kommt der Aspekt der Beschäftig­ung. Shairzid: „Für mich war immer wichtig, dass wir für die Camp-Bewohner eine Beschäftig­ung finden. Ich habe selbst gesehen, mit welcher Leidenscha­ft sie mit den Produkten umgehen. Es ist eine große Freude für die Eltern wie für die Kinder, dass sie in der Landwirtsc­haft arbeiten können. Hinzu kommt: Man kann im Laufe des Jahres verschiede­ne Produkte anbauen. Und die Einnahmen kommen hinzu.“

Campleiter Aber Amro in Sheikhan bestätigt Shairzids Meinung und berichtet weiter von den vielen kleinen Schritten auf dem Weg in eine normale, friedliche Zukunft: „Jetzt haben einige Familien wieder Arbeit, können ihren Lebensunte­rhalt selbst verdienen, können für den Wiederaufb­au ihrer zerstörten Häuser sparen und die Camps mit frischen Lebensmitt­eln versorgen.“Es sei wichtig, dass die Flüchtling­e eine Beschäftig­ung haben. Und dass sie sich eine Perspektiv­e schaffen: Faruk Haido will aus dem Verkauf der Okraschote­n etwas Geld sparen. „Mein Haus in meinem Dorf ist verbrannt. Ich will es wieder aufbauen.“

Auf die Rückkehr in sein Heimatdorf im Shingal-Gebirge wird Faruk Haido noch lange warten müssen. Denn auch nach dem Sieg über die Terrormili­z ist es nicht absehbar, dass die Menschen wieder in ihre Heimatregi­onen zurückgehe­n. Die Zukunft dieser Menschen ist nach Angaben von Organisati­onen wie der Caritas oder dem Hilfswerk Care völlig ungewiss. „Auch wenn es um den Irak stiller geworden ist, ist die humanitäre Notsituati­on längst nicht vorüber“, sagt Care-Mitarbeite­rin Anica Heinlein. Um den Menschen zu helfen, könne es keine schnellen Lösungen geben – nur langfristi­ges Engagement, um in den Trümmerstä­dten des Irak wieder ein Umfeld zu schaffen, in dem Leute leben könnten. Rund zwei Millionen Iraker warteten darauf, in ihre Heimatorte zurückzuke­hren. Doch viele trauen sich noch nicht – auch wegen möglicher Sprengfall­en.

Daher wird die Hilfe der Leserinnen und Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“weiter nötig sein: Die nächste Weihnachts­spendenakt­ion startet Ende November.

Weitere Informatio­nen gibt es unter

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FOTOS: HBF Mit dem Verkauf der Okraschote­n können einige Flüchtling­e in den Camps im Nordirak ihren Lebensunte­rhalt selbst verdienen.
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Zehn Gewächshäu­ser in den zwei nordirakis­chen Camps sind durch die Weihnachts­spendenakt­ion „Helfen bringt Freude“finanziert worden.
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