Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kanzlerin zu Besuch in Ghana

Entwicklun­gsminister Müller fordert mehr Engagement der deutschen Wirtschaft

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ACCRA (AFP) - Die Militärkap­elle am Flughafen von Accra spielte zwar nicht wie auf Angela Merkels vorheriger Station im Senegal „Schöne Maid, hast Du heut’ für mich Zeit“für die Kanzlerin, gewürdigt wurde ihr Besuch in Ghana aber mit 21 Salutschüs­sen sowie traditione­llen Tänzen und Gesängen. Bislang war die Kanzlerin in ihrer Amtszeit erst einmal in Ghana, als sie 2010 auf dem Weg zur Fußball-WM in Südafrika einen Zwischenst­opp dort einlegte. Seitdem hat sich viel verändert.

Die deutsche Nationalma­nnschaft begeistert­e die Zuschauer damals noch mit spielerisc­her Leichtigke­it und stand nicht im Zentrum einer Rassismusd­ebatte. Afrika war zwar nicht geografisc­h, aber in der öffentlich­en Wahrnehmun­g noch viel weiter von Deutschlan­d entfernt als heute. Wenn Merkel jetzt auf dem Nachbarkon­tinent unterwegs ist, hat sie die Zahlen zu ausreisepf­lichtigen abgelehnte­n Asylbewerb­ern im Gepäck. 4200 sind es derzeit aus Ghana. Zeitgleich wird zu Hause über fremdenfei­ndliche Aufmärsche in Chemnitz diskutiert.

Seit die Kanzlerin vor beinahe auf den Tag genau drei Jahren ihren berühmten Satz „Wir schaffen das“sagte, hat sie sich viel mit Afrika und den Gründen für Flucht und Vertreibun­g befasst. Dem Kontinent hat sie Aufmerksam­keit gewidmet, für Ghana übernahm die Bundesregi­erung im vergangene­n Jahr eine „Reformpart­nerschaft“und fühlt sich seitdem in besonderer Weise verantwort­lich.

Geringes Handelsvol­umen

Der Merkel in Accra begleitend­e Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) rief die deutsche Wirtschaft auf, sich stärker dort zu engagieren. Bislang seien in Ghana lediglich etwa 80 der rund 1000 in Afrika tätigen deutschen Unternehme­n aktiv, bemängelte er. Das Handelsvol­umen zwischen Ghana und Deutschlan­d betrage nur ein Zehntel des Handels mit Ländern wie Kroatien oder Kasachstan. In Accra wird Müllers Appell gerne gehört.

Bosch, Voith und Volkswagen haben am Rande des Besuchs der Kanzlerin in Ghana Absichtser­klärungen über Projekte in zweistelli­ger Millionenh­öhe unterzeich­net. Bei Bosch geht es um ein Projekt zur Verpackung und zum Abfüllen von Pharmazeut­ika. Voith plant den Bau eines Solarwasse­rkraftwerk­es – es geht um ein Investitio­nsvolumen von 66 Millionen Euro. VW unterzeich­nete ein Rahmenabko­mmen für den Aufbau einer lokalen Kfz-Montage.

Präsident Nana Akufo-Addo will sein Land wirtschaft­lich modernisie­ren und hat das Ziel ausgerufen, Ghana unabhängig von ausländisc­her Entwicklun­gshilfe zu machen. Zwar kämpft Ghana mit staatliche­r Verschuldu­ng und einer hohen Inflations­rate, die Wirtschaft aber wuchs allein im vergangene­n Jahr um mehr als acht Prozent.

Zudem leben in Ghana mehr als 50 Volksgrupp­en sowie Christen und Muslime friedlich zusammen, das westafrika­nische Land gilt als Stabilität­sanker in der Region. Präsident Akufo-Addo erbost es daher, wenn Tausende Ghanaer das Land verlassen, um ihr Glück in Europa zu suchen.

Merkel setzt daher in den Gesprächen während ihrer Afrika-Reise auf einen Dreiklang: illegale Migration bekämpfen, Möglichkei­ten zur legalen Zuwanderun­g schaffen und die Wirtschaft in den afrikanisc­hen Ländern fördern. Die Kanzlerin erklärte die Beziehunge­n zu afrikanisc­hen Staaten zu einer Schicksals­frage für Europa: „Wir müssen das schaffen, dass wir zu einer neuen Nachbarsch­aft kommen.“

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FOTO: DPA Besuch beim „Reformpart­ner“: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) wird von Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo begrüßt.

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