Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Nur Unlingen und Seekirch sind schuldenfrei
Landratsamt bescheinigt Kommunen im Kreis solide Finanzen – Riedlingen muss Haushalt konsolidieren
RIEDLINGEN/REGION (beß/grü/sz) - Die Städte und Gemeinden aus der Region profitieren weiterhin von der guten Konjunktur und stehen finanziell auf soliden Beinen: Zu diesem Ergebnis kommt das Landratsamt Biberach in seiner Haushaltsprüfung für 2018. Doch nur sechs Gemeinden, darunter Unlingen und die Federseegemeinde Seekirch, gelten als komplett schuldenfrei. Die Stadt Riedlingen überprüft derzeit sämtliche Gebührensätze, um ihren Haushalt zu kräftigen.
Das Landratsamt Biberach als Rechtsaufsichtsbehörde hat die Haushaltsprüfung 2018 für 43 Städte und Gemeinden im Landkreis abgeschlossen. Insgesamt ist die Summe der Haushaltsvolumen aller geprüften Städte und Gemeinden von 492 Millionen im Jahr 2017 auf 523 Millionen Euro 2018 gestiegen.
Das Fazit der Prüfung lautet: 39 Städte und Gemeinden erwirtschaften einen Überschuss aus dem Verwaltungshaushalt. Dieser steht abzüglich der Schuldentilgung für Investitionen zur Verfügung oder kann auf die hohe Kante gelegt werden. Vier Gemeinden im Landkreis Biberach – Ingoldingen, Achstetten, Ochsenhausen und Warthausen – können ihre laufenden Ausgaben nicht aus laufenden Einnahmen decken. Als Ursachen nennt das Landratsamt den Ausbau der Kinderbetreuung und rückläufige Gewerbesteuereinnahmen trotz der weiterhin positiver Wirtschaftslage.
„Die allgemein anhaltend gute Konjunktur spiegelt sich in den kommunalen Haushalten wider“, so Landrat Dr. Heiko Schmid. Mit 1274 Euro je Einwohner im Schnitt übersteige die Steuerkraftsumme den Spitzenwert des Vorjahrs um mehr als zwölf Prozent. Dies liege zum einen an der guten Arbeitsmarktlage, die zu besonders hohen Einnahmen aus der Einkommenssteuer führe, erläutert Schmid. Gleichzeitig erhalten die Gemeinden wegen der guten Wirtschaftssituation auch höhere Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. „Zum anderen haben wir als Landkreis den Hebesatz der Kreisumlage von 29 Prozentpunkten im Jahr 2016 auf 28 Prozentpunkte im Jahr 2017 gesenkt“, sagt Schmid. Für das Jahr 2018 habe der Kreistag auf Vorschlag der Verwaltung gar einen Hebesatz von 27 Prozentpunkten beschlossen. „So entlasten wir die Städte und Gemeinden zusätzlich“, so Landrat Schmid.
Mehr investiert
Gestiegen sind aber auch die Kosten. Im laufenden Geschäftsbetrieb gaben die Kommunen im Schnitt acht Prozent mehr aus. Dennoch konnten sie ihre Investitionstätigkeit im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent ausdehnen. Damit werde auch der Investitionsstau der zurückliegenden Jahre wiederum ein Stück weit abgebaut, beurteilt das Landratsamt die Situation. Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt gut 153 Millionen Euro gäben die Städte und Gemeinden des Landkreises damit weiterhin wertvolle Impulse für die heimische Wirtschaft. Diese Entwicklung werde vom anhaltend niedrigen Zinsniveau befördert.
Sechs Gemeinden, die der Rechtsaufsicht des Landratsamts unterliegen, sind schuldenfrei: Unlingen, Seekirch, Dettingen, Ingoldingen, Kirchdorf an der Iller und Mittelbiberach.
Gerade mal noch 20 Euro betrug die Pro-Kopf-Verschuldung in Unlingen zum Jahresende 2017. Da keine Kreditaufnahme vorgesehen ist, hat sich die Gemeinde in diesem Jahr das Prädikat „schuldenfrei“verdient. Allerdings ist in diesem Jahr eine Entnahme von rund 2,2 Millionen Euro aus der allgemeinen Rücklage der Gemeinde vorgesehen. Bei einem Vermögenshaushalt im Umfang von 4,1 Millionen Euro schlagen einige größere Investitionen zu Buche, etwa für das Dorfgemeinschaftshaus in Möhringen oder den Ausbau und die Entwicklung der Dorfmitte.
„In Seekirch versuchen wir, dass Wünschenswerte vom Möglichen zu trennen“, sagt Bürgermeister Stefan Koch mit Blick auf den schuldenfreien Haushalt. „Mit dem Breitbandausbau haben wir unsere freie Finanzmasse aber schon sehr strapaziert“, räumt Koch ein. Rund 150 000 Euro habe die kleine Federseegemeinde in das schnelle Internet investiert. Die nächste Investition müsse daher genau überlegt sein. Für ein größeres Projekt schließt der ehrenamtliche Bürgermeister jedoch eine mögliche Kreditaufnahme nicht generell aus. In der mittelfristigen Finanzplanung sei dies jedoch nicht vorgesehen. Denn umsichtig und sparsam zu wirtschaften, das sei bei einer kleinen Gemeinde besonders wichtig.
Dies trifft freilich auch auf die anderen acht Federseegemeinden zu. Auch sie kommen 2018 noch überwiegend ohne Kredite aus. Auf dem Papier gelten sie dennoch nicht als schuldenfrei, da in ihren Haushaltsplänen eine mögliche Kreditaufnahme einkalkuliert ist. So liegt der Schuldenstand in Betzenweiler planerisch in diesem Jahr bei immerhin 993 000 Euro. Ob sich die Gemeinde aber tatsächlich in diesem Umfang verschulden wird, stehe derzeit noch nicht fest, sagt Matthias Weber, Kämmerer der Federseegemeinden: „Der Ausgang ist offen, aber wir werden sicher nicht einen Kredit in dieser Höhe brauchen.“Eine mögliche Verschuldung hänge davon ab, wie viel Bauplätze verkauft werden, von der Erschließung des Gewerbegebiets und der allgemeinen Gewerbesteuersituation. Auch die anderen Federseegemeinden benötigen Kredite meist zur Vorfinanzierung von Baugebieten oder für Projekte, deren Umsetzung erst im nächsten Jahr erfolgen soll. „Es sieht nach wie vor sehr gut aus“, fasst Weber zusammen.
Riedlingen erhöht Gebühren
Die Stadt Riedlingen befindet sich nicht unter den schuldenfreien Kommunen. Hier liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bis zum Jahresende voraussichtlich bei gut 1780 Euro pro Einwohner, 90 Euro mehr als zu Jahresbeginn. Insgesamt werden sich die Schulden bis Ende 2018 auf 18,7 Millionen Euro belaufen, wobei lediglich 3,88 Millionen Euro auf den Kernhaushalt entfallen. In seinem Haushaltserlass hat das Landratsamt deshalb der Stadt empfohlen, die Gebührensätze zu erhöhen. „Die Anregung des Landratsamts ist richtig und wird deshalb auch gerade umgesetzt“, berichtet Kämmerer Elmar Seifert, der gerade die Friedhofsgebühren auf seinem Schreibtisch liegen hat. Doch auch die Gebühren für Wasser und Abwasser werden derzeit neu kalkuliert, um den hohen Schuldenstand der städtischen Eigenbetriebe abzubauen.
Insgesamt beträgt der Schuldenstand der 37 vom Landratsamt überprüften Kommunen 84 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr mit 92 Millionen Euro (damals unterstanden aber nur 35 Gemeinden der Kommunalaufsicht des Landratsamts) ist ein Rückgang von acht Millionen Euro erfolgt. Außerdem ist der Stand der Rücklagen von 39 auf 60 Millionen Euro gestiegen.
Nachdem der Schuldendienst unter den gegenwärtigen und mittelfristig zu erwartenden Umständen bedient werden kann, hat das Landratsamt Biberach als Rechtsaufsichtsbehörde die entsprechenden Kreditermächtigungen genehmigt. Auch, weil die Kreditkonditionen weiterhin günstig sind und die Zinslasten als solche zu keiner gravierenden Steigerung der laufenden Belastungen für den kommunalen Haushalt führen. „Kommunen, die jetzt stark investieren und ihre Infrastruktur ausbauen, sollten in ihre Planung jedoch immer mögliche Folgekosten einkalkulieren“, sagt Landrat Schmid. „So sind sie auf der sicheren Seite, dass kein strukturelles Defizit entsteht.“