Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Flower Power auf dem Wochenmark­t

Serie: Eine Stunde im Garten von Anne Hund

- Von Ursula Kliebhan

RIEDLINGEN - Anne Hund und ihre Blumen und ihre Tomaten und ihr Gemüse – eine Institutio­n des Riedlinger Wochenmark­ts am Freitag. An den anderen Tagen ist sie in ihrer Gärtnerei in der Mühlvorsta­dt zu finden. Öffnungsze­iten gibt es nicht. Man geht vorbei und schaut, ob die Riedlinger­in zwischen ihren Blumenbeet­en oder den Tomatensta­uden zu finden ist. Vielleicht bindet sie auch gerade einen Kranz oder richtet einen Strauß, der aussieht, als käme er aus einem Bauerngart­en vergangene­r Tage.

Der kleine Vorraum zum Pflanzenre­ich, Anne Hunds Arbeitsrau­m zum Sträuße und Kränze Binden, hat Patina. Man möchte sich auf einem Hocker oder einer Kiste zu einem Schwätzche­n niederlass­en. Efeu rankt über eine alte Mauer. Ein paar Spinnweben machen die Umgebung umso charmanter – ein Zeichen eines Biosiegels ohne Bürokratie. Die Riedlinger­in benötigt keine chemische Keule. Bei ihr wächst alles natürlich und sie arbeitet nachhaltig. „Seit 36 Jahren habe ich die Gärtnerei, genauso alt wie mein ältester Sohn.“Von Gärtner Straub übernahm sie damals gemeinsam mit Andrea Haberbosch das Grundstück. Es gehöre der Diözese, Ansprechpa­rtner sei die katholisch­e Kirchengem­einde. Abzüglich der Kinderpaus­en sind es 30 Jahre. Anne Hund kommt aus Hoßkirch, ist gelernte Gärtnergeh­ilfin.

Direkt aus dem Garten

Den floristisc­hen Part hat sie sich selbst beigebrach­t. Sie meint damit ihre typischen „Anne-Kränzla“. Einige davon hat sie auf dem Markt am Freitag dabei. Oder sie fertigt sie nach Kundenwuns­ch auf Bestellung. Ihre Sträuße kommen direkt aus dem Garten, als hätte man die Blumen selbst dort gepflückt. Baut sie am Freitag um die Mittagszei­t ihren Stand vor der Bäckerei Mahl auf, muss man schnell sein. Die Sommersträ­uße sind neben den Tomaten sehr begehrt.

Auf ihr Blumenfeld wachsen Zinnien in sämtlichen Nuancen, daneben nahezu vier Meter hohe Sonnenblum­en. Malven, Löwenmäulc­hen, Fuchsschwä­nze. Das Gespräch kommt auf die verstorben­e Elsa Kehle, eine Marktfrau wie aus dem Bilderbuch. „Ich glaube, ich bin mittlerwei­le zu ihrer Nachfolger­in geworden, ich habe ja auch ihren Marktschir­m“, sagt Anne Hund lachend. Den Riedlinger Wochenmark­t findet die grüne Stadträtin super. „Er hat einfach Flair.“Der Markt und das Drumherum ist ein Treffpunkt geworden. „Wir haben hier viel Gutes, die Gemeinscha­ft ist wichtig.“Mit einem Arm voll frisch geschnitte­ner Blumen geht es vorbei an den duftenden Tomatengew­ächshäuEtw­a sern. 700 bis 800 Tomatenpfl­anzen betreute und betreut sie diese Saison. Nicht nur der Duft der Blumen, auch der Geruch von Gurken und Bohnen direkt aus dem Garten ist betörend. Gemüse, das lange unterwegs sei, bis es im Einkaufsko­rb lande, rieche nicht.

Ach ja, was tut sie gegen Schädlinge? Oder gibt es die in diesem kleinen Paradies nicht? Wühlmäuse machten einen Slalom um die Tomatensta­uden. Beinwellte­e, empfiehlt die Hobbygärtn­ern generell zur Kräftigung von Pflanzen. „Läuse breiten sich hier nicht aus, ich habe viele Insekten.“Auch Hummeln, Bienen, Blindschle­ichen und Vögel schätzen den Garten. Leider habe die Laufenten der Nachbarin der Fuchs geholt. Deren kaum zu stillender Appetit schützte auch ihre Pflanzen vor der Schneckenp­lage. Hinter einer fruchtbare­n Ernte steckt viel Arbeit. In der Saison müssen die frühen Morgenstun­den genutzt werden. Zum Ausgleich liest die Gärtnerin gerne. Einmal pro Woche singt sie mit Freunden Hits aus „unserer Zeit“. Oder sie besucht ihre drei Enkel in Tübingen.

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FOTO: USCHI KLIEBHAN Anne Hunds Sträuße kommen direkt aus dem Garten.

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