Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
In 15 Monaten um die Welt
Vor 90 Jahren startet der „Koenig der Lüfte“seinen Weltflug – Ausstellung in Wennedach
WENNEDACH - Im August 1928 ist Friedrich Karl Freiherr Koenig von und zu Warthausen mit einem 20-PSLeichtflugzeug von Berlin-Tempelhof in Richtung Moskau aufgebrochen. Der 22-Jährige will den Hindenburg-Pokal als Anerkennung für seine fliegerische Leistung gewinnen und in ein paar Tagen wieder zurück sein. Doch sein Flug dauert 15 Monate und führt ihn um die ganze Welt. Koenig geht in die Geschichtsbücher ein. Die Dorfgemeinschaft Wennedach widmet dem „Koenig der Lüfte“, der lange auf Schloss Sommershausen lebte, eine Ausstellung mit dem Titel „90 Jahre Weltflug“. Zu sehen ist diese ab dem 1. September.
Die Rückkehr des Barons in seine Heimat geriet im November 1929 zum Triumphzug. Die Straßen Biberachs waren mit Fahnen geschmückt, die Menschen jubelten Koenig zu. Das Stadttheater, in dem gefeiert wurde, war mit mehr als 700 Gästen überfüllt. Der süddeutsche Rundfunk übertrug die Veranstaltung, der oberschwäbische Adel gab sich die Ehre. Koenig war ein Star, sein Weltflug eine Sensation. Die DaimlerBenz AG – den 20-PS-MercedesFlugmotor hatte Ferdinand Porsche entwickelt – warb auf einem Plakat gar mit einer „fast märchenhaften Rekordleistung“.
Tatsächlich hatte bis dahin kein Mensch einem solch kleinen Motor einen derart weiten Flug zugetraut. Vor seinem Abflug Richtung Moskau war der junge Oberschwabe von erfahrenen Fliegern gewarnt, von manchen gar belächelt worden. Und nach 16 Stunden und mehr als 1600 Kilometern musste er kurz vor der russischen Hauptstadt tatsächlich notlanden. Doch davon ließ sich Koenig nicht entmutigen, zumal er erfuhr, dass dieser Flug noch nicht für den Gewinn des mit 10 000 Mark dotierten Hindenburg-Pokals reichte. Koenig setzte seine Reise fort: Er flog nach Aserbaidschan, überquerte das Kaukasusgebirge, die Wüsten Persiens und kam über Indien und Birma nach Thailand. An Heiligabend 1928 erreichte den Baron die Nachricht, dass er den Hindenburgpokal gewonnen hatte. „Ein schöneres Weihnachten konnte ich mir trotz der tropischen Hitze nicht denken“, erzählte er später. Das Abenteuer war mit dem Gewinn des Hindenburgpokals aber nicht zu Ende – Koenig meldete sich sogleich erneut für den Wettbewerb an.
Bis 1973 in Sommershausen
Der spektakuläre Weltflug jährt sich nun zum 90. Mal. Die Dorfgemeinschaft Wennedach und der Sohn des Piloten, Hans-Christoph Freiherr Koenig von und zu Warthausen, rücken den „leuchtenden Stern, der vom Himmel wie ein Komet hernieder ging“(so schrieb der „Bote von Teheran“1928) deshalb wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Zumal ein Vortrag über den Weltflug in der alten Wennedacher Schule vor zweieinhalb Jahren bereits auf großes Interesse stieß. „Uns ist es wichtig, dass diese Leistung des Barons nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Aloisia Wespel, eine der Organisatorinnen. Vor allem den älteren Wennedachern ist der Weltflieger auch mehr als 30 Jahre nach dessen Tod noch ein Begriff, hatte er doch nach dem Krieg das väterliche Hofgut Sommershausen übernommen und bis zum Verkauf 1973 geführt. „Er hat uns Jungs oft vom Flug erzählt, wir waren wie gefesselt“, berichtet Wolfgang Kasper. „Das ist mir gut in Erinnerung geblieben.“
Aufgeteilt ist die bis zum 30. November dauernde Ausstellung in zwei Bereiche. Einer widmet sich der Familie von Koenig, der andere dem Weltflug. Ausgestellt sind unter anderem ein Modell des Flugzeugs, das Bordbuch, Zeitungsausschnitte aus der ganzen Welt, ein Tablett des Flugzeugbauers Klett, auf dem die Strecke des Weltflugs eingraviert ist, und die zwei Bücher, die Koenig über seinen Flug geschrieben hat. In den Manuskripten dazu hielt er auch seine Begegnung mit dem gebürtigen Laupheimer Carl Laemmle in Hollywood fest. In den Büchern selbst, erschienen 1932 und 33, ist das Treffen mit dem Landsmann jüdischen Glaubens nicht zu finden. Zu sehen sind in Wennedach außerdem Aufnahmen, die Filmpionier Laemmle vom Baron im Flugzeug gemacht hat. Überhaupt traf Koenig auf seiner Reise viele berühmte Persönlichkeiten der damaligen Zeit. „Er kam mit vielen Prominenten zusammen“, weiß auch Mitorganisator Johannes Angele, dessen Vater im Jahr 2000 ein Buch über den Weltflug publiziert hat. So traf der junge Pilot beispielsweise Mahatma Gandhi, den ersten asiatischen Nobelpreisträger Tagore, Henry Ford oder Charles Lindbergh. „Er war ein Botschafter für Deutschland“, sagt Angele.
Auch bei König Prajadhipok von Siam, dem heutigen Thailand. Von der Kronprinzessin Pantip Tanim bekam Koenig einen Siamkater geschenkt, der ihn die restliche Reise begleitete und auch später noch auf Schloss Sommershausen lebte. Weiter ging es für den jungen Abenteurer nach Singapur, wo er seinen Flieger auf ein Dampfschiff verfrachtete und nach Japan übersetzte. Von Osaka flog er nach Tokio, von dort per Schiff nach San Francisco. Zahlreiche Stationen in Amerika folgten, ausgerechnet ein Autounfall beraubte Koenig sämtlicher Chancen beim Versuch, den Hindenburgpokal erneut zu gewinnen.
20 Notlandungen
In New York bestieg er einen Dampfer nach Bremerhaven und kehrte nach seinem 15-monatigen Weltflug in die Heimat zurück. 20 Notlandungen sind in seinem Tagebuch festgehalten, der Pilot selbst blieb bis auf ein paar Blessuren verschont. „Es hätte an mehreren Stellen vorbei sein können, er hat viel Glück gehabt“, sagt Johannes Angele. Doch Koenig hatte seinen Weltflug gemeistert. Mit einer Ausrüstung, die zu Beginn seiner Reise aus 20 Litern Benzin, Leuchtraketen, Bananen, einer Thermosflasche Tee, einer Zahnbürste und 40 Reichsmark bestanden hatte.
Die Ausstellung ist vom 1. September bis zum 30. November samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Gruppen können unter Telefon 07352/8894 Führungen vereinbaren. Erwachsene zahlen zwei Euro Eintritt, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre einen Euro. Einen Vortrag zum Weltflug gibt es am Donnerstag, 22. November, 19 Uhr, in der Kapfhalle Ochsenhausen durch Hans Christoph Freiherr von Koenig.