Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Genua kann in Riedlingen nicht passieren
Wegen Kontrollstandards für Brücken wird Einsturz ausgeschlossen.
RIEDLINGEN/LANDKREIS - Kann ein Brückeneinsturz wie Mitte August in Genua auch in Riedlingen oder dem Landkreis passieren? „Das halte ich für völlig ausgeschlossen“, sagt Tanja Weber, Leiterin des Straßenamts des Landkreises. Auch der Riedlinger Tiefbauamtsleiter Peter Dorn, kann sich ein vergleichbares Unglück aufgrund der hohen Kontrollstandards, die für Brücken gelten, in der Region nicht vorstellen. Die Brücke mit der schlechtesten Bewertung – die Kanalbrücke – wurde in Riedlingen gerade erneuert.
Damit eine möglicherweise marode Brücke nicht übersehen wird, sind die Kontrollintervalle in einer bundesweiten Vorschrift, der DIN 1076, genau geregelt. So wird im Landkreis jede Brücke in etwa halbjährlichem Turnus von der Straßenmeisterei besichtigt. „Damit können Schäden oder Setzungen erkannt werden“, so die Straßenamtsleiterin. Alle drei Jahre erfolgt eine sogenannte einfache Prüfung, bei der ein Bauingenieur des Straßenamts mit einer Zusatzausbildung die Brücken genauer in Augenschein nimmt. „Das war bei uns 2015 der Fall“, sagt Weber.
Alle sechs Jahre steht bei den Brücken die Hauptprüfung an. Dabei nimmt ein externes Ingenieurbüro jede Brücke von allen Seiten ganz genau unter die Lupe und klopft Bauteile ab. „Dabei werden auch die Brückenlager und die Übergangskonstruktionen zur Fahrbahn kontrolliert. Das ist alles zeitaufwendig und kostenintensiv“, sagt Tanja Weber. In den Kategorien Verkehrssicherheit, Dauerhaftigkeit und Standsicherheit werden die Brücken anschließend benotet und ihr Gesamtzustand beurteilt. Im Notenbereich zwischen eins und drei besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf, ab Note vier muss sofort gehandelt werden.
Die Note 3,7 hatte die Kanalbrücke in Riedlingen bei der letzten Prüfung bekommen. Deshalb habe bei der auch Handlungsbedarf bestanden, so Peter Dorn. Alle anderen Brücken seien bis auf zwei in gutem bis befriedigendem Zustand. 30 000 Euro musste die Stadt für 16 Brücken bei der letzten großen Prüfung 2015 bezahlen. „Die Standsicherheit ist momentan bei keiner Brücke ein Problem“, so Peter Dorn. Über kurz oder lang müsse allerdings die Schwarzachbrücke in der Hindenburgstraße entweder saniert oder neu gebaut werden. Und die Röthenbachbrücke in Neufra beim „Adler“ist auch nicht in bestem Zustand. „Aber drüberfahren kann man über alle“, so Dorn. Die nächste große Prüfung stehe 2021 an. Bei den neuen Brücken würde künftig gleich saniert, wenn ein Schaden festgestellt werde.
„Brückentrupp“ist unterwegs
„Bei den Brücken, für die wir als Landkreis zuständig sind, gibt es derzeit keinen Bedarf, unmittelbar etwas zu machen“, sagt auch die Straßenamtsleiterin. Die Brücken seien in sehr gutem bis gutem Zustand. Damit dies so bleibt, sind zwei Mitarbeiter der Straßenmeisterei in Warthausen während der Sommermonate als „Brückentrupp“unterwegs und reparieren kleinere Schäden und Abplatzungen sofort. „Das vermeidet größere Sanierungsfälle und spart langfristig auch Kosten“, sagt die Straßenamtsleiterin.
Handlungsbedarf bestand in Einzelfällen dennoch. „Das Gesamtgewicht von Lastwagen hat in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zugenommen und wir mussten sichergehen, dass die Brücken die Last auch tragen können“, sagt Tanja Weber. So habe man in einigen Fällen die Fahrbahn auf der Brücke verengen müssen, damit nur jeweils ein Fahrzeug drüberfahren kann, so zum Beispiel geschehen an der Rißbrücke in Winterstettenstadt.
Diese wie auch die Rißbrücke bei Rißegg, die Schussenbrücke in Otterswang sowie die Brücke über einen Feldweg bei Dissenhausen sollen 2020/21 saniert werden. Bereits im kommenden Jahr lässt der Kreis die Brücke über die Rottum bei Reinstetten (Kreisstraße 7527), zwei Brücken über Feldwege zwischen Reinstetten und Wennedach sowie eine Brücke über die Bahnlinie bei Ummendorf (K 7502) ertüchtigen. Für alle diese Maßnahmen wurde Geld aus dem Brückenfonds des Landes beantragt oder bereits bewilligt.
In Deutschland werden die Brücken penibel geprüft. Darin liege der Unterschied zu dem Unglück in Italien. Dort sind Straßen und Brücken privatisiert. Ein privater Betreiber möchte damit in erster Linie Geld verdienen und kümmert sich unter Umständen nicht so genau um den Zustand des Bauwerks wie eine Kommune oder das Land. Da schiebe man eine Instandsetzung aus Kostengründen vielleicht auch mal etwas hinaus. „Das ist bei uns nicht der Fall“, so Dorn.
„Die Standsicherheit ist momentan bei keiner Brücke ein Problem.“Peter Dorn