Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Cruisen mit der Nähmaschin­e

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Die Deutschen sind Automuffel. Genau gesagt, ihnen brennt die Zylinderko­pfdichtung durch beim Gedanken an Elektroaut­os. Mit Elektro verbindet der Deutsche Haarföhn und Toaster. Schon bei angetriebe­nen Zahnbürste­n fragt er den Drogerieve­rkäufer: „Wie viel PS hat die?“Kein Wunder, dass Elektroaut­os hierzuland­e noch seltener sind als Autofahrer, die die rechte Spur benutzen. Einer Studie zufolge steigt die Nachfrage bald aber an, aus zwei Gründen.

1. Elektroaut­os sollen absehbar nicht mehr kosten als Benziner. Aber ist das wirklich ein Argument? Fahren junge Deutsche doch problemlos Autos auch für 100 000 Euro, zahlen 1000 Euro und mehr für die Leasingrat­e – und wohnen günstig bei Mutti.

2. Bisher ist die Reichweite von Elektroaut­os mau, auch das soll sich ändern. „Wozu?“, fragen sportliche Fahrer, die ihre Oberklasse­limousinen Samstagabe­nd lediglich die Hauptstraß­e hoch und runter bewegen und zwischendu­rch eine „Reise“zum nächsten McDonald’s antreten.

Es ergeben sich weitere Probleme: Was für einen Sinn bitte soll Cruisen in der Stadt, also das entspannte Fahren, machen, wenn niemand einen hört – und damit womöglich auch nicht sieht? Dramatisch, genauso wie der Spott des Nachbarn: „Wieso fährst du eine Nähmaschin­e mit Spoiler?“Allerdings nur halb so schlimm wie die Frage der weiblichen Beifahreri­n im Elektroaut­o: „Bist du ein Öko?“Ist der Schock verdaut, lautet die smarte Antwort: „Nein, Schatz. Die CO2-Bilanz eines E-Autos ist nicht viel besser als die eines Autos mit effiziente­m Verbrennun­gsmotor.“Es gibt also noch Hoffnung. (dg)

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FOTO: DPA Hier wird die Nähmaschin­e angeschlos­sen.

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