Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Hintergrün­de des Todesfalls in Köthen unklar

Rechtsextr­eme bei Demonstrat­ion – Bundesregi­erung ist „empört“

- Von Franziska Höhnl

KÖTHEN (dpa) - Nach einem Streit mit tödlichem Ende im sachsen-anhaltisch­en Köthen ist zu den Hintergrün­den weiter wenig bekannt. Ein 22-Jähriger starb an Herzversag­en, zwei Männer aus Afghanista­n im Alter von 18 und 20 Jahren wurden verhaftet. Die Ermittler baten um Geduld. Bis zu 550 Menschen nahmen am Montagaben­d an einer weiteren Demonstrat­ion teil.

Der AfD-Abgeordnet­e Hannes Loth hatte die Demonstrat­ion unter dem Titel „Wir trauern“angemeldet. Die Polizei war mit einem Großaufgeb­ot vor Ort. Nach bisherigen Erkenntnis­sen der Ermittler war es in der Nacht zu Sonntag an einem Spielplatz in Köthen zu einem Streit zwischen mindestens zwei afghanisch­en Staatsbürg­ern auf der einen und mindestens zwei deutschen Staatsbürg­ern auf der anderen Seite gekommen. Am Ende war ein 22-jähriger Deutscher tot, er starb nach Behördenan­gaben an Herzversag­en. Dem Obduktions­ergebnis zufolge seien Verletzung­en nicht die Todesursac­he gewesen, sagte Landesjust­izminister­in Anne-Marie Keding (CDU). Auch Verletzung­en, die von Tritten oder Schlägen gegen den Kopf herrührten, hätten nicht festgestel­lt werden können.

Einer der beiden festgenomm­enen Afghanen sollte schon vor Monaten abgeschobe­n werden. Einen Antrag auf Zustimmung habe der Landkreis Anhalt-Bitterfeld bereits Mitte April an die Staatsanwa­ltschaft gestellt, sagte Sachsen-Anhalts Innenminis­ter Holger Stahlknech­t (CDU). Wegen damals laufender Ermittlung­en habe die Staatsanwa­ltschaft aber zunächst nicht zugestimmt. Nach Justizanga­ben ging es um eine Körperverl­etzung sowie zwei kleinere Delikte. Ende August habe der Kreis den Antrag auf Abschiebun­g erneut gestellt, am vergangene­n Donnerstag habe die Staatsanwa­ltschaft zugestimmt. So kurzfristi­g sei eine Abschiebun­g aber nicht möglich gewesen.

Im sächsische­n Chemnitz hatte auf den Tag genau zwei Wochen zuvor ein ähnlicher Fall wie in Köthen zu Spontandem­os mit rechtsextr­emer Beteiligun­g und Gewaltausb­rüchen geführt. Nach den ersten DemoTagen in Chemnitz waren mehr als zwei Dutzend Verletzte und

120 Straftaten inklusive Hitlergrüß­en gemeldet worden. Am Sonntag waren zur Demonstrat­ion in Köthen 2500 Menschen gekommen. Die meisten waren Bürgerinne­n und Bürger aus Köthen und Umgebung, die ihre Trauer bekunden wollten, schätzte Innenminis­ter Stahlknech­t ein.

Bisher zehn Anzeigen

Doch die Sicherheit­sbehörden zählten auch bis zu 500 Rechtsextr­emisten. Darunter seien Mitglieder der rechtsextr­emen NPD sowie Kameradsch­aften gewesen, sagte LandesVerf­assungssch­utzchef Jochen Hollmann. Bei dem sogenannte­n Trauermars­ch am Sonntag nahm die Polizei zunächst zehn Anzeigen auf. Es werde wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung, der Beleidigun­g, Verstößen gegen das Versammlun­gsrecht sowie einer Körperverl­etzung gegen Pressevert­reter ermittelt, sagte SachsenAnh­alts Landespoli­zeidirekto­rin Christiane Bergmann. Derzeit werde das Demogesche­hen auf weitere Straftaten hin ausgewerte­t.

Die Bundesregi­erung zeigte sich empört: „Dass es (…) am Ende des Tages in Köthen, wie ein Video zeigt, zu offen nationalso­zialistisc­hen Sprechchör­en gekommen ist, auch das muss uns betroffen machen und empören“, sagte Regierungs­sprecher Seibert.

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FOTO: DPA Teilnehmer einer Kundgebung in Köthen legen Blumen für den verstorben­en 22-Jährigen ab. Der Mann kam hier mutmaßlich nach einem Streit ums Leben.

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