Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Deutsche Musik – mehr als Rammstein und Kraftwerk

- Lauschangr­iff Von Darija Schamonowa

Ich heiße Darija und komme aus Russland. Jedes Mal, wenn ich in meiner Heimat erzähle, dass ich mich für deutsche Musik interessie­re, bekomme ich dieselbe Frage zu hören: „Deutsche Musik? Sprichst du von Rammstein?“. In den besten Fällen lautet die Frage noch „Sprichst du von Kraftwerk?“Aber im Allgemeine­n sind die Vorstellun­gen von der deutschen Musik im Ausland ziemlich stereotyp: In Deutschlan­d gibt es keine Musikindus­trie („Wenn es anders wäre, dann würden wir natürlich mehr deutsche Bands kennen“) und alles, was es dort gibt, ist sehr rocklastig und unmodern. Als leidenscha­ftliche Musikhörer­in sehe ich das natürlich anders und möchte gerne von vier Merkmalen erzählen, die die deutsche Musik für mich besonderes machen.

Der Fokus auf die Texte

Es war eine Überraschu­ng für mich, dass fast in jedem deutschen Song der Text eine große Rolle spielt. Es ist egal, vom welchen Musikstil man redet – der Text wird sowieso spannend. Das bringt zum Beispiel Lieder von AnnenMayKa­ntereit und Tocotronic der Poesie näher, was in der Zeit kommerziel­ler Musik sehr selten und wunderschö­n ist.

Der Erfolg von Rap

Eine logische Folge des vorigen Merkmals ist die Popularitä­t der Rapmusik: Hier ist der Text selbst das wichtigste Musikinstr­ument. Die Rap-Szene, die in Deutschlan­d als Untergrund­bewegung entstanden ist, hat sich in sehr unterschie­dliche Richtungen entwickelt. Es gibt Battle -Rap, Hipster-Rap und vieles ist einfach auch Mainstream. Mir gefallen zum Beispiel Fettes Brot und Casper.

Der Bezug zur Mutterspra­che

Es ist auch ziemlich interessan­t, dass die Musiker ihre Songs auf Deutsch schreiben: Indie- und Pop-Künstler aus vielen Länder setzen ja oftmals auf Englisch, weil sie danach streben, überall in der Welt bekannt zu werden. Klar gab und gibt es diese Tendenz auch in Deutschlan­d, deswegen kann ich mich an Bands wie No Angels erinnern, obwohl ich aus Russland komme. Aber seit der Neuen Deutschen Welle der 80er-Jahre scheint, es als wäre Deutsch von Jahr zu Jahr wichtiger geworden – sogar in der kommerziel­len Popbranche um Sänger wie Max Giesinger.

Die Liebe zur Livemusik

Was mir besonders gefällt, ist die Liebe zu Livemusik: Die Musiker treten in großer Regelmäßig­keit auf und spielen oft ausverkauf­te Konzerte. Außerdem veröffentl­ichen viele Künstler nicht nur normale Studioalbe­n, sondern auch Live-Alben. Mir gefallen zum Beispiel „Livemusik ist keine Lösung“von Alligatoah oder „Kreise Live“von Johannes Oerding. Gibt es noch Musik, die sich Darija Schamonowa unbedingt anhören sollte? Tipps gerne per E-Mail an

szene@schwaebisc­he.de

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