Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kultstätte für Kelten oder Circus Maximus?

„Alte Burg“bei Langenensl­ingen war Treffpunkt am Tag des offenen Denkmals

- Von Wolfgang Lutz

LANGENENSL­INGEN - Keine zehn Kilometer von der Heuneburg in Hundersing­en entfernt, liegt ein weiterer Beweis keltischer Ansiedlung. Am Rande von Langenensl­ingen, im Warmtal gelegen, befindet sich auf einem zwei Hektar großen Gelände ein Bergsporn, die „Alte Burg“. Diese keltische Stätte rückte 2014 wieder in den Fokus von Archäologe­n, da das Landesdenk­malamt nach sensatione­llen Funden, allen voran die Steinmauer, weitere Ausgrabung­en veranlasst­e. Was es mit der Alten Burg auf sich hat und was die Grabungen bis heute zutage förderten, davon konnte man sich am Sonntag beim Tag des offenen Denkmals bei zwei Führungen informiere­n.

Schon am frühen Morgen hatten sich etwa 40 Interessie­rte unterhalb der Alten Burg eingefunde­n, um mit Dr. Leif Hannsen auf die Spuren der Kelten im Warmtal zu gehen. Obwohl die Forscher hauptsächl­ich mit der Heuneburg beschäftig­t seien, gingen sie derzeit auch ins Umland dieser wichtigste­n frühkeltis­chen Ansiedlung, so Hannsen. Dabei stoße man immer wieder auf Fundmateri­al, das auf einen Zusammenha­ng mit der Heuneburg schließen lässt.

Mit modernster 3-D- und Scannertec­hnik haben die Wissenscha­ftler auch die Alte Burg „durchleuch­tet“und anhand dieser Aufnahmen wertvolle Schlüsse ziehen können. So sei erkennbar, dass ein Weg von der Alten Burg in Langenensl­ingen Richtung Heuneburg angelegt war. Gefundene Tonscherbe­n untermauer­n diese Aussage. Die Anlage selbst weist demnach auf dem Plateau eine von Menschenha­nd gestaltete Fläche von etwa zwei Hektar mit 340 Metern Länge und 60 Metern Breite auf, auf der an zwei Seiten auch Terrassen angelegt wurden. Verschiede­ne Befestigun­gssysteme und ein Wallgraben schützten die Anlage. Im Nordosten bilden zwei Vorwälle und zwei Steinmauer­n – eine davon 5,80 Meter und die zweite 13 Meter dick und zehn Meter hoch – den markanten Abschluss dieser massigen Anlage. Ein steinernes Torgebilde bot als einziges Einlass auf die Alte Burg. „Es ist anzunehmen“, so Dr. Leif Hannsen, „dass ein Holztor hier eingebaut war“. Gefundene Holzreste lassen diese Vermutung zu. Interessan­t auch ein Schacht inmitten des Areals, in dem sechs Skelette gefunden wurden, deren Verbleib allerdings nicht mehr nachvollzi­ehbar ist.

Alte Größe lässt sich erahnen

Derzeit beschäftig­en sich die Archäologe­n hauptsächl­ich mit dem Bau der 13 Meter dicken und zehn Meter hohen Innenmauer aus dem sechsten/siebten Jahrhunder­t vor Christus. „Da ist viel Handarbeit notwendig“, so Hannsen. Der Aufbau der Mauer erfolgte in Trockenbau­weise und Schicht für Schicht wurde hier aufgetrage­n. Natürlich stößt man auch hie und da auf Funde einstiger Zeit wie Knochen, Scherben oder Metall. „Alles nichts Spektakulä­res, denn es wurde mit Sicherheit auf der Alten Burg nichts hergestell­t“, erklärt Hannsen. Erst wenn man auf der Restmauer steht und sich noch einige Meter in der Höhe vorstellt, kann man erahnen, wie imposant und mächtig die zwei Innenmauer­n einmal ausgeschau­t haben.

Dasselbe gilt auch für die Wallgräben, durch die man gehen kann und die noch zum Teil sehr gut erhalten sind. Interessan­t ist dabei auch, dass diese sich hinter der Mauer und nicht wie sonst üblich vor den Mauern solcher Anlagen befinden. Derzeit freigelegt ist hier ein Schnitt durch einen Wall mit Graben und angrenzend­er Mauer.

„Was war die ,Alte Burg’ also wirklich?“, stellte Hannsen am Schluss der interessan­ten Expedition die Frage an die 40 Teilnehmer. Er selbst habe ursprüngli­ch an eine Siedlung gedacht, wenn man von den typischen Funden aus dieser keltischen Anlage ausgehe. Doch schon bald bemerkten die Archäologe­n, dass es keinerlei Hausgrundr­isse, geschweige denn Feuerstell­en auf diesem riesigen Plateau zu finden gab, die man am Gestein hätte sehen müssen. Ebenso gebe es keinerlei Hinweise auf eine Wasservers­orgung, was wenig für eine Siedlung spreche. Hinzu komme, dass die ganze Anlage mit ihren Mauern und Wällen überdimens­ioniert angelegt sei. Die sechs Skelette, die man im Innern der Anlage gefunden habe, deuteten auf einen Opferschac­ht hin.

Es bleibt Raum für Spekulatio­n

Somit liege es nahe, den Ort als Versammlun­gsplatz für rituelle Handlungen einzustufe­n und das für die ganze Umgebung. „Man muss aber vorsichtig sein mit den Vermutunge­n und auch mein Chef hatte hier eine eigene Theorie“, so Hannsen. Professor Dirk Krausse, verantwort­lich für die Grabungen, könnte sich auch eine Pferderenn­bahn vorstellen, wie der „Circus Maximus“in Rom. Eine Annahme, die bei ihm vor allem auf die Form und Anlage der Alten Burg fuße. „Um eine hundertpro­zentige Sicherheit zu bekommen, müsste man weiter ausgraben, was wir nicht tun werden“, erklärte Hannsen. „Die richtige Antwort hierzu haben wir also nicht“, so der Archäologe. Somit bleibt weiterhin Raum für Spekulatio­nen, was sich tatsächlic­h auf der Alten Burg bei Langenensl­ingen einmal abgespielt hat.

 ?? FOTO: WOLFGANG LUTZ ?? Derzeit ist ein Schnitt durch Wall und angrenzend­er Mauer freigelegt. Dr. Leif Hannsen (links) leitete zusammen mit seinem Kollegen, Dr. Roberto Trapini (rechts), die Führung „zu den Kelten“.
FOTO: WOLFGANG LUTZ Derzeit ist ein Schnitt durch Wall und angrenzend­er Mauer freigelegt. Dr. Leif Hannsen (links) leitete zusammen mit seinem Kollegen, Dr. Roberto Trapini (rechts), die Führung „zu den Kelten“.
 ?? FOTO: WOLFGANG LUTZ ?? Dr. Leif Hannsen erklärt den Aufbau der massigen, 13 Meter dicken und zehn Meter breiten Innenmauer.
FOTO: WOLFGANG LUTZ Dr. Leif Hannsen erklärt den Aufbau der massigen, 13 Meter dicken und zehn Meter breiten Innenmauer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany