Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Internetbe­trüger überlisten Laupheimer

Angebliche Microsoft-Mitarbeite­r verschaffe­n sich Zugriff auf das Bankkonto

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Internetbe­trügern, die sich als Mitarbeite­r der Firma Microsoft ausgaben, ist ein Laupheimer aufgesesse­n. Er möchte andere warnen, damit es ihnen nicht ähnlich ergeht.

Gegen 9.30 Uhr klingelt bei Hans Maier (Name von der Redaktion geändert) das Telefon. Ein gebrochen deutsch sprechende­r Mann stellt sich als Mitarbeite­r des SoftwareRi­esen Microsoft vor. Man habe Warnungen von Maiers Computer erhalten, wonach dieser PC gehackt worden sei. „Ich verbinde Sie mit unserem Techniker“, sagt der Mann. Sekunden später meldet sich ein gewisser „Justin Long“. Er wolle helfen, Ungemach abzuwenden. Und legt los. „Der hat sich augenschei­nlich in meinen Computer eingeklink­t“, erzählt Maier. Warnhinwei­se ploppen jetzt auf dem Bildschirm auf, werden gelöscht, Fenster wie von Geisterhan­d geöffnet, Ordner verschoben.

Maier beginnt Vertrauen zu fassen. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dem Mann noch keine Zugangsdat­en mitgeteilt“, sagt er. „Aber so wie er auf meinem Bildschirm herumgefuh­rwerkt und den Computer gesteuert hat, dachte ich mir: Er muss ja wohl von Microsoft sein.“Nun gibt es durchaus Möglichkei­ten, auch ohne Passwort auf einen PC zuzugreife­n. Zum Beispiel dann, sagen Experten, wenn sich zuvor über den Anhang einer Spam-Mail eine Schadsoftw­are einnisten konnte, die einen rettenden Eingriff von außen vorgaukelt.

Irgendwann bittet der vermeintli­che Microsoft-Techniker dann doch um das Passwort. Er benötige es, um Risiken für Maier beim Online-Banking und bei der Nutzung des Bezahldien­stes PayPal zu beseitigen.

Maier, der just an diesem Tag Geburtstag hat („da ist man mit den Gedanken eigentlich woanders“), nennt dem angebliche­n Helfer das Passwort. Woraufhin er gesagt bekommt, Microsoft werde nun eine spezielle Software aufspielen, um die Gefahr zu beseitigen. Maier möge den PC herunterfa­hren und in den folgenden 24 Stunden nicht mehr einschalte­n.

Fragliche Überweisun­gen

Postwenden­d schickt PayPal Warnungen auf Maiers Handy: Es seien fragliche Überweisun­gen im Gang. „Das kam mir dann komisch vor“, sagt er. Ein Bekannter, dem er die Geschichte erzählt, schlägt Alarm: Sofort den Stecker ziehen und die Bank kontaktier­en.

Tatsächlic­h sind bereits Abbuchunge­n erfolgt und Überweisun­gen auf ein Konto in den Niederland­en gelaufen, kleinere, eher unauffälli­ge Beträge, die sich auf 350 Euro summieren. „Es hat sich alles noch zurückhlen lassen“, sagt Maier erleichter­t. Am nächsten Tag wäre das womöglich nicht mehr gegangen. Mit der Weisung, den PC 24 Stunden ausgeschal­tet zu lassen, wollten die Betrüger also offenkundi­g Zeit gewinnen. Ebenso mit der Aufforderu­ng, Maier möge während der „Schadensbe­seitigung“sein Handy ausschalte­n.

Maier hat bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Seinen PC lässt er von einem Fachmann überprüfen. Seine Antennen für Betrugsver­suche sind geschärft.

Der Polizei ist die „Microsoft-Masche“, die es in etlichen Abwandlung­en gibt, sattsam bekannt. Und längst nicht alle Vorfälle würden angezeigt, sagt eine Sprecherin des Ulmer Präsidiums. „Die Dunkelziff­er liegt mit Sicherheit viel höher.“

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JAN-PHILIPP STROBEL/DPA FOTO: Angebliche Hilfe, die keine ist: Internet-Betrüger geben sich am Telefon gern als Microsoft-Techniker aus.

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