Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schmähbrie­fe gegen Deutsche treiben Ort in Tirol um

Seit Monaten werden an Autos Zettel mit Anti-Piefke-Hetze geheftet – Viele Bewohner sind verstört

- Von Corinna Konzett

WEISSENBAC­H - „Piefke bleib zu Hause“und „Wir mögen euch wirklich nicht. Kapiert das doch endlich“– das steht auf Zetteln, die seit Monaten für Wirbel im kleinen Ort Weißenbach am Lech in Tirol sorgen. Immer wieder klemmen diese Zettel an Windschutz­scheiben von Autos mit deutschen Kennzeiche­n, die in dem Ort etwa 20 Kilometer hinter der Grenze zu Bayern geparkt wurden.

„Wir brauchen und wollen euch Deutsche in Tirol/Österreich nicht!! Merkt ihr das nicht!? Ihr verursacht bei uns im Land nur Lärm, Staus, Müll, Dreck und schlechte Laune“, schreibt der wütende Tiroler weiter. Außerdem stört es ihn, dass die deutschen Nachbarn während ihrer Ausflüge nach Österreich nicht genug konsumiere­n: „Ihr habt eh kein Geld zum Ausgeben und bringt nur billige und ungesunde Lidl-Brotzeit mit“, steht auf den Zetteln.

Mittlerwei­le sind die „PiefkeBrie­fe“nicht mehr das einzige, was an den deutschen Autos zurückgela­ssen wurde. Bei mehreren Autos wurde die Luft aus den Reifen gelassen, bei einem sogar die Türen zerkratzt.“In allen Fällen geht es um Autos mit deutschem Kennzeiche­n“, sagt Egon Lorenz, Bezirkspol­izeikomman­dant des zuständige­n Bezirks Reutte. Die Polizei ermittelt nun wegen Sachbeschä­digung.

Es geht vor allem gegen Allgäuer

Die Wut des Autors richtet sich vor allem gegen Allgäuer, denn die besuchten Weißenbach in diesem Sommer besonders oft. Da der Forggensee in Füssen dieses Jahr kein Wasser hatte, wichen viele Allgäuer auf den Baggersee in Weißenbach aus.

Johann Dreier, Bürgermeis­ter der Gemeinde Weißenbach, hat genug von dem Rummel um die Flugblätte­r. Er möchte nichts mehr zu diesem Thema sagen. Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt er nur: „Ich wünsche mir, dass da endlich einmal Ruhe einkehrt.“Auch der ansässige Tourismusv­erband möchte nicht über das „Piefke-Papier“sprechen.

Der Weißenbach­er Wirt Franz Leiss äußert sich dazu, und zwar deutlich. „Diese Zettel sind schlimm. Das ist ein Gehirnkran­ker, der diese Zettel verteilt, und das schadet uns allen“, sagt er. In seinem Restaurant „Sommer 3“bekomme er immer wieder mit, wie Gäste darüber mutmaßen, wer die Flugblätte­r verteile, erzählt Leiss.

Weißenbach­er sind genervt

„Die meisten Einheimisc­hen regen sich über das Schreiben auf. Das hat unsere Gemeinde in ein komplett falsches Licht gerückt und vertritt überhaupt nicht die allgemeine Meinung“, sagt er. Seit Wochen gebe es in der Gemeinde kein anderes Gesprächst­hema mehr. Leiss ist besonders wichtig zu betonen, dass die Zettel nur die Meinung eines Einzelnen ausdrücken: „Wir sind alles andere als ausländerf­eindlich. Wir mögen die Allgäuer sehr gerne und freuen uns, wenn sie zu uns kommen“, sagt er. Und das beweist der Tiroler Wirt selbst: Er ist nämlich mit einer Allgäuerin verheirate­t.

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FOTO: BRIGITTE SUTORIUS Ein Exemplar des Schmäh-Zettels gegen deutsche Besucher.

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