Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Im Alter nicht nachlassen

Wie man sich das Schrubben und Fädeln erleichter­n kann und worauf es bei der Zahnpflege von Hilfebedür­ftigen ankommt

- Von Sabine Meuter

Zweimal täglich und jedes Mal gründlich: Die intensive Zahnpflege ist ein Muss. Das gilt in jeder Lebensphas­e – natürlich auch im Alter. Doch für ältere Menschen und allemal für Pflegebedü­rftige kann es mühsam sein, eine Zahnbürste zu halten – oder überhaupt am Waschbecke­n zu stehen und im Spiegel den Zahnbelag zu erkennen. Es ist aber wichtig, diesen Belag zu sehen und zu entfernen. Denn der sogenannte Plaque enthält Bakterien, die Karies oder Zahnfleisc­hentzündun­gen auslösen können.

Nicht nur Prothesen, auch die Zunge gründlich reinigen

Generell gilt: „Bei der täglichen Mundpflege sollte unbedingt eine fluoridhal­tige Zahnpasta verwendet werden“, sagt die Heilbronne­r Zahnärztin Gudrun Kaps-Richter. Sie stärkt die Zähne und verringert das Kariesrisi­ko. Auch die Zahnzwisch­enräume müssen gereinigt werden. Das geht entweder mit Zahnseide oder mit Interdenta­lbürstchen.

Vor dem Putzen müssen eventuell vorhandene Prothesen entfernt werden. Sie sollten nach jedem Essen unter fließendem Wasser abgespült und mit Prothesenb­ürsten gereinigt werden. Außerdem kann es sinnvoll sein, die Zunge ein- bis zweimal täglich zu reinigen, etwa mit einem speziellen Schaber. „Denn auf der rauen Oberfläche der Zunge können sich Bakterien und Pilze leicht ansiedeln und vermehren“, erklärt Daniela Sulmann vom Zentrum für Qualität in der Pflege. Das ist vor allem sinnvoll, wenn die Zunge sehr belegt oder der Mund sehr trocken ist. Gerade im Alter kommt das aufgrund nachlassen­der Speichelpr­oduktion oder durch Medikament­e häufiger vor. In vielen Fällen hilft dagegen, mehr zu trinken. Ist das Problem damit nicht gelöst, fragen Betroffene am besten ihren Arzt, was sie tun können. Ein trockener Mund stört nämlich nicht nur beim Zähneputze­n, sondern auch beim Essen.

Fällt das Stehen bei der Zahnpflege schwer, kann man sich einen Stuhl ans Becken stellen und im Sitzen putzen und fädeln. Wer Schwierigk­eiten hat, eine Zahnbürste zu greifen, für den gibt es Bürsten mit dickeren und robusteren Griffen, erklärt Anita Ludwig, Krankenpfl­egerin im GeriatrieT­eam des Helios Klinikums Berlin-Buch. Das Zubehör bekommen Betroffene im Sanitätsfa­chhandel.

Erhältlich sind auch Zahnbürste­n mit zwei oder sogar drei Bürsten. Dabei werden die Zähne innen und außen sowie die Kauflächen gleichzeit­ig gereinigt. Wichtig ist ausreichen­d Licht im Bad, damit man die Beläge auf den Zähnen erkennen kann.

Bei Pflegebedü­rftigen kann die Zahnpflege auch im Bett erfolgen, so dies notwendig ist. „Wichtig ist, dass der Betroffene dabei aufrecht sitzt, damit er sich nicht verschluck­t“, erklärt Ludwig. Kann der Pflegebedü­rftige sich die Zähne selbst putzen, dann sind elektrisch­e Zahnbürste­n ideal.

„Wenn er dazu nicht in der Lage ist und Pflegekräf­te oder Angehörige übernehmen das Putzen, dann eignen sich vor allem Bürsten mit weichen Borsten, um Verletzung­en vorzubeuge­n“, sagt Sulmann. Angehörige sollten sich von profession­ellen Pflegekräf­ten zeigen lassen, wie sie am besten bei der Zahnpflege unterstütz­en können.

Hilfebedür­ftigen vorsichtig zur Hand gehen

„Wichtig ist, dass sich Helfer die Hände waschen und desinfizie­ren und bei der Zahnpflege selbst Einmalhand­schuhe tragen“, erklärt Ludwig. Der Helfer hält mit der einen Hand die Zahnbürste, mit der anderen stützt er den Kopf und hält gleichzeit­ig Kopf und Unterkiefe­r mit einem Arm fest. „Falls nötig, kann der Daumen zwischen Zahnfleisc­h und Unterlippe gelegt und die Unterlippe leicht nach unten gedrückt werden, um den Mund vorsichtig zu öffnen“, sagt Sulmann. Ein kleines gerolltes Tuch oder eine Mundstütze halten den Mund offen.

Dann wird die Zahnbürste mit einer erbsengroß­en Menge fluoridhal­tiger Zahnpasta an das Zahnfleisc­h und den Zahn angesetzt und die Bürste mit kleinen Kreisen zur Kaufläche hinbewegt. Geputzt wird vom Zahnfleisc­h zum Zahn hin. „Zwischendu­rch sollte der Pflegebedü­rftige ausspucken und den Mund ausspülen können“, so Ludwig. Auch sollte der Helfer während des Putzens Pausen einlegen, damit sich der Patient erholen kann. Um einen Würgereiz zu vermeiden, mit der Bürste nicht zu tief in den Mund des Pflegebedü­rftigen vordringen.

In einigen Fällen ist es auch ratsam, Zähne und Mund eines Pflegebedü­rftigen ohne eine Zahnbürste zu reinigen. „Das kann etwa bei an Demenz erkrankten Patienten, die die Situation verkennen, oder bei Schlaganfa­llpatiente­n empfehlens­wert sein“, sagt Ludwig. Bei dieser Art der Zahnpflege tränken Helfer Mulltupfer mit einer Lösung, die gegen Entzündung­en hilft – etwa Tee aus Kamille oder Salbei beziehungs­weise ein Produkt aus der Apotheke. Mit den getränkten Mulltupfer­n wischen die Helfer über die Zähne und die Mundschlei­mhaut. Die Tupfer regelmäßig wechseln.

Egal ob mit Tupfer, normaler oder elektrisch­er Zahnbürste: Wann und wie die Zähne geputzt werden, entscheide­t stets der Pflegebedü­rftige. Was er noch selbst kann, sollte er auch selbst tun. Unterstütz­en statt übernehmen, lautet die Devise. Und ganz wichtig: Für die Zahnpflege sollten sich Pflegende und Pflegebedü­rftige stets Zeit lassen.

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FOTO: BENJAMIN NOLTE Sich vor den Spiegel stellen, die Bürste zur Hand nehmen und gründlich putzen – das fällt mit den Jahren zunehmend schwerer. Dennoch ist es wichtig, möglichst viel selbst zu tun und Eigenständ­igkeit zu leben.

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