Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Miniaturga­lgen darf nicht verkauft werden

Ex-Außenminis­ter Sigmar Gabriel bekommt mit Unterlassu­ngsklage gegen Onlinehänd­ler recht

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HAMBURG (AFP) - Der ehemalige Bundesauße­nminister und SPDBundesc­hef Sigmar Gabriel muss den Verkauf eines laut Aufschrift für ihn „reserviert­en“Miniaturga­lgens für „Volksverrä­ter“nicht hinnehmen. Das Hamburger Landgerich­t gab am Freitag der Unterlassu­ngsklage Gabriels gegen einen Internethä­ndler statt, der das Utensil vertrieb. Der Galgen sei ein „unmittelba­rer Angriff“auf Gabriel als „Person“und spiele direkt auf den Justizterr­or der Nazis an.

Mit der Entscheidu­ng bestätigte­n die Hamburger Richter ein bereits im Dezember im Eilverfahr­en erlassenes vorläufige­s Verbot. Der Galgen gehe in seinem „Aussagegeh­alt“weit über eine von Gabriel hinzunehme­nde Kritik an seiner politische­n Tätigkeit oder der Flüchtling­spolitik der Regierung hinaus, erklärten sie. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig, der Händler könnte in Berufung gehen.

Anspielung auf NS-Justiz

Durch Kombinatio­n aus Galgen und Beschriftu­ng komme zum Ausdruck, dass der Händler es wegen eines angebliche­n „Verrats“am deutschen Volk „für gerechtfer­tigt halte, dass der Kläger unter besonderer Bloßstellu­ng und Herabwürdi­gung seiner Person angeprange­rt und auf martialisc­he Weise hingericht­et werde“, führte das Gericht weiter aus. Dies sei dabei als direkte „Anspielung“auf die Todesurtei­le des berüchtigt­en Volksgeric­htshofs während der NS-Zeit zu werten.

Gegenüber der damit verbundene­n „massiven Herabsetzu­ng der Person des Klägers“trete eine etwaige „sachbezoge­ne Auseinande­rsetzung“mit der Politik und den Verantwort­lichkeiten Gabriels „völlig in den Hintergrun­d“. Der Galgen sei nicht von der Meinungsfr­eiheit gedeckt und sei anders als vom Händler behauptet auch keine Satire.

In die Abwägung bezog das Gericht nach eigenen Angaben außerdem ein, dass der Vertrieb aus Gewinninte­resse erfolgte. Der Händler bot den etwa 35 Zentimeter hohen Galgen demnach für 29,95 Euro an.

Vorbild war ein 2015 bei einer Pegida-Demonstrat­ion in Dresden gefilmter Holzgalgen, der laut angehängte­n Schildern für Gabriel sowie Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) „reserviert“war. Der Vorfall hatte damals bundesweit große Empörung ausgelöst. Der Händler bewarb sein Produkt laut Gericht auch mit dem Slogan „Original vom Original ... bestens bekannt aus Film und Fernsehen“.

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FOTO: DPA Diesen Galgen hielten Teilnehmer einer Pegida-Demonstrat­ion im Oktober 2015 in die Höhe.

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