Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Weltklimarat mahnt schnelles Handeln an
UN fordern Trendwende gegen die Erderwärmung – Forscher Latif kritisiert die Politik
BERLIN/INCHEON - Der Weltklimarat hat verstärkte Anstrengungen angemahnt, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Nur durch „schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen“etwa beim Energieverbrauch, in der Industrie und im Transport könnten enorme Schäden für Mensch und Umwelt abgewendet werden, heißt es im Sonderbericht, den die UN am Montag im südkoreanischen Incheon verabschiedete. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen bezeichneten den Report als wichtigen Weckruf. Die Bundesregierung und die Europäische Union gelobten mehr Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel.
Damit die Erderwärmung 1,5 Grad Celsius nicht übersteigt, müsse die Menschheit laut des Berichts den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase drastisch reduzieren. Der sogenannte Nettoausstoß von Kohlendioxid (CO2) müsse bis 2050 auf null sinken. Jede Emission von CO2 müsse dann ausgeglichen werden, etwa durch Aufforstung. Nach den Gesetzen der Chemie und der Physik sei es aber weiter möglich, die Limitierung der Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Der deutsche Klimaforscher Hans-Otto Pörtner, einer der führenden Experten des Gremiums, betonte, jeder noch so kleine Anstieg der Temperaturen habe Auswirkungen. Es drohe der Verlust ganzer Ökosysteme. In der Verantwortung sieht er die Politik. „Die Engpässe liegen klar auf der politischen, der institutionellen Seite“, erklärte Pförtner. Der Hamburger Klimaforscher Mojib Latif sagte hierzu der „Schwäbischen Zeitung“: „Klima ist etwas Langfristiges, die Politik denkt und handelt aber meist eher kurzfristig. Darum passiert auch nie etwas.“
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) räumte ein, dass mehr Anstrengungen notwendig seien. „Wir dürfen beim Klimaschutz keine Zeit mehr verlieren“, erklärte sie. Es sei wichtig, „den Abschied von Kohle, Öl und Gas“hinzubekommen. Um den Sektor Verkehr geht es derweil heute im EU-Umweltrat. Deutschland sperrt sich hier gegen Forderungen nach strengeren Abgasvorgaben für Autos.