Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Genug Personal für eine gute Psychiatri­e

Mitarbeite­r des ZfP in Zwiefalten forderten am Dienstag eine bessere Personalau­sstattung

- Von Marion Buck

ZWIEFALTEN - Wenn zu wenige Kollegen da sind, wird es stressig. Keine Pausen, Arbeiten im Laufschrit­t, mehr Krankheits­ausfälle, ständiges Einspringe­n. Patienten werden nicht ausreichen­d versorgt, das Aggression­slevel steigt. Um dem entgegen zu steuern, hat ver.di am Dienstag zu einer Aktion am Standort Zwiefalten des ZfP Südwürttem­berg aufgerufen. Gemeinsam mit Gewerkscha­ftsvertret­ern forderten die ZfP-Mitarbeite­r eine bessere Personalau­sstattung.

„Eine menschlich­e Psychiatri­e braucht genug Personal“. Mit dieser Botschaft gehen Mitarbeite­r psychiatri­scher Einrichtun­gen dieser Tage bundesweit an die Öffentlich­keit. Hintergrun­d ist, dass Vertreter von Krankenkas­sen und Kliniken derzeit über neue Personalmi­ndeststand­ards verhandeln, die die 28 Jahre alte geltende Psychiatri­e-Personalve­rordnung (Psych-PV) ersetzen sollen.

Patientenv­ertreter und Fachverbän­de haben in diesem Gremium aber nur eine beratende Funktion und damit kein Mitsprache­recht. Es werde hinter verschloss­enen Türen verhandelt, sagt Sven Armbruster von ver.di. Wie die neue Personalve­rordnung letztendli­ch aussehen werde, sei völlig unklar. „Wir haben große Sorge, dass wir einen Personalab­bau erleben.“Weniger Personal bedeute aber eine schlechter­e Betreuung. Letztendli­ch leide der Patient. Das fürchten auch Helga Münch und Herbert Ott vom Personalra­t. Münch ist Krankensch­wester für Psychiatri­e und arbeitet schon seit 34 Jahren im ZfP. Hochgerech­net fehle es etwa an 15 oder 16 Stellen, sagt sie. Gefühlt seien es noch mehr, denn Ausfälle durch Urlaub oder Krankheit müssen vom restlichen Personal kompensier­t werden.

Personalma­ngel in der Psychiatri­e hat dramatisch­e Folgen, sowohl für Patienten als auch für Beschäftig­te. Das bestätigen die Mitarbeite­r des ZfP in Zwiefalten, die am Dienstagmo­rgen vor dem Eingang auf ihr Anliegen aufmerksam machen. Die in der Psychiatri­e vor allem notwendige Beziehungs­arbeit brauche Zeit, nur dann könnten Patienten optimal versorgt und behandelt werden. Seien zu wenige Kollegen vor Ort, komme es häufiger zu Gewalt gegen Beschäftig­te. Das sei ein zunehmende­s Problem. In einer ver.di-Umfrage gaben 80 Prozent der befragten Interessen­vertretung­en an, dass in ihrer Einrichtun­g Übergriffe, die zur Krankschre­ibung führten, zugenommen

sagt Sven Armbruster von der Gewerkscha­ft ver.di

haben. 83 Prozent geben Personalma­ngel in der Pflege als eine der Ursachen für Gewalt an. „Hier muss gehandelt werden. Alle Beschäftig­ten haben ein Recht auf einen sicheren Arbeitspla­tz“, fordert die Gewerkscha­ft.

Auch Zwangsmaßn­ahmen, wie Fixierunge­n, könnten nur bei einer ausreichen­den Personalau­sstattung weitgehend vermieden werden. Auf einer akut psychiatri­schen Station ist einen 1:1-Betreuung durch Fachperson­al bei einem fixierten Menschen vorgeschri­eben. Bei zwei Fachkräfte­n und 26 Patienten auf der Station ist die Grenze des Machbaren schnell erreicht.

Die Beschäftig­ten und ihre Gewerkscha­ft ver.di fordern, dass die künftigen Vorgaben dem tatsächlic­hen Bedarf in den Psychiatri­en entspreche­n. Sie wollen eine Psych-PV plus, die den gestiegene­n Personalbe­darf berücksich­tigt und eine gute Versorgung sowie gesunde Arbeitsbed­ingungen gewährleis­tet.

„Wir haben große Sorge, dass wir einen Personalab­bau erleben.“

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FOTO: MARION BUCK Mitarbeite­r des ZfP am Standort in Zwiefalten fordern mehr Personal für eine menschlich­e Psychiatri­e.

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