Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hohe Zentralität, aber fehlende Passanten
IHK hat den Einzelhandel in 18 Städten in der Region analysiert und miteinander verglichen
RIEDLINGEN - Riedlingen hat weiterhin eine hohe Versorgungsfunktion für die Raumschaft und in der Innenstadt eigentlich einen guten Branchenmix. Doch das Problem für die Läden rund um den Stock ist und bleibt die fehlende Frequenz. Auch der hohe Landenleerstand und der geringe Filialisierungsgrad schlägt negativ zu Buche. Dies geht aus dem Einzelhandelskompendium hervor, das von der IHK nun vorgestellt wurde.Das IHK Einzelhandelskompendium zeigt Zahlen, Daten, Fakten rund um den Handel in 18 Innenstädten in der IHK Region Ulm. Kleinste untersuchte Stadt ist Bad Schussenried mit 8500 Einwohnern, die größte ist Ulm als Oberzentrum mit knapp 124 000 Einwohnern. Um die Frequenz in der Innenstadt messen zu können, wurden an einem Donnerstag und an einem Samstag im Oktober bzw. im November die Passanten in der Stadt gezählt. Extra notiert wurden die Passanten mit Einkaufstasche, weil die Tasche als Indikator für eine „Person mit Einkaufsabsicht“steht. Zuletzt wurden diese Zahlen vor fünf Jahren in der Form erfasst und zusammengetragen.
Die Ergebnisse für Riedlingen und vor allem für die Riedlinger Innenstadt haben sich – wie nicht anders zu erwarten – kaum gebessert. „Die Situation in Riedlingen ist nicht rosig“, sagt dazu der IHK-Handelsexperte Josef Röll, der sich für dieses Kompendium verantwortlich zeichnet.
Vor Ulm und Ehingen
Riedlingen ist in den vergangenen sechs Jahren bei der Einwohnerzahl deutlich gewachsen – ein Plus von 4,1 Prozent auf 10 463. Allerdings hat sich in diesem Zeitraum auch das Pendlersaldo zu Lasten der Stadt verändert. Sind 2012 noch 47 Personen mehr aus Riedlingen ausgependelt, als in die Stadt zum Arbeiten kamen, liegt dieses Saldo nun bei -478 Personen.
Riedlingen hat allerdings weiterhin eine hohe Versorgungsfunktion für das Umland. Gerade im Bereich der Lebensmittelversorgung ist die Stadt gut aufgestellt, weil auch die Bewohner der umliegenden Gemeinden mitversorgt. Diese Zentralitätskennziffer ist sogar noch etwas gestiegen auf 182,2 von 167,9. Damit liegt sie auf Platz zwei im ganzen IHK-Bezirk, noch vor Ehingen, Günzburg oder Ulm. Allerdings hängt die höhere Kennziffer auch mit einer im Vergleich gesunkenen „Einzelhandelsrelevanten Kaufkraft“zusammen, wie Röll erläutert: „Bei sinkender Kaufkraft steigt die Zentralität.“Bei der Kaufkraft ist Riedlingen das Schlusslicht unter allen 18 untersuchten Städten.
Hauptproblem der Riedlinger Innenstadt ist und bleibt das Thema Frequenz. Dabei ist der Branchenmix aus IHK-Sicht in Ordnung. In den Schlüsselbranchen „Mode, Schuhe und Sport“– entscheidend für den Bummelfaktor – war Riedlingen mit einem damaligen Anteil von 21,1 Prozent im Mittelfeld im IHK-Gebiet. Allerdings auf relativ kleinen Flächen. Zudem ist die Stadt Schlusslicht beim Thema Ladenleerstand.
Aber die Passantenfrequenz in der Innenstadt ist – wohl auch aufgrund des Rückzugs des Drogeriemarkts Müller – deutlich zurückgegangen – um zehn bis 15 Prozent. Ein weiterer Grund könnte die Brückenbaustelle im Jahr 2016 gewesen sein, glaubt Röll. Diese Kunden wieder zu gewinnen, daure weiter an.
Aus seiner Sicht ist es notwendig, dass die Stadt konsequent den Weg beim Stadtmarketing weiter beschreitet: durch Aktionen auch Menschen in die Stadt locken und damit vielleicht auch Filialisten anziehen. Den Ansatz, mit einer Citymanagerin für Aktionen zu sorgen, hält er für richtig. „Riedlingen ist nicht völlig uninteressant“, davon ist er überzeugt. Es gibt auch Filialisten, die in kleinere und mittlere Städte gehen.
Gastronomische Events
Mit großem Interesse verfolgt die IHK auch die Entwicklung beim Stadthallenareal, auf dem der Drogeriemarkt Müller angesiedelt werden soll. „Die ersten Entwürfe zeigen aber keinerlei Verbindung zur Stadt und somit ein autarkes Center“, heißt es dazu im Handelskompendium.
Mit 16 Gastronomen in der Innenstadt ist Riedlingen ebenfalls recht gut aufgestellt. Auch dieses Potenzial könnte man aus seiner Sicht noch stärker nutzen. Denn Gastronomie bedeutet Frequenz. Er könnte sich auch gastronomische Events vorstellen, die für Belebung in der Innenstadt sorgen. Dazu müssten die Gastronomen mit ins Boot gehen.
Auch der Tourismus könnte aus seiner Sicht noch stärker in den Fokus genommen werden. „Ihr habt eine touristische Innenstadt“, sagt er. Die Frage muss also sein: Wie schaffe ich es, dass die Radler in Riedlingen länger Pause machen? Wie wird die Stadt in den Reiseführern dargestellt? Er könnte sich auch vorstellen, dass die Stadt eine Art Tourist Info schafft, die in der Saison auch täglich bis 18 Uhr besetzt ist – als Anlaufstelle für Radler und Touristen.
„Es gibt kein einfaches Rezept“, sagt Josef Röll. Was bleibt, sind die kleinen Chancen der Stadt zu nutzen. Auch die Chancen, die dieses Ensemble „Innenstadt“bietet. „Riedlingen ist wunderschön, aber keiner weiß es“, sagt Röll.