Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Alte Seiten mit neuen Saiten
Ponticelli begeistert mit maßgeschneiderter Musik verschiedener Stilrichtungen
BAD BUCHAU - Das Ensemble Ponticelli aus Aulendorf ist in Bad Buchau jedes Jahr ein gern gesehener Gast und erfreut sich im Goldenen Saal großer Beliebtheit. Hinter jedem Titel ihrer Konzerte steckt ein leichter Schabernack, dessen Hintersinn sich oft erst beim zweiten Lesen enthüllt.
Dies passte schon zum Beginn des kurzweiligen, doch in der Ausführung spannungsreichen Konzerts. Wer erwartet schon im Oktober den Frühling von Vivaldi? Doch heiter, beschwingt, fein ziseliert konnte man dem Zwitschern der Vögel lauschen, dem Murmeln der Quellen nachspüren oder im engagierten Musizieren als Streichquintett mit Klavier sogar einen Frühlingssturm vermuten.
Bedächtige Melodik, ganz nach innen gekehrt, mit großem Atem und weitschwingenden Einheiten – so erklang das Largo als Totenklage aus Dvoraks „Neuer Welt“. Empfindsam ausgeleuchtete musikalische Bausteine boten die Voraussetzung für die schwingenden Melodieteile der Violinen. Wesentlich beschwingter das Thema in der folgenden Serenade, das zwischen den beiden Violinen pendelte. Über der sonoren Basis des Kontrabasses hatte Dvorak auch dem Cello kurze solistische Perioden zugedacht. Unerwarteter Takt- und Tempowechsel strahlte Heiterkeit aus, was Moderator Manuel Boog mit der Geburt von Dvoraks erstem Sohn kurz nach der Heirat in Verbindung brachte.
Ganz anders das musikalische Empfinden des Zeitgenossen Kerry Muzzey. Ponticelli musste den amerikanischen Komponisten an seinem Wohnort kontaktieren, um an seine Noten zu kommen. „Jeder ist ein Architekt seines Lebens“setzt dieser in seinem Album „The architect“in die Sprache der Musik um. Themen voll Entwicklungspotenzial der Streichinstrumente zu hellen Einzeltönen des Klaviers verschmelzen in steigender Dichte und Klangfülle zu einem beeindruckenden Tongemälde.
Wesentlich älter ist die Musik des 1865 in St. Petersburg geborenen Aleksandr Glasunov. Mit gezupften Passagen von Cello und Viola führt er in sein Werk „Orientale“ein. Solistische Themen wandern durch die Instrumente im Stil orientalischer Musizierkunst, wobei jeder der Instrumentalisten seine solistischen Fähigkeiten unter Beweis stellen kann. Kräftige crescendi zeugten von pulsierendem Leben. Feurig und rassig nach unerwartet verhaltenem Beginn, danach Saint-Saens „Danse Baccanale“aus dessen Oper „Samson und Dalila“. Die erstmals eingesetzten Percussionsklänge weiteten die musikalische Szenerie von markanten Unisono-Klängen eines türkischen Marsches zu melodiösem Schwirren der hellen Violinen als rauschendes Klangbild.
Heitere Themen im zweiten Teil
Im zweiten Teil des mit virtuosen Passagen und viel Empfindsamkeit ausgestatteten Konzerts wandte sich Ponticelli eher heiteren Themen zu. Während Salome Hänsler und Manuel Boog je nach Bedarf zwischen erster Violine und Kontrabass und Manuel Bilz zwischen Violine und Viola wechselten, blieben Judith Frisch (Violine), Clemens Zintgraf (Cello), Regina Steinhauser (Klavier) und Johannes Fuchs an der Percussion ihren Instrumenten durchweg treu.
Sauber durchstrukturiert als Begriff von Freiheit und Präzision erklang Astor Piazollas „Libertango“aus dem Jahr 1974. Große, klangfreudige Bogen prägten den Einzug zu Freddy Mercurys „Bohemian Rhapsodie“. In klaren Beiträgen konnte der Cellist ausdrucksstark sein Können zeigen als Hinführung zu einem emotional tollen Klangerlebnis. Dazu passte der schmissige BoleroMambo „Sway“von Luis Demetrio, den 1954 vor allem Dean Martin bekannt machte und dem das Ponticelli-Ensemble über kniffligen Pizzikato-Passagen bis zum knackigen Schluss maßgeschneidert neues Leben einhauchte. Nicht weniger taktund tempobetont „El Tango Roxanne“mit der Melodie phasenweise auch einmal in der zweiten Violine.
Mit virtuosen Läufen vor allem von Salome Hänsler wandelt sich bei Jacob Gades „Jalousie“die Welt von weichen, erotischen Gefühlen zu rhythmusbetonten Sequenzen, aus denen die Eifersucht in allen Phasen sprüht. Genauso rassig, als das Cello in das vertraute Thema der mexikanischen Komponistin Consuelo Velazquez von „Besame Mucho“einführte. Hier vereinten sich Können und Spielfreude des sympathischen Septetts zu einer mit viel Beifall gewürdigten Version des gern gehörten Titels. Klangvoll, rhythmisch gut strukturiert, geriet der populäre Tango „Por una Cabeza“zum instrumental rauschenden Finale eines äußerst bekömmlichen Konzertgenusses. Den stürmischen Beifall der vielen begeisterten Zuhörer erwiderte das Ensemble mit dem melodisch und instrumental überschäumenden Werk „El Choclo.“