Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mündlicher Mietvertra­g wird zum Problem

Vermieter aus Allmending­en verzweifel­t – Sie haben nichts Schriftlic­hes in der Hand

- Von Dominik Prandl

ALLMENDING­EN - Ein VermieterE­hepaar aus dem Raum Allmending­en weiß nicht mehr weiter. Seit Jahren ist es im Clinch mit einer Mietpartei in einem Zweifamili­enhaus und streitet vor Gericht. Doch ohne Erfolg. Ein Problem bei der Auseinande­rsetzung: Es gibt keinen schriftlic­hen Mietvertra­g.

Vor sechs Jahren hat das Allmending­er Paar das gesamte Haus erworben, vorher hatte sich der Vater des Mannes darum gekümmert. Die Mieterin, die den Hausbesitz­ern schlaflose Nächte bereitet, lebt schon lange in der Wohnung – lange ohne Probleme. Doch dann verstarb die Mieterin im oberen Geschoss – und alles wurde anders. Denn die verstorben­e Nachbarin hatte keinen Platz im zugehörige­n Garten beanspruch­t und die Mieterin unten hatte sich dementspre­chend ausgebreit­et. Das sollte jetzt zum Streitthem­a werden.

„Wie sollen wir das beweisen?“

Der Wäscheplat­z und der Abstellrau­m hätten ausgesehen wie ein Müllberg, erzählen die Vermieter. Doch anstatt aufzuräume­n, um einer neuen Mieterin im Haus etwas Platz zu machen, hätte die Mieterin ihnen über einen Rechtsanwa­lt mitteilen lassen, dass sie als Vermieter überhaupt kein Recht hätten, den Garten zu betreten, denn dieser sei genauso wie der Wäscheplat­z mitgemiete­t. „Das kann man behaupten“, erklärt der Vermieter der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Es gibt nämlich keinen schriftlic­hen Mietvertra­g.“Sein Vater habe alles mündlich vereinbart, blauäugig sei das gewesen. Der Garten sei den Mietern eigentlich zur gemeinsame­n Nutzung überlassen worden. „Aber wie sollen wir das beweisen?“, fragt die Vermieteri­n verzweifel­t.

Parallel zur Auseinande­rsetzung um den Garten wurde 2015 erstmals vor Gericht gestritten – wegen einer Mieterhöhu­ng. Doch gegen den Großteil der anfallende­n Leistungen und Kosten hätten sich die Mieter mit „haarsträub­enden Argumenten“gewehrt. Man sei verpflicht­et gewesen, alles zu beweisen, sagt die Vermieteri­n. Eine Mieterhöhu­ng um 50 Euro sei ihnen vom Gericht schließlic­h zugestande­n worden.

Um den Garten ging der Streit weiter. Die Vermieter forderten die Mieterin auf, Ordnung zu machen, damit für die zweite Mietpartei auch ein wenig Platz da ist. „Am Wäscheplat­z wurde später sogar gegrillt“, erzählt die Vermieteri­n. „Einmal wurden Kabel über Wiese und Weg für eine Fernseh-Antenne gelegt , die im Garten aufgestell­t wurde.“Die Mieterin selbst habe irgendwann überhaupt nicht mehr mit ihnen geredet, sondern nur noch über ihren Rechtsanwa­lt oder ihre Tochter kommunizie­rt. Dabei würden sich die Mieterin und ihr Mann aus der Schulzeit kennen.

Die Mietpartei beruft sich auf mündliche Absprachen. „Wir mussten den mündlichen Mietvertra­g mitüberneh­men“, sagt die Vermieteri­n. Einzig die Tochter der verstorben­en Mieterin könne noch bezeugen, was bezüglich des Gartens mündlich vereinbart war. Doch dafür interessie­re sich das Gericht nicht. „Nun stehen wir da und bekommen kein Recht.“

Im vergangene­n Jahr versuchten die Vermieter, die Räumung des halben Gartens und des Wäscheplat­zes vor Gericht durchzuset­zen. Doch auch das blieb ohne Erfolg. Die Klage wurde als unzulässig und unschlüssi­g abgewiesen. Es gebe keinen Vertrag und keine Hausordnun­g, aus denen hervorgeht, welche Flächen genau geräumt werden sollen und warum gerade eine spezielle Seite. „Die Mieterin hat sich ausgebreit­et. Im Garten standen ein Gewächshau­s, ein großes Trampolin, ein Schildkröt­en-Gehege. Wir wollten ihr die Seite mit dem Gewächshau­s und ihrem Sitzplatz unter dem Baum lassen“, erklärt die Vermieteri­n. Nach dem Urteil stünden sie aber wieder am Anfang. Die neue Mieterin könne den Garten nicht nutzen.

Klage wieder abgewiesen

Ebenfalls im vergangene­n Jahr haben die Vermieter vor Gericht versucht, eine Räumung der Wohnung durchzuset­zen. Der Grund: Die Mieterin war bei den Vorauszahl­ungen fürs Heizöl mit 1000 Euro im Rückstand. Bis 2015 hatte sich die Mietpartei ums Heizöl gekümmert und mit den Mitbewohne­rn abgerechne­t, dann plötzlich nicht mehr. Als die Vermieter das übernahmen, zahlte die Mieterin aber nicht. Die Räumungskl­age wurde wiederum abgewiesen. Es seien nach 2015 keine neue Absprachen zum Heizöl getroffen worden. Die Mietpartei beruft sich darauf, dass sie weiter dafür zuständig sei. Einen Anspruch auf Kostenerst­attung sah das Gericht aber als gegeben an, „allerdings nur fürs Heizöl“, sagt die Vermieteri­n entsetzt nach einer Verhandlun­g vor wenigen Wochen. Die Mieterin müsse aber zum Beispiel nicht für die Wartung und den Kaminkehre­r zahlen. Der Rechtsanwa­lt der Mietpartei habe erklärt, es fehle die Vertragsgr­undlage. Dagegen möchte die Allmending­erin weiter ankämpfen.

Drei Ordner an Unterlagen haben sich mittlerwei­le angesammel­t, sie liegen auf dem Tisch des Allmending­er Ehepaars. Vieles darin können sie nicht verstehen. Sie fühlen sich von der Rechtsprec­hung im Stich gelassen. „Ich kann schon nicht mehr schlafen, ich nehme ab“, erklärt die Vermieteri­n. Hoffnung habe sie eigentlich keine mehr.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Fachanwält­in aus Erbach rät Vermietern, in jedem Fall einen schriftlic­hen Vertrag abzuschlie­ßen.
FOTO: DPA Eine Fachanwält­in aus Erbach rät Vermietern, in jedem Fall einen schriftlic­hen Vertrag abzuschlie­ßen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany