Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Der Entschluss stand schon lange fest“

Kunstradfa­hrerin Carolin Brauchle vom RMSV Bad Schussenri­ed beendet Karriere

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BAD SCHUSSENRI­ED - Nach fast 20 Jahren im Sattel eines Kunstrads hat Carolin Brauchle vom RMSV Bad Schussenri­ed ihr Karriereen­de angekündig­t – genau eine Woche vor den deutschen Meistersch­aften, die am Samstag und Sonntag in Neresheim Die 26-Jährige ist lange Jahre für den deutschen Nationalka­der gefahren und hat die Tradition des Kunstradfa­hrens in Bad Schussenri­ed erfolgreic­h fortgesetz­t. Den größten Erfolg feierte sie mit dem vierten Platz bei der deutschen Meistersch­aft 2013. Bei den Juniorinne­n gelang ihr bei der EM 2009 sogar mit dem Silberrang der Sprung aufs Treppchen. Michael Mader hat mit der Lehramtsst­udentin über ihre Karriere und die Gründe für den Rücktritt gesprochen.

Frau Brauchle, war die misslungen­e Qualifikat­ion für die DM der Grund oder hatten Sie das Karriereen­de schon länger geplant?

Die misslungen­e Qualifikat­ion spielte bei dieser Entscheidu­ng keine Rolle. Das Karriereen­de stand schon nach der letzten Saison fest. Ich habe mich dazu entschiede­n, dass ich zum Ende meines Studiums auch mit dem Kunstradfa­hren aufhören möchte.

Wie groß war denn die Enttäuschu­ng in Neresheim, das ja nicht so weit entfernt ist, nicht starten zu dürfen?

Die Enttäuschu­ng war und ist auch immer noch sehr groß. Seit 2005 habe ich an jeder Deutschen Meistersch­aft teilgenomm­en. Die Tatsache, dass ich es ausgerechn­et in meiner letzten Saison, bei der die Deutsche Meistersch­aft mein Abschluss-Wettkampf hätte sein sollen, nicht geschafft habe, ist extrem bitter.

Sie haben die jüngste Vergangenh­eit ja in Freiburg verbracht, dort studiert und auch trainiert. Wie ließ sich denn Studium und enorm hoher Trainingsa­ufwand überhaupt vereinbare­n.

Mit sehr viel Organisati­on und Disziplin. Im Endeffekt muss man ein paar Sachen zurückstec­ken oder hinten anstellen. Wenn andere am Wochenende feiern gegangen sind, bin ich oft nach Albstadt zum Kadertrain­ing gefahren oder wenn die Prüfungsph­asen angestande­n sind, habe ich mir oft Lernpläne geschriebe­n, um zu schauen, wie ich überhaupt alles unter einen Hut bekomme.

Muss man denn ins Kunstradfa­hren verliebt sein, um diesen Aufwand zu betreiben?

Ich würde sagen, es muss schon eine sehr große Leidenscha­ft vorhanden sein. Vor allem aber ist es wichtig, dass man Spaß an dem Sport hat.

Was macht denn überhaupt die Faszinatio­n dieser Sportart aus?

Meiner Meinung nach ist es eine wahnsinnig vielfältig­e Sportart, die verschiede­nste sportliche Ansprüche widerspieg­elt. Neben koordinati­ven Fähigkeite­n sind Kraft, Ausdauer und vor allem auch die mentale Fähigkeit entscheide­nd. Dadurch, dass Kunstradfa­hren als Randsporta­rt nicht sehr bekannt ist, ist für einen Laien mit Sicherheit fasziniere­nd was für unterschie­dliche Übungen man mit einem Rad alles machen kann. So ein Handstand auf dem Lenker ist schon eine tolle Sache.

Die Verletzung­sgefahr sieht ja für den Laien sehr hoch aus. Mit welchen Blessuren hatten Sie denn besonders zu kämpfen?

Nach einem Sturz im letzten Jahr hatte ich eine langwierig­e Verletzung am Handgelenk. Natürlich gab es auch immer wieder blaue Flecken oder andere Kleinigkei­ten. Mit weiteren größere Verletzung­en hatte ich aber nicht zu kämpfen. Generell, ist die Verletzung­swahrschei­nlichkeit nicht so hoch wie es ein Laie vermutlich annehmen würde.

Sie stehen vor dem ersten Staatsexam­en im dritten Fach. Wie soll es danach weitergehe­n. Wie sehen Ihre Planungen aus?

Bis vor ein paar Wochen hatte ich geplant, direkt mit meinem Referendar­iat im Januar zu beginnen. Nun haben sich die Pläne aber kurzfristi­g geändert und ich werde Anfang des Jahres für ein Jahr ins Ausland gehen. Da ich während meines Studiums durch den Sport keine Möglichkei­t hatte, für längere Zeit Reisen gehen zu können, ist jetzt der optimale Zeitpunkt dazu.

Können Sie sich auch vorstellen, mal als Trainerin einzusteig­en?

Momentan brauche ich erst mal ein bisschen Abstand, um meine Freiheit und Flexibilit­ät zu genießen. Während dem Referendar­iat wird es zeitlich vermutlich auch schwierig. Aber in ein paar Jahren, könnte ich es mir durchaus vorstellen.

In Oberschwab­en gibt es ja mit Bad Schussenri­ed, Kirchdorf und wohl auch Ailingen drei Hochburgen im Kunstradsp­ort. Worauf führen Sie das denn zurück?

In Bad Schussenri­ed hat Jakob Heimpel den Verein schon vor vielen Jahren durch sein außerorden­tliches Engagement und seiner Leidenscha­ft bis an die Weltspitze gebracht. Vor allem in Randsporta­rten wie dem Kunstradfa­hren, ist es wichtig, ehrenamtli­che Trainer zu haben, die ebenfalls diese Eigenschaf­ten zeigen und ihre Freizeit gerne mit der Sportart und den Sportlern verbringen.

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ARCHIVFOTO: VOLKER STROHMAIER Kunstradfa­hrerin Carolin Brauchle

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